Die Schöpfungsmaschine
in Weinsoße, später Schwarzwälder Kirschtorte, dazu Moselwein und später eine Auswahl erlesener Spirituosen. Während des Essens unterhielt man sich über das Leben auf der Rückseite des Mondes, über Sarahs Arbeit in Marlboro, Nancys Kindheit in New York, und Clifford berichtete über seine Erfahrungen als Felskletterer in Yosemite. Zimmermann und Morelli tauschten Geschichten über die Zeit aus, die sie in Europa verbracht hatten, Sarah erzählte von England, und Aub löste Lachstürme aus, wenn er von seinen Eskapaden in Berkeley und anderen Orten erzählte. Zwischen den Männern bestand eine stille Übereinkunft: Wenn die Ereignisse des Tages auch für jeden von ihnen das denkbar wichtigste Thema darstellten, so waren sie doch bei einem Anlass wie diesem tabu.
Nachdem das Geschirr abgetragen war und man gemeinsam noch eine halbe Stunde schwatzend und scherzend bei einem Drink zugebracht hatte, führte Nancy Sarah nach draußen, um ihr den See und die Pinienwälder der Umgebung bei Sonnenuntergang zu zeigen. Die Hintertür zur Küche war kaum ins Schloss gefallen, da senkte sich schon eine völlig veränderte Atmosphäre auf den Raum, bevor noch jemand etwas gesagt hatte. Niemand brauchte das Thema zur Sprache zu bringen; sie hatten ohnehin alle nur einen Gedanken. Zimmermann ergriff als erster das Wort:
„Ich nehme an, dass Sie schon daran gedacht haben, die ganze Angelegenheit dem IWG-Hauptquartier in Genf vorzutragen, Al. Es wäre eine Möglichkeit, die Schwierigkeiten zu umgehen, wenn andere IWG-Institute für euch die Bestellungen aufgeben würden. Das Material könnte dann im internen Verkehr hierher nach Sudbury geschafft werden.“
„Ja, das ist uns auch schon eingefallen“, sagte Morelli, „aber das ist nun einmal unsere Angelegenheit. Wenn ich auf der schwarzen Liste stehe, dann muss ich damit fertig werden. Es würde die Lage eher verschlimmern als verbessern, wenn man die ganze IWG in die Sache verstrickt. Außerdem … – Brad hat es ja schon gesagt – wenn man erst Wind davon kriegt, woran wir arbeiten, dann wimmelt es hier bald von Regierungsagenten.“ Er nippte an seinem Drink und schaute nachdenklich ins Glas. „Wenn ich bedenke, was hier in der letzten Zeit abgelaufen ist, dann fürchte ich sowieso, dass sie schon Lunte gerochen haben.“
„Ich fürchte, ich muss Ihnen beipflichten“, sagte Zimmermann mit einem Seufzer. „Wenn ich in Ihrer Lage wäre, würde ich genauso denken. Im großen und ganzen genießt die IWG eine außerordentliche Unabhängigkeit, was ihre Aktivitäten angeht, und sie achtet natürlich darauf, dass dies so bleibt. Wir dürfen nichts tun, das eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen der IWG und der Regierung heraufbeschwört – das gilt für alle Regierungen.“ Der Professor dachte noch einmal über seine Worte nach, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, Sie haben recht. Wir können keine höhere Ebene der IWG einschalten.“
„An wen können wir uns dann wenden?“ fragte Aub.
„Über diese Frage zerbreche ich mir seit heute Nachmittag den Kopf“, erwiderte Zimmermann. „Meine Herren, Sie haben ein Problem. Wenn Sie es lösen wollen, wird es nötig werden, dass Sie einige Ihrer ehrenwerten Ideale aufgeben und dass Sie sich arrangieren. Sie müssen sich – bis zu einem gewissen Grad – mit der Wirklichkeit abfinden, die uns umgibt. Ich habe so etwas schon einmal erlebt. Sie können mir glauben, Sie können das System nicht besiegen. Sie haben gerade erst den Anfang erlebt. Es wird noch viel schlimmer werden. Sie dürfen die Leute nicht unterschätzen, mit denen Sie es zu tun haben. Die große Mehrzahl ist dumm, aber sie haben die Macht, und das ist eine furchterregende Kombination. Wenn sie es können, werden sie Sie vernichten, geistig und womöglich auch körperlich. Zerstörung, das ist ihr Lebensinhalt.“
„Was sollen wir also tun?“
„Wenn Sie sich weiterhin der Einsicht verschließen, dass die Macht, die Ihr Projekt vollenden oder zerschlagen kann, außerhalb Ihres Einflussbereiches liegt, dann wird diese Macht wachsen, bis sie Sie besiegt. Darum müssen Sie sich eingestehen, dass es sie gibt und dass sie nicht verschwindet, indem Sie sie ignorieren. Das ist der erste Schritt. Nur wenn Sie begreifen, dass es diese Macht gibt, können Sie sie für Ihre Zwecke gebrauchen.“
„Sie gebrauchen?“ fragte Clifford verwirrt. „Wie meinen Sie das, sie gebrauchen?“
„Ganz einfach. Sie sind sich sicher klar darüber, was der
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