Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Landeck aufbewahrt.
Es fehlt ein Beinlein
Auf Mansaura, hoch über der Zelfen bei Tschagguns, war eine Magd auf der Maisäßhütte und versorgte das Vieh. In der Nacht zog plötzlich eine ganze Bande von Butzen um die Hütte und stürzte schließlich laut tobend herein. Die Magd schlotterte vor Angst und verkroch sich in einen dunklen Winkel. Nun machten sie ein Feuer im Herd, die Töpfe klapperten und sie fingen zu sieden und zu braten, zu schmausen und zu zechen an. Kurz vor dem Morgengrauen zogen die Butzen wieder ab und einer von ihnen rief:
„Es fehlt ein Beinlein, schnitzet ein Hölzlein.“
Mit diesen Worten konnte die Magd nichts anfangen und als sie in die Stube trat, fand sie nichts als Rossdreck. Im Stall ging sie wie gewöhnlich zu ihrer Lieblingskuh und begrüßte sie mit den Worten:
„Behüt dich Gott und segne dich Gott!“
Da stürzte die Kuh zusammen und wurde immer kleiner und kleiner, bis nur noch die leere Haut am Boden lag, wie man sie zum Gerber bringt. Darin fand die Frau die Knochen eingewickelt, und unter denen lag auch ein geschnitztes Hölzlein.
Die Butzen hatten die beste Kuh geschlachtet und aufgegessen. Dann hatten sie alle Knochen in die Kuhhaut gewickelt, einen Zauber gesprochen und die Kuh stand wieder bei den anderen. Doch hatten sie einen Knochen verloren und dafür dann einen Ersatz aus Holz geschnitzt. Durch die Segenswünsche der Magd fiel das Zauberwerk der Butzen wie ein Kartenhaus zusammen.
Im Montafon war ein Hirte eines Abends noch spät auf die Alpe Latons gekommen, um eine schwarze Kuh zu holen, die er bei der Almabfahrt nicht mitnehmen hatte können.
Er stellte die Kuh in den Stall und legte sich über Nacht auf die Pritsche in der Alphütte. Um Mitternacht zogen dann die Alpbütze in die Hütte ein und fingen unter einem Teufelslärm an zu kochen, zu sieden und zu braten. Der Hirt wachte davon auf und schaute ihnen ganz verdutzt eine Weile zu. Auf einmal aber rief ein Butz:
„Komm herab da von der Pritsche!“, und nun blieb ihm nichts anderes übrig, er musste herabkommen und mithalten. Auf einmal sah er, dass seine schwarze Kuh im Stall draußen ein klaffendes Loch im Leib hatte, und er dachte: „Die Kerle haben das Fleisch meiner Kuh aus dem Leibe geschnitten und bis zum Morgenrot fressen sie sie ganz auf.“
Nach dem Essen musizierten und tanzten die Butzen, dass die Alphütte fast aus den Fugen geriet. Bei Sonnenaufgang war von dem ganzen Treiben nichts mehr zu sehen und nichts erinnerte auch nur im Geringsten daran. Im blendenden Sonnenlicht sah der Hirte mit einem Mal an der Türe der Alphütte eine Haut aufgespannt, die er als die seiner schwarzen Kuh erkannte. Als er dann zur Tür ging, um sich das genauer anzusehen, da war die Kuhhaut verschwunden und die schwarze Kuh stand unbeschadet im Stall draußen.
Die Windsbraut
An einem heißen Nachmittag in der Heuzeit war auf dem Schröcker Älpele eine Bauernfamilie dabei, Heu einzutun. Wie oft in der Sommerzeit bildeten sich dunkle Gewitterwolken am Himmel. Mit einem Mal kam plötzlich ein starker Wind auf, fuhr in einen Haufen dürres Heu und wirbelte diesen vor den Augen der Heuer hoch in die Lüfte. Bei dem Schauspiel kam es den Leuten so vor, als würden sie in der Heuwolke noch etwas anderes sehen, sie konnten es in dem Gewirbel aber nicht so klar erkennen.
„Wie geht jetzt das mit dem Hexenmesser?“, fragte einer der jungen Burschen, halb im Ernst, halb im Scherz. Dabei zog er das Messer aus seinem Besteck, das zur örtlichen Tracht gehörte und dem Brauch nach an der linken Seite seiner Hose in einer Tasche war. Er holte kräftig aus und schleuderte es dann in die Heuwolke hinein. Dann wurde allen ganz komisch zu Mute, denn das Messer kam nicht mehr zurück. Sie suchten die ganze gemähte Wiese ab, fanden aber keine Spur von dem wertvollen Messer.
Im nächsten Frühjahr zog dann wie immer ein Trupp junger Handwerker als Steinhauer, Maurer und Handlanger in die italienische Schweiz und weiter nach Frankreich. Als sie schon fast am Ziel angekommen waren, kehrten sie noch in einem Gasthaus zu und einer der Burschen sah in einem Fenstersims ein Messer liegen, das er ohne Zweifel als das seine erkannte. Wie er sich das Messer genauer anschaute und es in den Händen hielt, kam der Wirt auf ihn zu und fragte ihn, ob er dies Messer kenne.
Dem jungen Tannberger kam die ganze Sache merkwürdig vor und er verneinte vorsichtshalber, er habe es sich nur genauer angeschaut, weil es eine besondere Form
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