Die schoenen Muetter anderer Toechter
Fenster runterkurbeln.«
Sie steckte sich hastig eine Zigarette an und pustete den Qualm aus ihrem Fenster.
»Mein Vater hatte eine andere. Meine Mutter ist dahintergekommen und hat sich deswegen von ihm getrennt. Obwohl diese andere Sache schon fast vorbei war. Sie war so sehr gekränkt, verstehst du?«
Ich nickte.
»Aber inzwischen hat sich alles geändert. Volker, das ist mein Vater, würde gerne das Kriegsbeil begraben. Er möchte wieder mit ihr zusammen sein. Aber sie lässt ihn gar nicht mehr an sich ran. Sie sagt, sie liebt ihn nicht mehr. Aber ich glaube, sie hat einfach Schiss, dass er sie noch mal betrügen könnte.«
»Nicht zu Unrecht«, warf ich ein.
»Ich glaube ihm!«, sagte Lena mit Überzeugung. »Neulich Abend, als wir uns so dumm verpasst haben, da war ich bei ihm, und es geht ihm wirklich schlecht. Tagsüber hat er ihr Blumen geschickt. Aber sie kamen zurück. Die hat sie einfach nicht angenommen.«
Ich hatte nicht besonders viel Mitleid mit ihrem Vater. Ich bin eine monogam lebende Frau. Lügen und Betrügen liegen mir nicht im Blut, und ich mag es auch nicht besonders bei anderen. Viel zu oft hatte ich mitansehen müssen, wie daran Herzen brachen und in furchtbarem Leid an dieser Verletzung fast verbluteten.
»Deine Eltern sind doch auch geschieden. Haben sie je noch einmal einen Versuch gestartet, wieder zueinanderzufinden? Was ich sagen will, Michelin … Würdest du mir helfen? Ich hätte so gern, dass meine Eltern wieder zusammen wären. Ich glaube, das ist mein größter Wunsch.«
Ihre dunklen Augen glänzten verdächtig. Sie würde doch nicht weinen?
Ich wusste nicht, was ich zu all dem sagen sollte. Erst offenbart sie mir, dass sie glaubt, ihre Mutter habe ein Auge auf mich geworfen. Und dann bittet sie mich, ihr dabei zu helfen, eben jene Mutter erneut mit einem Fremdgeher zu verkuppeln.
»Wie hast du dir denn meine Hilfe so vorgestellt?«, erkundigte ich mich vorsichtig. Ich empfand nach unserem letzten gemeinsamen Abend Angela gegenüber durchaus eine gewisse Loyalität. Ich war nicht objektiv. Viel zu gut konnte ich verstehen, dass sie mit ihrem Ex nichts mehr zu tun haben wollte. Und so ganz allgemein fand ich es sehr vielversprechend, dass sie sich plötzlich an diese schöne Schauspielerin Jana erinnerte, in die sie ›vielleicht ein bisschen verliebt‹ gewesen war. Ich fand es vielversprechend, dass sie zumindest ansatzweise versucht hatte, Lena von ihren eigenen Gefühlen zu erzählen. Auch wenn jene Gefühle mich aus bisher nicht geklärten Gründen ein wenig beunruhigten.
Lena knetete das Lenkrad.
»Sie ist total angetan von dir. Ich glaube, sie mag dich wirklich. Und du sie doch auch?« Wieder konnte ich nur nicken. Lena nahm meine Bejahung mit etwas verkniffenem Gesicht auf. Irgendetwas daran schien ihr nicht recht zu behagen. »Du könntest mit ihr reden. Vielleicht hört sie auf dich.«
»Soll ich mit ihr reden oder soll ich sie eher überreden?«, fragte ich nach.
»Auf wessen Seite stehst du?«, erwiderte Lena wie aus der Pistole geschossen.
Oops! Ich war mir nicht bewusst gewesen, dass es zwei Seiten bei dieser Sache gab.
»Auf meiner selbstverständlich!«, sagte ich lachend. Diese Scheidungsgeschichte schien für Lena ein ganz heißes Thema zu sein.
Im Gegensatz zu ihr hatte ich damals bei der Trennung meiner Eltern versucht, mich vollkommen rauszuhalten. Sie waren erwachsene Menschen in einer zerstörten Beziehung, die selbst wissen mussten, wie es mit ihnen weitergehen sollte. Ich wollte nicht zwischen die Fronten geraten. Und ehrlich gesagt, lag mir diese Position heute immer noch nicht.
Lena beugte sich zu mir und sah mir eindringlich in die Augen. »He, mein Vater ist kein Arschloch. Falls du das denken solltest. Er ist ein super netter Typ, lieb und gescheit und … na ja, wir sind uns ziemlich ähnlich. Er hat einen Fehler gemacht, den er jetzt schwer bereut. Kann jedem mal passieren, oder? Ach, was rede ich hier die ganze Zeit? Du solltest ihn kennenlernen! Ja, was hältst du davon? Ich könnte euch einander vorstellen. Er wird dir gefallen, und du könntest bei meiner Mutter vielleicht erreichen, dass sie ihm zumindest die Chance auf einen gemeinsamen Abend gibt. Ein gemeinsamer Abend sollte doch wohl drin sein nach zwanzig Ehejahren, oder?«
»Warum studierst du nicht Jura statt Architektur? Du würdest jeden Geschworenen überreden.« Ich gab mich geschlagen. Um ehrlich zu sein, rührte mich ihr Vorschlag, mir ihren Vater vorzustellen.
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