Die Schoene und der Prinz
Londoner Adresse des Prinzen darauf und lief hinaus in die Halle, wo Newman sie bereits erwartete, um sie zum Stall zu begleiten.
„Würden Sie bitte dafür sorgen, daß dieser Brief an den Prinzen sofort abgeschickt wird?“ Dann überlegte sie es sich anders. „Vielleicht wäre es sicherer und ginge schneller, wenn ein Kurier den Brief nach London brächte? Es ist ein Ritt von anderthalb Stunden, und ich hätte gern, wenn der Prinz die Nachricht auf dem schnellsten Wege erhält.“
Newmans ausdruckslose Miene verriet keinerlei Verwunderung über ihr Ansinnen.
„Wird sofort erledigt, Mylady“, sagte er. „Ich kümmere mich selbst darum, daß einer der Stallburschen sofort losreitet. “
„Vielen Dank“, sagte Forella erleichtert und lief zu den Ställen, um Thomas nicht länger warten zu lassen.
Er hatte für sich einen der prächtigen Hengste des Prinzen gesattelt und ritt neben ihr her.
„Ich habe gehört, daß ein Mann sich hier herumtreibt und neugierige Fragen stellt“, sagte Forella unterwegs. „Haben Sie ihn gesehen? Wie sieht er aus?“
„Ich habe ihn gesehen“, erwiderte Thomas, „aber er wollte nicht mit mir sprechen. Wenn ich mich nicht sehr täusche, interessiert er sich nicht für die Ställe, was mich mit ungeheurer Erleichterung erfüllt, sondern für das Haus.“
Forella stockte der Atem.
„Aber Sie haben keine Ahnung, für wen er sich speziell interessiert?“
„Nein, Mylady“, erwiderte Thomas. „Könnte natürlich auch sein, daß er hier herumschnüffelt, um ‚das Gelände zu sondieren’, wie man es in Einbrecherkreisen wohl nennt.“
„Wenn er einbrechen wollte, würde er sich nicht sehen lassen und den Leuten Fragen stellen“, überlegte Forella.
„Da haben Sie wohl recht, Mylady.“
Stirnrunzelnd starrte er vor sich hin, und Forella sagte impulsiv:
„Ihnen ist sicher auch bekannt, daß sich hier jeder vor irgend etwas versteckt, also geht dieses Problem uns alle an.“
„Das ist richtig“, erwiderte Thomas. „Ich möchte auf keinen Fall erkannt werden.“
„Ich dachte mir schon, daß auch Sie sich vor irgend jemand verstecken“, sagte Forella zögernd. Es widerstrebte ihr, neugierig zu erscheinen oder taktlos.
„Stimmt genau“, bestätigte Thomas freimütig. „Ich habe es nur Seiner Hoheit zu verdanken, daß ich ein freier Mann bin.“
Da sie sich unterhielten und kaum auf die Pferde achteten, scheute György bei jedem Geräusch, und Forella mußte die Zügel ganz straff halten.
„Wir sollten die Pferde laufen lassen, Mylady“, schlug Thomas vor, „und uns später unterhalten. Sie sind eifersüchtig, weil wir ihnen nicht genügend Aufmerksamkeit widmen.“
Forella gab ihm lachend recht und ließ György galoppieren, bis er müde wurde. Dann ließen sie die Pferde wieder im Schritt gehen und setzten das Gespräch fort. Thomas erzählte ihr, daß er in Newmarket für ein sehr berühmtes Mitglied des Jockey-Clubs als Trainer gearbeitet habe.
Einer seiner Jockeys hatte unbedingt den ersten Preis von 2000 Pfund gewinnen wollen und ohne Wissen von Thomas zu einem Dopingmittel gegriffen.
Er hatte das Rennen gewonnen, doch ein anderer Jockey, der ihm den Sieg neidete, zeigte ihn bei der Rennkommission an, die sofort eine Untersuchung des Pferdes anordnete.
Der Jockey hatte in dem Bemühen, den Hals aus der Schlinge zu ziehen, Thomas, den Trainer, beschuldigt, das Pferd gedopt zu haben.
„Es war einer dieser komplizierten Fälle“, sagte Thomas trocken, „und das Urteil richtete sich danach, wem die Rennkommission mehr glaubte.“
„Und Ihnen glaubte man nicht?“ rief Forella empört aus.
„Seine Hoheit hat mir erklärt, daß man gegen mich war, weil meine Trainingsmethoden als revolutionär galten und ich mir in der Vergangenheit Feinde geschaffen hatte, ohne es zu wollen, vor allem unter meinen Trainer-Kollegen, die sich alle auf die Seite des Jockeys schlugen.“
Er seufzte und fügte dann mit belegter Stimme hinzu:
„Ich lief Gefahr, öffentlich gedemütigt und aus dem Verband ausgeschlossen zu werden.“
„Wie unfair man Sie behandelt hat!“ stellte Forella entrüstet fest.
„Das passiert auf Rennbahnen nicht selten“, gab sich Thomas gelassen. „Seine Hoheit überzeugte mich davon, daß es das beste für mich war, die Untersuchung nicht über mich ergehen zu lassen, sondern meinen Dienst zu quittieren.“
Seine Stimme klang tiefer, als er fortfuhr:
„Er half mir dabei, einen Brief aufzusetzen, in dem ich meine Unschuld
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