Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Schuhe. Die Alte hatte wahr gesprochen, dieses Kleid wollte die Eitle haben, es war wie für sie gemacht. Mit flehendem Blick fragte sie nun, was denn das alles kosten sollte.
Darauf die Alte:
„Du fragst nach dem Kostenpunkt und hast doch gar kein Vermögen mehr. Womit du zahlen kannst, das weiß ich auch nicht, aber wir können tauschen, denn Geld und Gold habe ich genug. Ich werde dir das Kleid auf drei Tage und drei Nächte borgen. In der dritten Mitternacht werde ich als Lohn das bekommen, was von dem Kleid bedeckt wird.“
„Ja, ja, ja“, war die freudige Antwort der eitlen Frau, die so geblendet war, dass sie die Bedeutung der Worte gar nicht richtig verstand.
So kam denn die dritte Nacht und auch die Mitternachtsstunde, und die hochmütige Frau begann sich nun zu überlegen, was denn wohl die Alte eigentlich von ihr haben wollte. Ihr war gar nicht mehr wohl in ihrer Haut, je länger sie darüber nachdachte, und es überkam sie schließlich eine furchtbare Angst.
„Das Beste wird sein, wenn ich das Kleid schnell ausziehe und es über irgendein Möbelstück hänge“, dachte sie bei sich und wollte das Kleid, das wie maßgeschneidert passte, ablegen. Aber es war nicht möglich – das Kleid schien auf ihr angewachsen zu sein, sie brachte den Stoff einfach nicht herunter!
Schon war es zwölf Uhr und es klopfte laut an ihrer Tür. Als nun die Alte eintrat, da musste die Arme entsetzt hören:
„Tja, meine Liebe, nun komme ich, um zu holen, was wir verhandelt haben. Wie ich sehe, trägst du immer noch das Kleid, und so bist du mein Lohn!“, sprach die Alte und löste langsam ihre Gestalt auf. Wenig später stand der stinkende Teufel vor der erschrockenen Frau und, mit der Verwandlung einhergehend, begannen aus dem roten Samtkleid helle Flammen aufzuflackern und die arme Frau konnte sich nicht daraus befreien. Der Teufel hatte seine helle Freude an diesem Schauspiel – doch was war das? Als die Flammen am Hals angekommen waren, da fiel das Kleid wie eine zweite Haut von ihrem Körper und ein kleines Heiligenamulett kam zum Vorschein, das die Frau am Hals trug und das sie aus den Klauen des Teufels gerettet hatte. Dies war ein Wendepunkt in dem Leben der eitlen Frau und sie ging zur Buße in ein Kloster, wo sie den irdischen Freuden entsagte. Ihr früheres Haus aber wurde seitdem zum „Stoß im Himmel“ genannt und erinnert daran, dass hier das Laster der Eitelkeit ein bisher nie gekanntes Ausmaß angenommen hatte.
Die Hexe reitet einen Schmiedegesellen
In der Nähe von Rechnitz, im Günser Gebirge beim Geschriebenstein, stand früher eine Schmiede, in der neben dem Meister ein Geselle und ein Lehrjunge arbeiteten. Das ist schon viele Jahre her, in dieser Zeit hatte noch nicht jeder ein Bett für sich alleine, und so schliefen der Lehrbub und der Geselle in der Kammer in einem breiten Bett zusammen, das Platz genug für beide bot.
Dem Gesellen fiel dann irgendwann auf, dass der Junge in der Nacht oft nicht im Bett lag und er täglich blasser wurde und vor Schwäche kaum mehr arbeiten konnte. Er machte sich Gedanken über ihn und eines Tages stellte er ihn dann zur Rede. Verlegen erzählte ihm daraufhin der Junge, dass daran eine Hexe schuld sei.
„Um Mitternacht weckt mich oft eine Hexe aus dem Schlaf, sie befiehlt mir aufzustehen und wirft mir ein Pferdezaumzeug über den Kopf. Und sofort verwandle ich mich in ein Pferd. Dann schwingt sie sich auf meinen Rücken und wir rasen wie der Wind zum Haus hinaus. In der dunklen Nacht geht es kreuz und quer durch die Luft, mit der Peitsche treibt sie mich zu immer größerer Schnelligkeit an, bis ich nicht mehr weiterkann.“
Der Schmiedgeselle lachte laut auf und konnte der Erzählung des ehrlichen Jungen nicht glauben. „Der will mir einen Bären aufbinden“, dachte er bei sich, „oder dem fehlt’s ganz arg im Oberstübchen.“ Der Junge wurde aber immer trübsinniger und begann noch schlechter auszusehen, da machte sich der Geselle wieder seine Gedanken über ihn. Er beschloss, es mit einer List zu versuchen.
„Heute Nacht werden wir beide die Seiten im Bett tauschen, dann werden wir ja sehen, was passiert!“, schlug er dem Lehrjungen vor.
Er legte sich angekleidet auf das Bett und wartete, ob der unheimliche Besuch sich wirklich einstellen werde. Und richtig, genau um Mitternacht erschien die Hexe, und ein Gruseln lief dem Gesellen über den Rücken, als er sah, dass sie wirklich ein Zaumzeug in Händen hielt. Doch überwand er seinen
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