Die Schöne des Herrn (German Edition)
Seufzer legte sie sich auf das Bett, schlug das Buch von Bergson auf, blätterte darin und naschte dabei Schokoladenpralinen. Danach erhob sie sich und ging in das Badezimmer nebenan.
Rauschendes Wasser, kurzes helles Lachen, unverständliches Gezwitscher, dann Stille, gefolgt vom Aufprall eines in das Wasser tauchenden Körpers, dann die Stimme mit dem goldenen Tonfall. Er zog die Vorhänge beiseite, näherte sich der angelehnten Tür des Badezimmers und lauschte.
»Ich liebe das heiße Wasser, warte Liebling warte nur noch ein dünner Strahl damit das Bad kochend heiß wird ohne dass man es merkt, wenn ich verlegen bin schiele ich angeblich ein paar Sekunden lang, aber das ist reizvoll, die Mona Lisa hat ein Gesicht wie eine Putzfrau, ich verstehe nicht warum man um diese Frau so ein Gewese macht, störe ich Madame? aber nicht im geringsten Monsieur, drehen Sie sich nur ein bisschen um weil ich im Augenblick nicht ganz präsentabel bin, mit wem habe ich die Ehre Monsieur? ich heiße Amundsen Madame, Sie sind also Norweger? ja Madame, sehr gut sehr gut ich liebe Norwegen, waren Sie schon einmal da Madame? nein aber ich finde Ihr Land sehr anziehend, die Fjorde das Nordlicht die lustigen Seehunde und außerdem habe ich in meiner Kindheit Lebertran getrunken der kam von den Lofoten und das Etikett auf der Flasche hat mir sehr gefallen, und wie ist Ihr Vorname Monsieur? Erik Madame, ich heiße Ariane, sind Sie verheiratet Monsieur? ja Madame ich habe sechs Kinder von denen eines ein Neger ist, sehr gut Monsieur und meine Empfehlung an Ihre Frau und lieben Sie auch Tiere? gewiss Madame, dann werden wir uns gut verstehen Monsieur, haben Sie das Buch von Grey Owl gelesen? er ist ein indianischer Mestize aus Kanada ein wunderbarer Mensch der sein ganzes Leben dem Volk der Biber gewidmet hat ich werde Ihnen sein Buch schicken es wird Ihnen bestimmt gefallen, aber die weißen Kanadier hasse ich wegen ihres Liedes das Sie ja kennen ›alouette gentille alouette alouette je te plumerai‹, niedliche Lerche zu sagen und dann gleich darauf ich werde dich rupfen ist empörend, und dazu haben sie noch eine entsetzliche Aussprache, sie sind stolz auf dieses ekelhafte Lied es ist fast ihre Nationalhymne, ich werde den König von England bitten es verbieten zu lassen, ja ja der König tut alles was ich will er ist sehr nett zu mir, ich werde ihn auch bitten ein großes Schutzgebiet für die Biber einzurichten, gehören Sie auch zum Tierschutzverein? leider nicht Madame, das ist aber sehr bedauerlich Monsieur ich werde Ihnen einen Mitgliedsantrag schicken, ich bin seit meiner Kindheit förderndes Mitglied weil ich es unbedingt wollte, in meinem Testament habe ich dem Tierschutzverein Geld vermacht, da Sie darauf bestehen werde ich Sie Erik nennen, aber drehen Sie sich bitte nicht um, Vorname ja Vertraulichkeiten nein, Vorsicht den Schorf nicht abkratzen weil es dann blutet, neulich bin ich hingefallen und habe mir das Knie aufgeschürft und da hat sich ein bisschen Schorf gebildet aus dem getrockneten Blut und ich muss aufpassen dass ich ihn nicht abkratze, es ist eine Lust ihn abzukratzen aber dann blutet es und dann bildet sich der Schorf wieder und dann kratze ich ihn erneut ab, als ich ein kleines Mädchen war kratzte ich immerzu den Schorf ab und es war eine Lust aber heute ist das Abkratzen verboten, ach es ist nicht hässlich nur ein kleines bisschen Schorf der mein Knie gar nicht entstellt, wenn ich wieder angezogen bin zeige ich es Ihnen, und haben Sie Katzen gern? ja Madame ich liebe sie, wusste ich’s doch Erik, ein guter Mensch muss sie einfach gern haben, ich werde Ihnen ein Foto meines Kätzchens zeigen Sie werden sehen wie hübsch es war, Mousson hieß es, ein hübscher Name, nicht wahr? ich habe den Namen gefunden er ist mir plötzlich eingefallen als man es mir brachte, es war zwei Monate alt hatte engelhafte blaue Augen war so artig und hat mich so lieb angeblickt, ich habe ihm gleich mein Herz geschenkt, leider nein Erik sie ist nicht mehr von dieser Welt, man musste sie operieren und die arme Kleine hat die Narkose nicht ausgehalten weil sie einen Herzfehler hatte, sie starb in meinen Armen nachdem sie mich zum letzten Mal aus ihren schönen blauen Augen angeblickt hatte, ja im besten Alter, sie war erst zwei Jahre alt, sie hat nicht einmal die Freuden der Mutterschaft kennengelernt, sie konnte keine Kinder bekommen und das war übrigens auch der Grund, warum ich nach langem Zögern beschloss sie operieren zu
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