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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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lang in Paris spazierengefahren. Erst jetzt hat der Besitzer der Karre die Inschrift entdeckt.«
    »›Georges Gosselin‹«, sagte Lucien.
    »Nein«, erwiderte Vandoosler. »Dompierre hat etwas anderes geschrieben: ›Sophia Simeonidis‹.«
    Vandoosler warf das Foto auf den Tisch und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
    »Die lebende Tote«, murmelte er.
    Stumm näherten sich die drei Männer dem Foto, um es anzusehen. Keiner von ihnen wagte es zu berühren, als ob sie Angst davor hätten. Dompierres Schriftzug war schwach und unregelmäßig, um so mehr, als er den Arm hatte heben müssen, um die Tür zu erreichen. Aber es war kein Zweifel möglich. In mehreren Anläufen, wie um seine letzten Kräfte zusammenzunehmen, hatte er »Sofia Simeonidis« geschrieben. Das »a« von Sofia war ein bißchen abgerutscht und die Schreibung ebenfalls. Er hatte »Sofia« geschrieben anstelle von »Sophia«. Marc erinnerte sich, daß Dompierre von »Madame Simeonidis« gesprochen hatte. Ihr Vorname schien ihm nicht vertraut.
    Niedergeschmettert setzten sich alle schweigend hin, in gehörigem Abstand von dem Foto, auf dem in Schwarz-Weiß diese schreckliche Anklage ausgebreitet stand. Sophia Simeonidis lebte. Sophia Simeonidis hatte Dompierre ermordet. Mathias erschauerte. An diesem Freitag nachmittag brachen zum ersten Mal Unbehagen und Angst über das Refektorium herein. Durch die Fenster schien die Sonne, aber Marc hatte kalte Finger und ein Kribbeln in den Beinen. Sophia lebte, Sophia plante ihren vermeintlichen Tod, verbrannte eine andere an ihrer Stelle, ließ ihren Basaltstein als Zeugen, Sophia die Schöne, die in der Nacht in Paris umherstreifte, in der Rue Chasle. Ganz in ihrer Nähe. Die lebende Tote.
    »Und was ist dann mit Gosselin?« fragte Marc mit leiser Stimme.
    »Er war es nicht«, antwortete Vandoosler im selben Ton. »Ich wußte es schon gestern.«
    »Du hast es gewußt?«
    »Erinnerst du dich an die beiden Haare von Sophia, die Leguennec am Freitag, dem 4., im Kofferraum von Lex’ Auto gefunden hat?«
    »Natürlich«, antwortete Marc.
    »Die Haare waren am Abend davor noch nicht drin. Als wir am Donnerstag vom Brand in Maisons-Alfort erfahren haben, habe ich die Nacht abgewartet und den Kofferraum des Autos von oben bis unten abgesaugt. Ich habe aus meiner Dienstzeit noch einen praktischen kleinen Kasten mit allerlei nützlichen Dingen. Darunter auch einen Batteriestaubsauger und schöne saubere Beutel. In dem Kofferraum war nichts, kein Haar, kein Stück Fingernagel, kein Fetzen Kleidung, nichts. Nur Sand und Staub.«
    Sprachlos starrten die drei Männer Vandoosler an. Marc erinnerte sich. Es war die Nacht, in der er auf der siebten Stufe gesessen und Plattentektonik betrieben hatte. Der Pate, der mit einer Plastiktüte herunterkam, um draußen zu pinkeln.
    »Das stimmt«, sagte Marc. »Ich hatte geglaubt, du würdest pinkeln gehen.«
    »Ich habe auch gepinkelt«, erwiderte Vandoosler.
    »Ach so«, sagte Marc.
    »Daher hat es mich ziemlich amüsiert, als Leguennec am nächsten Morgen das Auto beschlagnahmen ließ und zwei Haare dann gefunden hat. Damit hatte ich den Beweis, daß Alexandra mit dem Mord nichts zu tun hatte. Und den Beweis, daß nach mir jemand da war und in der Nacht die Beweisstücke in das Auto befördert hat, um die Kleine reinzureiten. Das konnte nicht Gosselin sein, weil Juliette versichert, daß er erst am Freitag zum Mittagessen aus Caen zurückgekommen ist. Das stimmt auch, ich habe es überprüfen lassen.«
    »Aber verdammt noch mal, warum hast du nichts gesagt?«
    »Weil das, was ich getan habe, nicht legal war und ich Leguennecs Vertrauen behalten mußte. Und auch, weil ich es vorgezogen habe, den Mörder – wer immer es auch ist – in dem Glauben zu lassen, daß seine Pläne aufgehen würden. Ihn scheinbar laufen zu lassen, die Leine schießen zu lassen und zu sehen, wo das Tier, frei und seiner selbst sicher, wieder auftauchen würde.«
    »Warum hat Leguennec das Auto nicht schon Donnerstag beschlagnahmt?«
    »Er hat Zeit verloren. Aber erinnere dich: Man war sich erst ziemlich spät an diesem Tag sicher, daß es sich um Sophias Leiche handelte. Der erste Verdacht richtete sich auf Relivaux. Man kann nicht am ersten Tag einer Ermittlung alles beschlagnahmen, alles einfrieren, alles überwachen. Aber Leguennec hat gespürt, daß er nicht schnell genug war. Er ist nicht dumm. Deshalb hat er Alexandra nicht beschuldigt. Er war sich mit diesen Haaren nicht sicher.«
    »Und Gosselin?«

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