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Die schoene Muenchnerin

Die schoene Muenchnerin

Titel: Die schoene Muenchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaemmerer Harry
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Verdammt, wo war die Leiche? Sein Plan, Dr. Weiß unauffällig in der Krankenhausmüllanlage verschwinden zu lassen, war hinfällig. Er fuhr mit dem Lift zurück in sein Büro und rief die beiden Jungs an. Die schworen Stein und Bein, dass sie den Herrn Doktor in besagtem Kühlfach geparkt hatten. Vielleicht hatte man ihn versehentlich schon entsorgt? Prodonsky war verwirrt. Er probierte es bei Grasser und erreichte nur die Mailbox. Um sich abzulenken, bis Grasser zurückrief, widmete er sich seinem Vortrag, den er an der Uni im Rahmen der Ringvorlesung zu Ästhetik halten sollte. Schon bald war er ganz von seiner geistigen Tätigkeit absorbiert und vergaß die Welt um sich herum. Er wollte den Studenten ein Verständnis von Ästhetik als Lehre von der sinnlichen Wahrnehmung vermitteln, die sich eben nicht auf eine Ästhetik des schönen Scheins reduzieren ließ. Letztere wollte er entlarven als Ausdruck materieller und kommerzieller Bedürfnisse, die auch die plastische Chirurgie in Verruf gebracht hätten. Sein Ziel als Wissenschaftler, Chirurg und Pathologe und auch als Mensch war es, die Patienten und Studenten an die grundsätzlichen Möglichkeiten und die potenzielle Tiefe sinnlichen Erlebens heran­zu­füh­ren. Machte das Sinn? Nein. Aber es klang gut. Und darum ging es. Er liebte es, im Audimax zu sprechen.
    Prodonsky wurde leichenblass, als plötzlich Dr. Weiß in seinem Büro stand und leise sang: »Ich möchte ein Eisbär sein, im kalten Polar…« Weiß lächelte. »Kennst du den noch, den Hit aus den Achtzigerjahren?«
    »Was willst du, Hans?«
    »Mitmachen, Harry. Bei deinem kleinen Neben­erwerb.«
    Prodonsky musterte ihn. »Du siehst blass aus. Ist dir kalt?«
    »Gestern war mir kalt. Heute bin ich heiß – auf das Geld! Keine Spielchen mehr. Sag deinen Gorillas, dass ich jetzt dabei bin. Ich hab eine Kopie der Liste. Aber ich will nichts umsonst. Du hättest mich doch einfach ­fragen können!«
    »Wie bist du drauf gekommen?«
    »Ein Journalist. Zufall. Eine Kneipenbekanntschaft. Hat mir eine wüste Story erzählt von einem schwunghaften Organhandel. Und dann hab ich mal die Kühl­fächer aufgezogen. Ich muss schon sagen – ihr arbeitet auf Bestel­lung?«
    Prodonsky zögerte.
    »Ich höre«, sagte Weiß und holte seine Marlboros aus der Tasche seines Kittels.
    »Hast du auch eine für mich?« Prodonsky kam hinter dem Schreibtisch hervor und öffnete das große Fenster. Weiß gab ihm Zigarette und Feuer und zündete sich auch eine an.
    Ein paar Züge lang nur das leise Rauschen der Garmischer Autobahn, das rote Lichterband der Autos ins Zentrum, das Blinken und Glimmen der Stadt im nächtlichen Lichterdunst.
    Prodonsky lächelte und rauchte gedankenverloren. Er sah hinab, dann nach oben. Sein Blick erstarrte. »Hey, hallo, Sie da!«
    Weiß sah ebenfalls hinauf. »Was ist da?«
    »Da turnt einer an der Fassade herum! He, Sie!«
    »Ich seh nichts. Wo?« Blitzschnell griff Prodonsky die Beine von Weiß und kippte ihn über den Fenstersims. Judogriff. Weiß flog durch die Nacht und landete mit einem harten Plong! auf dem Dach eines Containers, der auf einem Sattelschlepper ruhte. »So was«, murmelte Prodonsky. Dort unten war die Anlieferrampe. Es brannte noch Licht. Jetzt kamen zwei Männer im Blaumann nach draußen und sahen sich um. Nichts. Sie steckten sich Zigaretten an, unterhielten sich. Dann gingen sie zurück in die Halle. Prodonsky hörte, wie Gabelstapler Paletten über den Betonboden schoben. Er sah noch einmal runter zu Weiß, um sich zu vergewissern, dass er sich auch wirklich nicht mehr bewegte. Tat er nicht. Prodonsky war erstaunt, dass er gar nicht geschrien hatte. Na ja, der Schock. Blieb nur zu hoffen, dass der Laster noch heute Nacht verschwinden würde, am besten in Richtung Hamburg, Berlin oder Stuttgart, wo immer die Spedition ihren Firmensitz hatte.
    »Gute Reise!«, wünschte Prodonsky und schloss das Fenster. Als er sich an den Schreibtisch setzte, spürte er wieder das Stechen in der Herzgegend. Aufregung bekam ihm nicht. Er wählte Grassers Nummer.
    SCHÖNE AUGEN
    Nach drei Maß im Hofbräuhaus hatte Mader den Rückzug angetreten. Er musste Bajazzo noch bei Wallicek an der Pforte auslösen. Es war kurz vor Mitternacht, aber Hummel war noch nicht nach Heimgehen. Das Bier hatte ihn mutig gemacht. Oder verzweifelt. Er stolperte in angeregter Stimmung die Treppen der Edelschweiß -Bar in der Ledererstraße hinab. In der erstaunlich geräumigen Kellerbar mit ihren vielen

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