Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Schrecken, packte die Hexe fest an und warf der gespenstischen Gestalt schnell selber das Zaumzeug über den Rücken. Und augenblicklich hatte sich die Hexe in ein Pferd verwandelt.
„Lehrbub, steh auf!“, brüllte er seinen schlafenden Bettkameraden an, „und schau dir einmal dieses Teufelsross an! Aber schau genau, denn da fehlt ja noch etwas! Los, komm, wir wollen es beschlagen, damit es seinen Ritt besser machen kann, so wie es sich für unsere Zunft gehört!“
Dabei packten sie das sich sträubende Hexenpferd und zerrten es in die Schmiede hinunter, wo sie es kunstgerecht beschlugen. Alsdann schwangen sich beide auf den Rücken des Pferdes und ritten hinaus in die helle Mondnacht. Sie hetzten es unter Hussa- und Hollarufen über Wiesen und Felder, dass es schnaufend und schäumend fast nicht mehr weiterkonnte. Dann lenkten sie es zur Schmiede zurück, stiegen vom Rücken des zitternden Gauls und jagten ihn mit ein paar tüchtigen Gertenhieben zum Teufel.
„Hoffentlich hat das Biest jetzt genug für alle Zeiten“, meinte lachend der Geselle, als er mit dem Lehrbuben wieder ihr Nachtlager aufsuchte.
War die Nacht nicht aufregend genug gewesen, so sollten sie erst am nächsten Tag ihr wahres Wunder erleben! Als sich der Geselle mit dem Lehrjungen frühmorgens an den Küchentisch setzte und auf das Frühstück wartete, ließ sich die Meisterin nicht blicken. Auch der Meister begann ärgerlich über seine nachlässige Frau zu murren und rief ärgerlich nach ihr. Keiner von ihnen hatte sie bis jetzt zu Gesicht bekommen, und schließlich ging er zornig in der Schlafstube suchen, wo er die Meisterin auch fand – sie lag noch im Bett.
Schimpfend riss ihr der Schmied die Bettdecke weg, unter der sie sich zu verstecken suchte. Als er die Decke in den Händen hielt, fuhr er entsetzt zurück. Der Geselle aber hatte geahnt, dass bei der ganzen Sache etwas nicht stimmte. Er hatte schon einmal etwas beobachtet, das nicht mit rechten Dingen zuging. Da hatte die Meisterin Topfennudeln gekocht und er konnte beobachten, dass sie den Topfen auf die Nudeln gespien hatte. Seitdem hatte er die Topfennudeln der Meisterin nie wieder angerührt.
Vor ihnen lag nun die Frau, und ihre Hände und Füße waren mit Hufeisen beschlagen. Der arme Meister erschrak so sehr, dass ihn der Schlag traf und er tot zu Boden stürzte. Geselle und Lehrjunge verließen noch am gleichen Tag eiligst die unheimliche Schmiede. Die Meisterin aber wurde als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Andere wiederum beschwören, dass der Schmied selber zur Pistole griff und seine Frau erschoss, deswegen aber nie vor Gericht gestellt wurde, denn schließlich war seine Frau eine Hexe gewesen.
Die Hexe Stase von Landeck
Immer, wenn im Sommer schwarze Wolken über dem Talkessel von Landeck aufzogen, dann dauerte es nicht lange, und man sah eine Hexe auf einem Sattel, aber ohne Pferd, durch die Lüfte fliegen. Dabei hielt sie einen Besen in den Händen und fegte die Wolken dorthin, wo sie sie haben wollte. Auch konnte sie damit die Intensität des Regens bis hin zum Gewitter bestimmen. Jeder kannte sie und von allen wurde sie nur die „Hexe Stase“ genannt.
Wenn sie nun zu Hause dabei war, ein Mus zu kochen und ihr ging dabei das Salz aus, dann schwang sie sich während des Kochens schnell auf ihren Sattel und flog dorthin, wo man in Tirol das Salz abbaute, nach Hall in Tirol.
Das ging eine lange Zeit so dahin, die meisten wussten, dass die Stase eine Hexe war, schließlich wurde sie auf ihren Flügen auch von vielen Menschen gesehen. Einzig ihr Mann schien von ihrem Treiben nichts zu bemerken, aber vielleicht lag es auch daran, dass er als Schuster auf die Stör ging und daher nie lange daheim bei seiner Frau wohnte. Irgendwann versuchte ihn ein Nachbar auf das seltsame Treiben seiner Frau anzusprechen, doch der verstand überhaupt nicht, worauf jener hinaus wollte.
„Na, das weißt du doch, ich flicke und stelle Schuhe her, für einen Sattel musst du schon zum Sattler gehen. Ist es das, was du wissen wolltest, sag, was redest du denn heute für ein wirres Zeug daher? In meinem ganzen Haus gibt es keinen Sattel, wozu auch? Ich bin Schuster und ein Pferd haben wir auch nicht!“
Nun war sich der Nachbar sicher, dass der gute Mann der Hexe Stase sicher nichts von ihren Teufelskünsten wusste.
Neben seinem Handwerk hatte der Mann noch einen kleinen Acker, wo er meistens Gerste anbaute. Als er eines frühen Morgens sein Handwerkszeug zusammensuchte,
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