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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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Es bedeutet auch in Lesbenkreisen eine Menge, die Eltern einer Frau kennenzulernen. Immerhin war das ein Schritt weiter zur festen Beziehung, die sich von einer Heten-Verlobung nicht mehr wesentlich unterschied.
    »Überzeugen«, korrigierte sie lächelnd. »Komm, lass uns raufgehen. Ich hab einen Mega-Durst. Nimmst du meine Tasche? Ich trag mein Saxophon. Besser, wenn ich es nicht im Auto lasse. Zu heiß.«
    Wir stiegen hinauf in meine Wohnung, und ich war froh, dass ich nach meinem ausgedehnten Schlaf heute Mittag die Küche aufgeräumt hatte. So konnte ich uns in aller Ruhe einen Tee machen, ohne dass ich in dreckigem Geschirr herumwühlen musste.
    Lena hatte ihre Schuhe abgestreift, ein Glas Apfelschorle hinuntergestürzt und schlich nun auf Socken durch die Wohnung, inspizierte alles. So holte sie auf ihre ganz eigene, leise, aber einnehmende Art die neulich ausgefallene Wohnungsbesichtigung nach.
    »Ich bin eine Katze«, erklärte sie mir, die ich ihr auf leisen Sohlen folgte. »Wenn ich irgendwo neu bin, muss ich alles beschnuppern. Da bin ich manisch.«
    »Tob deine Neurosen ruhig völlig ungehemmt aus«, ermutigte ich sie und fragte mich, was ich heute sonst noch so über sie erfahren würde. Etwas war anders heute. Sie zeigte sich mir ganz ohne Scheu, und ich war entschlossen, alles aufzusaugen, was sie mir preisgab. Schon allein, ihr dabei zuzusehen, wie sie sich mein Heim eroberte, war ein Erlebnis. Sie betrachtete die Fotos, die im Regal standen, die Bilder an den Wänden, nahm Muscheln in die Hand, die ich vom letzten Hollandtrip mitgebracht hatte.
    Schließlich kam sie vor der Schlafzimmertür an, die halb offen stand und den Blick aufs Bett freigab.
    Lena zögerte nicht und ging hinein.
    Ich dachte an die junge Frau auf dem Schwof, die sich an Infoblätter und Verzehrkarten geklammert hatte, deren Augen ruhelos herumgehastet waren, weil sie ein wenig eingeschüchtert war von der Übermacht der fremden Menschen und Rituale.
    Diese junge Frau war nicht mit in meine Wohnung gekommen. Hier vor mir stand eine andere. Und die war nicht ängstlich, nicht nervös, nicht unsicher. Lena hatte vielleicht ein wenig Scheu vor der Szene mit ihren vielen Gesichtern und den eingeschworenen Gemeinschaften, aber sie hatte keine Scheu vor dem Leben.
    Jackies Traum fiel mir ein. Das Kind und die Femme fatale. Wie hatte sie sich noch ausgedrückt? Das Kind wollte ganz und gar unschuldige Spiele spielen, ganz im Gegensatz zu der erwachsenen Frau …
    Ich atmete tief ein und betrat hinter Lena das Schlafzimmer.
    Es war ein wirklich schöner Raum, den ich in einem leuchtenden Orange gestrichen hatte, das in strahlendem Kontrast zu den weißen Möbeln und bodenlangen Vorhängen leuchtete.
    Lena trat an die Verandatür und sah hinaus in den Innenhof, in dem zwei große Linden standen und Schatten spendeten.
    »Nach Susanne hatte ich nicht mal ein kleines Knütscherchen«, sagte sie zu den sich leise bewegenden Blättern.
    »Das ist doch erst ein halbes Jahr her«, erwiderte ich, einen Meter hinter ihr. »Lass mal den Kopf nicht hängen. Das kommt manchmal schneller, als man denkt.« Fast hätte ich über meinen eigenen Witz laut gelacht. Aber nur fast, denn sie drehte sich herum. Aber sie sah mich nicht direkt an. Ihr Blick huschte immer wieder an mir vorbei, an die leuchtenden Wände, auf denen das Nachmittagslicht durch das Blätterdach dort draußen tanzte.
    »Könntest du vielleicht anfangen? Ich bin nicht so geschickt dadrin«, flüsterte sie plötzlich.
    Mein Hals kratzte. Dann ging ich zu ihr, einen Meter näheran und umarmte sie. Und jetzt hob sie den Kopf, um mich zu küssen.
    Der Geschmack ihres Mundes war ein neues Erlebnis für meine Sinne. Darin schwamm ein wenig Apfelsaft mit der vagen Ahnung von Zigarette und Pfefferminz.
    Lena schob mich langsam rückwärts, und ich konnte die Bettkante an meinen Waden fühlen. Ich ließ mich von ihr hintüber schubsen. Ein wenig heftig vielleicht. Ich zog sie mit mir, und da sie nicht damit gerechnet hatte, stießen wir mit den Köpfen aneinander.
    »Wow! Ich glaube, ich sehe schon Sternchen.« Mit der linken Hand hielt sie sich die Stirn.
    Ich lachte. Aber nicht lange, denn ihre rechte Hand, die ich nicht beaufsichtigt hatte, kroch plötzlich unter mein T-Shirt und verursachte eine Gänsehaut, die mir bis in den Nacken kroch und bis zu den Fußspitzen. Ich dankte irgendwem, wer auch immer dafür verantwortlich war, dass ich heute Morgen keinen BH angezogen hatte. Ich habe da

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