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Die schöne Mätresse

Die schöne Mätresse

Titel: Die schöne Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Justiss
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Stimme der Vernunft riet ihr, ihm endlich einen Korb zu geben, um keine falschen Hoffnungen zu schüren, doch ihre zerbrechliche, verletzte Seele genoss seine tröstliche, besänftigende Nähe. War dies nicht ein Zeichen, dass sie ihn eines Tages doch lieben würde?
    Vielleicht, sagte sie sich immer wieder. Wie auch immer, war sie tatsächlich dazu bereit, ihr Leben mit einem Mann zu teilen, der lediglich angenehme Gefühle in ihr weckte?
    Das ratternde Geräusch eines nahenden Wagens riss sie aus ihren Gedanken. Brent hielt vor dem Haus an, warf die Zügel einem wartenden Pagen zu und sprang vom Kutschbock.
    Als er einen Moment später eintrat, war sein Gesicht todernst. Eine böse Vorahnung beschlich Emily, und ihr Herz setzte einen Schlag aus.
    „Was hast du, Brent? Was ist geschehen?“
    „Nichts … wirklich Ernstes. Entschuldige die Verspätung. Wir wollen aufbrechen, bevor der Park zu überfüllt ist. Ich werde es dir auf der Fahrt erzählen.“
    Ängstlich legte sie ihre Pelisse um und wartete ungeduldig, bis er ihr in den Curricle geholfen hatte. Sie bemerkte, dass ihre Hände vor Aufregung zitterten. Der dichte Verkehr zwang sie indes dazu, ihre Neugier noch weiter zu bezähmen. Brent musste sich darauf konzentrieren, das Gespann sicher durch die bevölkerten Straßen zu lenken.
    Als endlich die Parktore in Sicht kamen, konnte sie sich nicht länger beherrschen. „Was ist passiert, Brent?“
    „Du darfst dich nicht aufregen, Emily. Alles wird gut werden, davon bin ich überzeugt. Er ist stark und wird sich zweifellos erholen.“
    Eine eiskalte Hand schien sich um ihr Herz zu legen. Obwohl sie die Antwort schon kannte, fragte sie: „Wer?“
    „Evan. Er ist schon vor über einem Monat zu irgendeiner Mission für das Ministerium aufgebrochen. Bei White’s und Brook’s kursierten Gerüchte, bevor er abreiste – etwas über Waffenschmuggel oder Betrug. Er wollte diese Sache untersuchen. Ich habe es dir nicht erzählt, weil ich fürchtete, du würdest dir nur unnötig Sorgen machen.“
    Also war das Gefühl seiner Abwesenheit berechtigt gewesen. Ihr Instinkt hatte sie nicht getäuscht. Etwas zu heftig zog sie an Brents Ärmel. „Erholen?“ wiederholte sie in einem scharfen Tonfall. „Wovon?“
    „Beruhige dich bitte!“ Er blickte von den Zügeln auf. „Als Lady Cheverly die Nachricht erhielt, hat sie mich gebeten, ihn mit ihr zusammen nach Hause zu holen. Wir sind soeben erst nach London zurückgekehrt. Sobald die Ärzte ihn für kräftig genug halten, um einen Transport zu überstehen, bringen wir ihn vielleicht nach Highgrove.“
    „Wie schwer ist er verletzt?“
    Brent runzelte besorgt die Stirn. „Ich will dich nicht belügen, Emily. Er sieht sehr krank aus. Ein Messer hat ihm die rechte Gesichtshälfte und den Arm aufgeschlitzt. Er ist nicht bei Bewusstsein, und die Wunde hat sich fatalerweise entzündet. Lady Cheverlys Arzt weilt momentan leider nicht in der Stadt und wird auch nicht vor morgen früh zurückkehren. Im Augenblick scheint Evan noch durchzuhalten, und sicher wird es ihm bald besser gehen.“ Er verstummte betrübt. „Trotzdem wünschte ich mir von ganzem Herzen“, fügte er so leise hinzu, dass sie ihn kaum hören konnte, „ich könnte einige meiner Bemerkungen ihm gegenüber zurücknehmen.“
    Während der restlichen Fahrt durch den Park hatte sie das merkwürdige Gefühl, ihren Körper verlassen zu haben, der ruhig in Brents Kutsche saß. Abwesend nickte sie Bekannten zu oder sprach mit denen, die an der Kutsche stehen blieben.
    Doch die ganze Zeit über schwirrte ihr Kopf vor unbeantworteten Fragen. Wie schwer waren Evans Verletzungen? Waren sie schlimm entzündet? Welche ärztliche Behandlung war ihm bislang zuteil geworden? Wenn er tatsächlich so gut „durchhielt“, warum war er dann bewusstlos, und aus welchem Grund sah Brent so besorgt aus?
    Voller Panik erinnerte sie sich an die ersten Tage nach Andrews tödlicher Verwundung – die stetigen dünnen Blutstropfen, die das Bettlaken rot färbten, die rasselnden Atemzüge. Das Fieber hatte seine Haut so gerötet, als wäre er zu lange in der heißen Sonne Portugals geritten. Und dann hatten die schrecklichen letzten Tage begonnen, in denen er dem Tod entgegengeglitten war. Nackte Angst vertrieb den dumpfen Schmerz, den sie seit ihrer Trennung von Evan verspürt hatte.
    Später wusste sie kaum mehr, wie sie nach Haus gekommen war oder was sie zu Brent und Natalie geäußert hatte, die auf sie warteten. Nur ein Plan

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