Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
sah er schwere Wolken hinter den Bergen aufsteigen. Da meinte er zu seiner Frau, er wolle doch lieber zu Hause bleiben, um die am Vortag gemähte Gerste unters Dach zu bringen, sonst könnte der Hagel die Körner ausschlagen.
Die Stase wollte aber an diesem Tag einen großen Hexentanz besuchen und beschwichtigte ihn schnell.
„Nein, nein, das wäre ja noch schöner. Das werde schon ich machen, schau du nur, dass du bei den Bauern viele „hinige“ Schuhe zum Flicken bekommst, so dass ein Geld hereinkommt. Die Gerste werde ich schon vor dem Gewitter einbringen.“
Das kam dem Mann doch komisch vor, wie wollte sie das wohl schaffen und wie konnte sie sich nur so sicher sein? Ihm fielen die komischen Worte seines Nachbarn ein, der immer wieder von einem Sattel sprach und von seiner Frau und dass da komische Dinge in seinem Haus vor sich gingen. Dennoch machte er sich auf zu dem weit entlegenen Hof, wo er um Arbeit fragen wollte. Der Zufall wollte es, dass der Hof genau am gegenüberliegenden Talhang von seinem Feld lag, von hier aus konnte er alles gut beobachten, was dort getan wurde. Schon fiel ein dicker Regentropfen herunter und gleich schon der nächste, und wie er zu seinem Acker hinüberschaute, sah er, wie eine Bauersfrau eine Gerstengarbe nahm und damit zur Scheune ging, und alle anderen Garben flogen wie eine Schar Tauben hinter ihr her.
Da wurde ihm ganz flau im Magen und er ließ Hammer und Ahle aus den Händen fallen.
„Ja, hast du denn noch nie von der Hexe Stase gehört?“, fragte ihn der Bauer, bei dem er auf der Stör war, „die solltest du mal sehen, wenn sie auf ihrem Hexensattel durch die Luft saust, es gibt kein Pferdegespann in unserem Land, das so schnell ist wie sie“, lachte der Bauer und verstand eigentlich nicht, warum der Schuster auf und davon lief.
„Sie tut aber niemandem etwas zuleide“, rief er ihm noch nach. Aber dem Schuster ging es um etwas ganz anderes, er selber lief zum Gericht von Landeck und zeigte seine Frau der Hexerei an.
Der Richter war ein Mann der Tat und schickte sofort eine Schar Gerichtsdiener, die die Hexe einfangen sollten. Diese Männer waren vom Fach und hatten einen kupfernen Kessel dabei. Wenn man das Weib gefangengenommen hatte, dann musste man sie schnell in den Kessel hineinschmieden. Einfache Eisenketten reichen bei Hexen nämlich nicht aus, diese können sie wie Wollfäden auseinanderreißen, Kupfer aber widersteht der Zauberkraft der Hexen. Und wirklich war die Hexe Stase an diesem Tag schon mit ihren Gedanken auf dem Hexenfest und freute sich bereits auf die sinnlichen Genüsse, sodass sie keinen der Gerichtsdiener bemerkte.
Schnell wurde sie in den Kupferkessel gesteckt und mit Hand- und Fußschellen angeschmiedet. Das war natürlich ein Schauspiel für die gesamte Nachbarschaft, und als sie, in ihrem Kupferkessel gefangen, an der Schule vorbei kam, rief sie nach den Kindern:
„Begrüßt man so eine Hexe?“, schrie sie grell lachend. „Werfen müsst ihr, werfen, Dreck, Steine, Erde, aber werfen müsst ihr. Könnt ihr nicht werfen?“ Ihre Stimme wurde dabei immer heller und kreischender, denn die Wächter verboten den Kindern bei Strafe, nur ja nichts auf diese Hexe zu werfen. Denn hätte nur ein Krümmelein Erde die Hexe berührt, so hätte sie die Macht bekommen, sich von ihren Fesseln zu befreien.
Im Landecker Gericht machte man kurzen Prozess mit der Stase und verurteilte sie als Hexe zum Tod auf dem Scheiterhaufen. Die Stase aber zeigte weder Furcht noch Reue und sagte trotzig, als sie auf den hoch aufgeschichteten Holzstoß stieg:
„Leitla, ich sage es euch, heute wird ein warmer Tag werden!“
Sogleich wurde der Scheiterhaufen angezündet, und als die kleinen Flammen sich langsam in alle Richtungen auszubreiten begannen, kamen wie aus dem Nichts schwarze Vögel dahergeflogen und löschten unter schrecklichem Gekrächze und mit wildem Geflatter die emporzüngelnden Flammen aus. Ein Raunen ging durch die Zuschauermenge, aber die Gerichtsdiener ließen sich von nichts beirren und zündeten den Scheiterhaufen ein zweites Mal an. Und wieder kamen diese seltsamen dunklen Vögel und begannen unter wildem Getue das Feuer zu ersticken. Ins nächste Feuer wurden dann geweihte Sachen geschmissen, so wurde die Macht der Teufelstiere zunichte gemacht.
Hexe Stase fand nun auf dem Scheiterhaufen ihren Tod und verbrannte zu Staub und Asche. Ihr Sattel, auf dem sie so gerne als Hexe durch die Lüfte flog, wird noch bis heute auf dem Schloss
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