Die schöne Mätresse
Schreibtisch und setzte sich, um sie zu überprüfen.
Indes gelang es ihm nicht, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, und so schaute er aus dem Fenster und träumte von Veilchen und Amethysten, als sich die Tür öffnete. Geoffrey Randall, sein alter Studienfreund und Assistent, kam herein.
„Guten Morgen, Ev. Hast du schon die Listen kontrolliert?“
Evan blickte auf die Seite, die er vor über einer halben Stunde aufgeschlagen hatte. Er wusste nicht einmal, was genau darauf stand. „Nicht ganz“, murmelte er.
„Wenn du fertig bist, könntest du bitte diese Rechnung für Schießpulver kontrollieren? Ich habe die Zahlen bereits dreimal addiert, komme aber nicht auf das richtige Ergebnis.“ Stirnrunzelnd tippte Randall auf das Blatt Papier in seiner Hand. „Irgendetwas stimmt nicht damit“, fuhr er fort. „Ich wäre dir dankbar, wenn du es dir einmal ansehen würdest. Evan?“
Evan schreckte aus seinen Gedanken auf. „Was hast du gesagt?“
Geoffrey Randall musterte ihn besorgt. „Du siehst erschöpft aus, mein Freund. Hattest du eine anstrengende Nacht? Hast du etwa zur Abwechslung einmal beim Spiel verloren?“
Die Erinnerung an Emily in seinen Armen ließ Evans Herz schneller schlagen. „Es war eine wundervolle Nacht, und ich habe mit Gewissheit nicht verloren.“
Randall hob eine Braue, dann lachte er. „Ah, diese Art von Nacht also. Warum gehst du nicht schlafen? Du bringst hier ohnehin nichts Vernünftiges zu Stande.“
„Vielen Dank“, erwiderte Evan schmunzelnd. „Aber du hast Recht, mir steht heute nicht der Sinn nach langen Zahlenreihen. Können wir später über die Angelegenheit sprechen?“
„Natürlich.“ Randall grinste. „Und wenn das Mädchen dein verträumtes Lächeln auch nur annähernd verdient, bist du ein glücklicher Bursche.“
Während Evan nach Hause ging, kam ihm die Idee für ein weiteres Geschenk.
Heute Nacht durfte es kein Nachthemd geben, mit dem schmerzliche Erinnerungen verbunden waren. Nein, heute sollte sie in violetter Seide und einem Hauch cremefarbener Spitze zu ihm kommen. Sie war seine Geliebte, sie würde sein Negligee tragen, und in Zukunft würden die Erinnerungen nur ihnen beiden gehören.
Er begab sich sofort zu einem der exklusivsten Wäschegeschäfte Londons, wo er schnell seine Wahl traf. Dort informierte er Madame, dass sie das Nachthemd nicht liefern müsse, da er es selbst überbringen wolle. Die Schneiderin protestierte eifrig und versicherte, es würde ihr überhaupt keine Mühe bereiten.
Als er die Frau näher betrachtete, wurde ihm klar, wie begierig sie darauf war, die Identität seiner neuen Geliebten zu erfahren. Instinktiv wusste er, dass seine zurückhaltende Emily es absolut nicht schätzen würde, wenn man in der ganzen Stadt über sie sprach. Nachdem er entschieden das Angebot der Schneiderin abgelehnt hatte, bezahlte er sie gut und verließ das Geschäft.
Er fand den Gedanken, Emily offiziell zu seiner Mätresse zu erklären, seltsamerweise geschmacklos. Bisher hatte er nie einen Hehl aus seinen Affären gemacht, aber bei Emily war es anders – sie war ein Schatz, den er nur für sich behalten wollte. Er würde nicht dulden, dass Willoughby und seinesgleichen in vulgärer Weise über sie lästerten.
Sie besaß so viele Facetten wie ein geschliffener Diamant. Ihre Umgangsformen entsprachen denen einer eleganten Dame, doch in der vergangenen Nacht war sie ihm wie eine verführerische Sirene erschienen.
Allein der Gedanke an ihren wohlgeformten Körper weckte sein Verlangen. Er stöhnte ungeduldig auf. Wie viele Stunden musste er noch warten, bis die Nacht hereinbrach?
Nachdem Evan den neugierigen Blicken seiner Mutter beim Tee ausgewichen war, kleidete er sich schon früh zum Dinner an und begab sich in seinen Club. Sicher würde er einen Mitspieler für eine Partie Whist finden, um sich die Zeit bis zum Abend zu vertreiben.
„Evan!“ Brent Blakesly stand erfreut auf, um seinen Freund zu begrüßen. „Ich habe dich gestern Abend bei White’s vermisst. Darf ich daraus schließen, dass dein … äh, Vorhaben erfolgreich war?“
Evan strahlte vor Stolz, er konnte es nicht verhindern. „Vollkommen.“
Brent pfiff leise durch die Zähne. „Meinen Glückwunsch! Komm …“, er winkte einen Kellner herbei, „lass uns darauf mit Champagner anstoßen! Obwohl ich es kaum glauben kann – Willoughby war sich so sicher, dass sie für keinen Mann zu haben ist.“
Evan zog seine Hand zurück, die sein Freund
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