Die schöne Mätresse
sagte sie leise. „Danke … Evan.“
Er hätte am liebsten glücklich aufgelacht. „Ruf mich, wann immer du willst.“ Nach einem letzten Kuss zwang er sich zum Aufbruch. Nach einigen Schritten drehte er sich noch einmal um. Sie winkte ihm zu, dann schloss sie die Tür und verriegelte sie geräuschvoll von innen.
Es kostete ihn einige Mühe, nicht zurückzulaufen und an diese Tür zu klopfen.
4. KAPITEL
E inige Stunden später blickte Emily amüsiert von ihrem Arbeitstisch auf. „Ich würde vorschlagen, dass du sie auf den Tisch stellst“, sagte sie dem Botenjungen, der ein prächtiges Bouquet gebracht hatte.
„Aber wohin, Ma’am? Da stehen schon eine ganze Menge Blumen.“
Genau genommen war ihr kleiner Tisch bereits unter einem gewaltigen Blumenarrangement begraben. Seit dem frühen Morgen waren immer wieder große und kleine Sträuße eingetroffen. Francesca waren längst die Vasen ausgegangen, und die meisten Gebinde standen in einem unromantischen Sammelsurium von Töpfen, Schüsseln und Kannen.
Die zahlreichen Sträuße bestanden nur aus Veilchen und Stiefmütterchen. Die Blüten waren tiefviolett oder blasslila, beinahe weiß, und ihren Duft konnte man sowohl im Arbeitszimmer als auch im angrenzenden Laden riechen.
Seufzend suchte Emily nach einem freien Platz. Lord Cheverly musste beinahe jede Blume in der Stadt gekauft haben. Heute Abend würden sie sich mit kaltem Fleisch und Wasser begnügen müssen, da kaum noch ein Kessel oder eine Kaffeetasse in der Küche zu finden war. Sie wusste nicht, ob sie beeindruckt oder peinlich berührt sein sollte.
Der Botenjunge stand immer noch vor ihr, die Blumen in der Hand. Er blickte sie erwartungsvoll an. Lächelnd legte sie die Schere beiseite. „Gib sie mir einfach.“
Der Junge reichte ihr den Strauß, aber als sie in ihrer Tasche nach einer Münze suchte, winkte er ab. „Der Mann, der die Blumen geschickt hat, war großzügig, Ma’am. Er hat mir sogar ein zusätzliches Trinkgeld gegeben, damit ich keines von Ihnen verlange.“ Grinsend zog er seine schmutzige Kappe, dann rannte er hinaus.
Francesca kam aus der Küche und hob erstaunt die Brauen. „Heilige Jungfrau, Mistress, Ihr vornehmer Lord muss sehr zufrieden mit Ihnen gewesen sein.“ Mit einem Augenzwinkern lehnte sie sich vor und tätschelte Emilys Wange. „Und Sie,
querida
, sehen aus wie eine Frau, die gut geliebt worden ist.“
„Genug, Francesca.“
„Ah, Sie schmollen, aber ich freue mich“, erwiderte Francesca gut gelaunt. „Sie sind müde, nicht wahr? Ruhen Sie sich aus. Ich kümmere mich um die Kundschaft. Später werde ich noch ein besonderes Dinner kochen.“
„Lord Cheverly ist nicht zum Dinner eingeladen“, sagte Emily mürrisch.
„Aber er kommt heute Abend, so viel ist sicher. Gehen Sie nur, Mistress. Sie wollen doch nicht erschöpft aussehen, wenn er Sie besucht. Nehmen Sie die Veilchen“, das Dienstmädchen schloss Emilys Hand um die Blumen, „und schlafen Sie. Ich habe oben noch eine Vase übrig gelassen.“
Emily war tatsächlich müde. Seufzend ließ sie zu, dass Francesca sie zur Treppe drängte. „Na gut. Aber nur für eine Stunde.“
„Fein, ich werde Sie wecken“, versprach das Mädchen. „So viel Liebe macht hungrig. Ich werde eine große Portion Paella machen.“
„Falls du noch eine Pfanne findest“, murmelte Emily, während sie die Stufen hinaufstieg.
Emily stellte die zarten, zerbrechlichen Blüten in ihre Lieblingsvase aus blau-weißem portugiesischem Steingut, die mit kleinen Vögeln und Tieren bemalt war. Danach blickte sie in den kleinen Spiegel auf ihrer Frisierkommode. Ihre Augen wirkten ernst, aber ansonsten sah sie aus wie immer. Sollte eine gefallene Frau sich nicht auch äußerlich verändern?
Sie nahm die Miniatur von Andrew von dem Ständer neben dem Spiegel. Andrew hatte gewollt, dass sie ihn in entspannter Haltung porträtierte anstatt in steifer Pose. Sein Hemd stand am Kragen offen, und sein unbedecktes Haar wehte in einer sanften Meeresbrise. Es war ihr gelungen, das schelmische Glitzern in seinen grünen Augen einzufangen.
Oh Andrew, was würdest du jetzt nur von mir denken?
Bevor der Schmerz zu stark wurde, stellte sie das Bildnis schnell zurück an seinen Platz und ging auf den Balkon. Dort lehnte sie sich ans Geländer und sah in den Garten hinab. Das schwache Sonnenlicht war nicht zu vergleichen mit der gleißenden Sonne Portugals.
Als sie nach Jahren zum ersten Mal nach England zurückgekehrt war, hatte sie
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