Die Schoene und der Prinz
ein?“ fragte Forella leise.
„Gewiß doch“, erwiderte die Prinzessin. „Weshalb sollte er sich mit häßlichen umgeben? János legt größten Wert auf Vollkommenheit, bei seinen Pferden, seinen Häusern und natürlich auch seinen Frauen.“
Seine Frauen! Diese Worte gingen Forella nicht aus dem Sinn und beschäftigten sie die ganze Nacht.
Die Tage schienen auf einmal viel zu langsam zu verstreichen, die Nächte sich endlos zu dehnen.
Wohin sie schaute, was sie hörte oder dachte, alles bezog sich auf den Prinzen oder stand in irgendeinem Zusammenhang mit seiner Person.
Er hat völlig von mir Besitz ergriffen, dachte sie.
Es war ein beunruhigender Gedanke, der in ihr lebendig wurde und spürbar war, so als hätte er eine kleine Flamme in ihrem Innern entzündet, als hätte er sie berührt.
Die Tage vergingen, ohne daß er zum Manor zurückkehrte. Die Erregung, die der Gedanke an ihn in ihr entfacht hatte, machte Mutlosigkeit und Zweifeln Platz.
Die Berichte in den Zeitungen über Bälle, die er besuchte, Empfänge, an denen er teilnahm, führten ihr mit schmerzlicher Deutlichkeit vor Augen, wie unbedeutend sie selbst war, daß sie einem Vergleich mit diesen glänzenden Erscheinungen nicht standhalten konnte, daß er sie vermutlich längst vergessen hatte.
Er würde sich vermutlich noch einmal an sie erinnern, wenn die Antwort aus Ungarn eintraf. Dann würde er sie fortschicken und für immer aus seinem Leben verbannen.
Vor ihren Verwandten war sie hier sicher, gewiß, und es bestand auch keine Gefahr mehr, daß sie gegen ihren Willen mit Graf Sherburn vermählt wurde, aber daß sie den einzigen Menschen, der ihr wirklich etwas bedeutete, bald verlieren würde, schmerzte sie.
Wie soll ich es ertragen, für immer von ihm getrennt zu sein? dachte sie verzweifelt.
Ihr würde nichts anderes übrigbleiben, wenn er auf ihrer Abreise bestand, und das war dann das Ende.
Er hatte sie nicht darum gebeten, seine Frau der Prinzessin gegenüber nicht zu erwähnen. Drei Tage waren verstrichen seit seinen Enthüllungen, da kam Forella zögernd darauf zu sprechen:
„Als Seine Hoheit bei uns war, fragte ich ihn nach einer Person, die allgemein als ‚arme Lady’ bezeichnet wird, und erfuhr von ihm, daß damit seine Frau gemeint sei.“
Die Prinzessin stieß einen erleichterten Seufzer aus.
„Ich bin froh, daß er es dir gesagt hat“, erklärte sie. „Ich mochte nicht darüber sprechen, um ihn nicht zu erzürnen. Ihre Anwesenheit auf diesem Besitz ist für mich die Garantie dafür, daß auch ich hier sicher bin und nicht Gefahr laufe, nach Ungarn zu den Leuten zurückgeschickt zu werden, die mir Schaden zufügen wollen, weil sie meinen Mann haßten.“
Sie lächelte, bevor sie hinzufügte:
„János findet immer das richtige Versteck für alle möglichen Leute, den Doktor, zum Beispiel, oder Thomas, für mich und natürlich die arme Gisella.“
„Kennen Sie sie von früher?" fragte Forella.
„Ich hatte nie mit ihr gesprochen“, erwiderte die Prinzessin. „Ich mußte meine Heimat lange vor János’ Vermählung verlassen. Aber ich hatte sie einmal aus der Ferne gesehen und fand sie sehr schön und würdig, seine Frau zu werden – bis ich die bittere Wahrheit erfuhr.“
Sie gab Forella keine Gelegenheit, Fragen zu stellen, sondern fuhr fort:
„Armer, lieber János! Warum mußte ausgerechnet ihm so etwas passieren? Ich bete jeden Abend darum, daß er eines Tages wieder frei sein möge, um eine Familie gründen zu können, wie er es sich immer gewünscht hat.“
Ihre Stimme klang bewegt, als sie hinzufügte:
„Er braucht Söhne, die einmal seinen Titel und seinen Besitz erben werden, und Töchter, die er verwöhnen kann und die ganz sicher bildschön sein werden, weil er stets nur von Schönheit und makellosen Dingen umgeben ist.“
„Wie grausam für ihn, daß er nichts dagegen tun kann“, sagte Forella tonlos.
„Nichts kann man dagegen tun!“ sagte die Prinzessin stirnrunzelnd. „Sie sind miteinander verbunden, ‚bis daß der Tod euch scheidet’, und von Dr. Bouvais weiß ich, daß die Prinzessin ihn möglicherweise sogar überleben wird.“
Forella hätte weinen können über soviel Unglück, aber sie fürchtete, sich der Prinzessin gegenüber zu verraten und ihr zu offenbaren, welche Gefühle sie für den Prinzen hegte.
„Haben Sie der ‚armen Lady’ jemals einen Besuch abgestattet?" fragte sie mit belegter Stimme.
„Nein“, erwiderte die Prinzessin. „János hat mich gebeten,
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