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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Künstlernamen gearbeitet!« rief sie. »Wenn Sie Leguennec davon nichts sagen, kann er gar nicht herauskriegen, daß Georges in dem Jahr dabei war.«
    »Die Bullen finden immer eine Möglichkeit«, entgegnete Vandoosler. »Leguennec wird die Liste aller Statisten durchackern.«
    »Er kann ihn nicht finden!« schrie Juliette. »Und Georges hat nichts getan!«
    »Ist er nach dem Überfall wieder auf die Bühne zurückgekehrt?« fragte Vandoosler.
    Juliette wurde unsicher.
    »Ich kann mich nicht mehr erinnern«, sagte sie.
    Vandoosler erhob sich ebenfalls. Marc blickte angestrengt auf seine Knie, Mathias drückte sich in eine der Fensternischen. Lucien war verschwunden, ohne daß es einer gemerkt hätte. Auf zu seinen Tagebüchern.
    »Du kannst dich sehr gut erinnern«, erklärte Vandoosler. »Du weißt, daß er nicht wieder zurückgekehrt ist. Er ist nach Paris gekommen und wird dir erzählt haben, daß ihn der Vorfall zu sehr aufgewühlt hat, nicht wahr?«
    Juliette blickte entsetzt hoch. Sie konnte sich erinnern.
    Sie rannte hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Sie wird zusammenbrechen«, bemerkte Vandoosler.
    Marc biß die Zähne zusammen. Georges war ein Mörder, er hatte vier Menschen umgebracht, und Vandoosler war ein Rohling und ein Dreckskerl.
    »Erzählst du Leguennec davon?« stieß er leise zwischen den Zähnen hervor.
    »Es muß sein. Bis heute abend.«
    Er steckte das Foto in die Tasche und ging.
    Marc spürte, daß er nicht den Mut hatte, dem Paten heute abend gegenüberzusitzen. Die Verhaftung von Georges Gosselin rettete Alexandra. Aber er verreckte fast vor Scham. Scheiße, man knackt keine Nüsse mit bloßen Händen.
     
    Drei Stunden später erschien Leguennec mit zwei von seinen Leuten bei Juliette, um Gosselin in Gewahrsam zu nehmen. Aber der Mann war geflüchtet, und Juliette wußte nicht wohin.

 
     
33
     
    Mathias schlief schlecht. Um sieben Uhr morgens schlüpfte er in Pulli und Hose und verließ geräuschlos das Haus, um bei Juliette zu klopfen. Die Tür stand weit offen. Er fand sie zusammengesunken auf einem Stuhl, während drei Bullen das Haus auf den Kopf stellten in der Hoffnung, Georges Gosselin irgendwo versteckt zu finden. Andere taten dasselbe im Tonneau. Keller, Küche, nichts wurde verschont. Mathias blieb mit hängenden Armen stehen und besah sich das unvorstellbare Chaos, das die Bullen in einer Stunde angerichtet hatten. Leguennec kam gegen acht Uhr und gab Befehl, das Haus in der Normandie zu durchsuchen.
    »Sollen wir dir beim Aufräumen helfen?« fragte Mathias, als die Bullen weg waren.
    Juliette schüttelte den Kopf.
    »Nein«, antwortete sie. »Ich will die anderen nicht mehr sehen. Sie haben Georges an Leguennec verraten.«
    Mathias preßte seine Hände aneinander.
    »Du hast heute frei, das Restaurant bleibt geschlossen«, sagte Juliette.
    »Dann kann ich aufräumen?«
    »Du? Ja«, sagte sie. »Hilf mir.«
    Beim Aufräumen versuchte Mathias, mit Juliette zu reden, ihr die Dinge zu erklären, sie vorzubereiten, sie zu beruhigen. Das schien sie ein bißchen zu besänftigen.
    »Schau mal«, sagte sie. »Leguennec nimmt Vandoosler mit. Was wird der Alte ihm noch alles sagen?«
    »Mach dir keine Sorgen. Er wird das Richtige sagen, wie immer.«
     
    Von seinem Fenster aus sah Marc, wie Vandoosler mit Leguennec wegfuhr. Er hatte es vermieden, ihm heute morgen über den Weg zu laufen. Mathias war sicher bei Juliette und redete mit ihr, suchte nach den richtigen Worten. Er ging hoch zu Lucien, der intensiv damit beschäftigt war, die Seiten des Kriegstagebuchs Nr. l, September 1914 bis Februar 1915, abzuschreiben, und ihm ein Zeichen gab, leise zu sein. Lucien hatte beschlossen, einen weiteren Tag freizumachen, da er dachte, daß eine Grippe von zwei Tagen wenig glaubwürdig wäre. Als Marc sah, wie Lucien mit dem ihm eigenen meisterlichen Desinteresse gegenüber der Außenwelt in seine Arbeit versunken war, sagte er sich, daß Arbeit wahrscheinlich auch für ihn selbst das beste sei, was man in dieser Situation tun konnte. Der Krieg war zu Ende. Also würde er sich wieder vor den Pflug seines Mittelalters spannen, auch wenn niemand ihn darum gebeten hatte. Er würde für nichts und niemanden arbeiten und wieder bei seinen Feudalherren und Leibeigenen sein. Marc ging hinunter und machte sich wenig überzeugt an die Arbeit. Gosselin würde so oder so bald gefaßt werden. Es würde einen Prozeß geben, und das war’s dann. Alexandra hätte nichts mehr zu befürchten

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