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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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schnurrte wie eine große Katze, die mir gestattet, mich in ihrem Schoß einzurollen. Ihre noch feuchten Fingerspitzen tapsten über meinen Rücken und verursachten dort eine Gänsehaut.
    Plötzlich fiel mir etwas ein, und ich horchte in mich hinein.
    »Was ist los?«, erkundigte sich Angela sofort besorgt.
    »Ach, es ist nur …« Ich legte die Hand auf meinen Bauch und tastete darauf herum.
    »Was?«
    »Es wundert mich ein bisschen, dass das Schäbig-Männchen sich gar nicht meldet«, erklärte ich ihr.
    Sie schaute verblüfft. »Wer?«
    »Das Schäbig-Männchen. Es sitzt ungefähr hier.« Ich legte meine warme Hand auf ihren warmen Bauch. Ihre weiche Haut knisterte unter meinen Fingerspitzen, als sei sie elektrisch aufgeladen. Unter der Haut, unter ihrem Fleisch, mitten in ihr drin, musste ihr Schäbig-Männchen sitzen. Oder hatte sie etwa keines? »Immer wenn du etwas tust, das sich verdammt gut anfühlt, fängt es an, herumzumeckern und einem dieses Wohlgefühl ganz gründlich zu vermiesen. Es ist ein echter Spaßverderber, kann ich dir sagen.«
    Angela grinste und hielt meine Hand auf ihrem Bauch sanft fest.
    »Schätze mal, du sprichst vom Gewissen, oder?« Das sagte Ellen auch immer. »Und das regt sich bekanntlich ja nur, wenn etwas geschieht, von dem man im Grunde weiß, dass es Unrecht ist.«
    Ihre Aussage blieb zwischen uns hängen. Ich begriff erst langsam, mit jedem Atemzug ein wenig mehr, was sie mir sagen wollte.
    »Du hältst unser Tun also auch nicht für Unrecht? Du hältst es auch für richtig und gut?«, fragte ich sie vorsichtig. Ein Schatten glitt über ihr Gesicht, und sie seufzte.
    »Alles könnte wirklich wunderbar sein, wenn nur nicht …«
    »Lena?«
    »Ja, Lena.« Sie legte sich zurecht und räusperte sich, als fiele es ihr schwer, hier bei mir, in meinem Bett, auch nur an ihre Tochter zu denken. »Ich mache dir keinen Vorwurf. Alles ist so gekommen, wie es eben passieren sollte. Aber es wäre so viel einfacher, wenn du nicht …«
    Wieder lauschte ich in mich hinein. Alles dort blieb still.
    »Ich würde mir auch wünschen, dass ich das rückgängig machen könnte. Es war viel zu übereilt. Aber ich bin mir nicht mal sicher, dass es Lena so erschüttern wird, wie du jetzt annimmst. Wenn du willst, rede ich mit ihr?!«
    »Stell dir das nicht so leicht vor.« Angela lächelte traurig. »Unser Verhältnis zueinander ist alles andere als einfach. Wir haben oft Reibungspunkte, und vielleicht ist es tatsächlich gut, wenn sie jetzt auszieht und lernt, ihr eigenes Leben zu leben. Ich hab in der Erziehung einiges danebengehauen. Sie kann nur schwer damit umgehen, nicht die Nummer eins zu sein.«
    »Und sie hat es verdient, für eine tolle Frau die Nummer eins zu sein!«, setzte ich hinzu. »Sie wird diejenige gewiss finden. Nein, ich denke, das Problem liegt ganz woanders: Sie wird große Schwierigkeiten damit haben, wenn sie erfährt, dass aus dir und deinem Ex nicht wieder ein Paar wird.«
    Stockend erzählte ich ihr von Lenas Vorhaben einer Familienzusammenführung. Dass dieses Abendessen eigentlich auf meinem Mist gewachsen war, ließ ich aber lieber aus. Es hätte nur noch mehr zur Verwirrung beigetragen. Und Angela sah sowieso schon sehr durcheinander aus, mit zerzausten Haaren und geröteten Wangen.
    »Sie wird bestimmt nicht begreifen wollen, dass dieser Zug abgefahren ist und auch nie wiederkommt. Kannst du damit umgehen?«, endete ich schließlich.
    Angela schüttelte zweifelnd den Kopf. »Ich kann nur versuchen, für sie da zu sein. Und Volker wird das ebenso tun, da bin ich sicher. Ihre Eltern wird sie jedenfalls nicht durch diese Scheidung verlieren. Es wird nur eben … anders werden.«
    Ich hörte ihrer Stimme an, dass der Glaube daran auch bei ihr noch sehr unsicher war.
    Um der Situation die bedrückende Schwere zu nehmen, fragte Angela: »Warum nennst du es nicht Schäbig-Frauchen? Was ist mit dem Anspruch der feministischen Sprache?«
    »Ist das dein Ernst?« Ich schüttelte in gespieltem Unglauben den Kopf. »Wer ist denn in der heutigen Welt der Spaßverderber. Die Frau etwa?«
    »Nein, bestimmt nicht!«, sagte sie überzeugt und beugte sich wieder über mich.

    Als ich aus dem Bad kam, hatte Angela sich zur Seite gerollt und war eingeschlafen. Die Decke hatte sie fest vor ihren Bauch geklemmt und hielt sie umarmt wie mich noch vor zehn Minuten. Ihre Silhouette gegen das Hell der Balkontür war weich und schwang sich mal auf, mal nieder. Wie eine zarte Melodie schlich sich

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