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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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dran. Bestimmt war das noch mal meine Mutter. Sie hatte gewiss gespürt, dass etwas verdammt nicht in Ordnung war. Aber sie würde niemals direkt nachfragen. Sie würde niemals direkt sagen: ›Tut mir leid, wenn ich gerade in einen Fettnapf getreten bin. Ich wollte nur sagen: Ich wünsche dir wirklich alles Gute mit ihr!‹ Nein, meine Mutter würde vielleicht eine kleine unwichtige Anekdote erzählen und darauf hoffen, dass ihr nochmaliger Anruf mir schon zeigen würde, dass sie mich lieb hatte.
    Während ich so an meinem Schreibtisch saß und auf die Arbeit blickte, die ich heute irgendwie nicht tun konnte, klingelte es an der Tür.
    »Göttin! Ellen! Was hast du mit deinen Haaren gemacht?«, entfuhr es mir spontan.
    Ellens sonst so pastellig anmutende Erscheinung hatte eine sehr eigenwillige Komponente hinzubekommen: Ihre wunderbare, weißblonde Lockenpracht hatte die Farbe gewechselt. Sie leuchtete in beängstigendem Rot.
    Ellen sah mich an, als wolle sie mich am liebsten auffressen.
    »Musstest du mich daran erinnern? Ich vergesse es hin und wieder, wenn ich ein paar Stunden an keinem Spiegel vorbeigekommen bin. Hast du Zeit für einen Kaffee? Ich hab versucht, vorher anzurufen, aber erst war stundenlang besetzt, und dann bist du nicht rangegangen.«
    Ellen schritt vor mir her in die Küche und kramte im Schrank nach Filtertüten. Ich konnte nicht aufhören, sie anzuglotzen.
    »Aber wie ist das passiert?«, fragte ich und deutete auf ihre Haare.
    Ellen schüttelte ihren Kopf, dass die rote Pracht nur so flog. »Ganz einfach. Ich wollte mal etwas Neues haben. Auch ich habe keine Lust, jahrelang im gleichen Look herumzulaufen, weißt du. Und dann war da diese Tönung. Völlig ungefährlich, weil auswaschbar. Und hinten auf der Packung stand: ›Verleihen Sie Ihrem naturblonden Haar einen Hauch von Feuer.‹ Da dachte ich, hm, ein Hauch von Feuer kann ja nicht schaden. Vielleicht könnte ich meinem Engelchen-Image damit endlich mal entkommen. Ha!«
    Ich betrachtete sie skeptisch. Fortan würde sie gewiss nur noch wenig Ähnlichkeit mit einem zarten Engel besitzen. Vielmehr machte sie eher den Eindruck einer flammenspeienden Walküre.
    »Was eine neue Haarfarbe so alles anders erscheinen lassen kann«, stellte ich verwundert fest. Ellen schürzte die Lippen.
    »Süße, ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Du hast gestern nicht angerufen, um mich dazu zu überreden, dir beim Abwaschen zu helfen. Das ist immer sehr verdächtig. Zeig mal deine Hände, hm, ja, wir hätten uns das wohl lieber teilen sollen, Tilli.«
    Ich lachte müde. »Ach, Ellen, du ahnst ja nicht …«
    Sie wischte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht her, als wolle sie eine Fliege verscheuchen. »Red keinen Unsinn! Wenn ich nichts ahnen würde, wäre ich nicht hier. Kapiert? Also, wer oder was ist los?«
    Unglaublich, aber wahr: Ich konnte das selige Lächeln nicht unterdrücken, das sich jetzt in Sekundenschnelle auf meine Lippen und in meine Augen stahl.
    »Angela?«, mutmaßte sie.
    Ich seufzte. »Ihr seid alle so plötzlich abgehauen …«
    »Übrigens hast du mir das zu verdanken. Jackie wollte ja gerne noch bleiben, um ›aufzuräumen‹, ha, natürlich wollte sie spannen, was denn noch so abgehen würde an dem Abend. Also, wir waren alle plötzlich auf einen Schlag verschwunden. Nur Angela war noch da. Richtig?«
    »Richtig!«
    »Ist sie bis zum nächsten Morgen geblieben?«
    »Ja …«, hauchte ich, doch dann schüttelte ich den Kopf. »Nein.«
    »Ja, nein. Was denn nun?«
    »Wir haben uns geküsst.«
    »Oh, und ich hätte schwören könne, dass ihr …«
    »Haben wir auch«, korrigierte ich. »Aber zuerst haben wir uns geküsst. Und dann haben wir miteinander geschlafen. Und es war … oh, Ellen, mir wird ganz komisch im Bauch.«
    »Komm, setz dich hier hin. Hier hast du einen Kaffee. Der stabilisiert. Ihr hattet also wunderschönen Sex miteinander, und dann ist sie nach Haus gefahren?«
    »So ähnlich.«
    »Hm.«
    Ich nippte an ihrem OP -Schwestern-Kaffeegebräu und schüttelte mich. Wenn ich etwas nach unserer Beziehung nicht vermisst hatte, dann war es ihr Kaffee.
    »Das hätte nicht passieren dürfen!«, stellte Ellen mit Überzeugung fest.
    Ich heulte auf: »Wie bitte? Es war das Wundervollste und Ergreifendste, was ich je erlebt habe. Selbst wenn ich sie nie wiedersehen würde, würde ich es nicht bereuen! Ich …«
    »Ich meinte, dass du mit Lena geschlafen hast«, unterbrach sie mich.
    »Oh.« Mein Mund klappte zu. »Ja. Da hast du

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