Die Schöne des Herrn (German Edition)
auf den Spiegel zu, schnitt eine zarte Grimasse und betrachtete sich lange mit halboffenem Mund, was ihr ein erstauntes und sogar leicht schwachsinniges Aussehen gab. »Ja, alles ist unglaublich schön«, schloss sie. »Die Nase vielleicht ein bisschen zu groß? Nein, durchaus nicht. Gerade richtig. Und jetzt der Himalaya. Setzen wir uns unseren geheimen tibetanischen Hut auf.«
Als sie wieder aus dem Badezimmer kam, trug sie eine schottische Mütze, die überhaupt nicht zu ihrem Abendkleid passte, und ging jetzt mit dem sicheren und schweren Schritt des geübten Bergsteigers im Zimmer auf und ab.
»So, jetzt bin ich auf den lieben mütterlichen Bergen des Himalaya, ich besteige die Höhen des menschenlosen Landes der Nacht, wo die letzten Götter auf den von schrecklichen Stürmen umtobten Gipfeln thronen. Ja, der Himalaya ist meine Heimat.
Om mani padme hum!
O Juwelen-Lotus! Das ist die religiöse Formel von uns tibetanischen Buddhisten. Jetzt bin ich am Yamirok- oder Yamroksee, dem größten See Tibets, angelangt! Sieg den Göttern!
Lhai djyalo!
Jetzt verneigen wir uns ein wenig vor diesen Gebetsfahnen! O là là, ich bin ganz erschöpft, sechs Marschstunden in dieser dünnen Luft, ich kann nicht mehr weiter! Und das Schlimme bei einer Tibetanerin ist, dass sie mehrere Ehemänner hat. Ich habe vier, und das bedeutet jeden Abend viermal Gurgeln im Badezimmer, viermal Schnarchen in der Nacht und vier tibetanische Nationalhymnen am Morgen. Ich werde meine Männer demnächst verstoßen. Ach, wie fühle ich mich schlecht in meiner Haut.«
Sie ging mit verschränkten Armen umher, die Hände auf den Schultern, wiegte sich in einem traurigen Singsang, dessen Albernheit sie genüsslich betonte, und versuchte ein paar groteske Schritte mit nach innen gekehrten Füßen. Sie blieb vor dem Spiegel stehen und spielte die kindische Alte, mit runden Augen, weit offenem Mund, heraushängender Zunge und immer noch nach innen gekehrten Füßen. So an sich selbst gerächt, lächelte sie, wurde wieder schön, nahm die schottische Mütze ab, warf sich auf das Bett, schloss die Augen und träumte vor sich hin.
»Ja, mich mit meinem Trick beruhigen, und jetzt stürze ich mich mit furchtbarer Kraft gegen die Wand und peng und pang, sehr gut, noch stärker, in rasender Geschwindigkeit gegen die Wand, wie eine Granate, peng, sehr gut, mein Schädel ist ein bisschen aufgesprungen, das tut gut, sehr gut, geht schon viel besser, fein, niemand im Haus, frei bis zum Abend, ob meine Kröte bald wieder gesund sein wird? heute früh ging es ihr nicht gut, ja noch ein bisschen Jodtinktur, das arme kleine Tier ist so lieb und geduldig, sie beklagt sich nicht, und es muss sie doch brennen, was willst du mein Liebes es ist ja nur zu deinem Besten dass ich dich mit dieser scheußlichen Jodtinktur bepinsele, sie ist noch schwach, ich werde ihr etwas Stärkendes zu essen geben, und nach meinem Mittagsschlaf nehme ich sie in den Garten mit, du wirst sehen wie du dich dann freust, wir trinken Tee, wir machen ein Picknick auf der Wiese, oder ich bin eine großartige Tigerbändigerin, trete gestiefelt in den Käfig lasse ehrfurchtgebietend die Peitsche knallen werfe flammende Blicke um mich und die zwölf erschrockenen Tiger ziehen sich rauchend Pardon fauchend vor mir zurück und dann phantastischer Beifall, oder besser noch ein ganz großer Dirigent und all die anderen jubeln mir zu und ich grüße nicht einmal stehe reglos und ein wenig herablassend da und dann trete ich ganz lässig wieder ab, nur ist es leider nicht wahr, als ich zehn oder elf Jahre alt war musste ich um sieben aufstehen und um acht in der Schule sein aber ich stellte den Wecker auf sechs um noch Zeit zu haben mir vorzustellen wie ich einen heldenhaften Soldaten pflegte, jetzt werde ich zwei Aspiriner nehmen, ich habe sie lieber männlich, dann kann ich besser schlafen, einverstanden? einverstanden mein Liebling, aber ja du bist wirklich mein kleiner Liebling, ich brauche keine Aspiriner mehr bin schon schläfrig, wunderbar es ist dunkel, man sieht kaum etwas, das habe ich gern ich bin lieber im Dunkeln mit mir allein, ich fühle mich wohl im Bett ich fahre mit meinen Beinen links und rechts in meinem Bett herum um mich auch wirklich allein zu fühlen ohne
husband
ohne Mahlge, ich werde noch in meinem Abendkleid einschlafen, macht nichts, wenn ich nur schlafe, wenn man schläft ist man nicht unglücklich, wirklich nett von dem armen Didi wie er mir neulich strahlend dieses
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