Die schottische Braut
die ich vollziehe – und nicht für eine Hochzeit verwendet werden, die in einem anderen Distrikt stattfindet. Wie kann ich sicher sein, dass Sie die Zustimmung besagter Dame haben?”
Harris legte die Hand auf die Bibel des Richters. “Ich schwöre vor Gott, Sir, dass ich ihr Jawort habe.”
“Ich habe ihr Jawort” wiederholte Harris zwölf Stunden später zu sich selbst und atmete dabei tief die Seeluft ein.
Genau genommen … hatte er nicht gelogen.
Am Kai von Kirkcudbright hatte Jenny geschworen, ihm jeden Wunsch, der in ihrer Macht stand, zu gewähren, vorausgesetzt, er würde sie sicher nach Miramichi bringen. Er hatte seinen Teil der Abmachung gehalten. Nun sollte Jenny den ihren halten. Er wusste allerdings, dass sie an etwas anderes gedacht hatte, als sie den Pakt schlossen. Und er erinnerte sich ihrer Worte:
Wenn Sie irgendetwas tun, um meine Vermählung mit Roderick zu verhindern, Harris Chisholm, dann werde ich Sie nicht heiraten, selbst wenn Sie der letzte Mann in ganz Amerika wären.
Harris konnte nur darum beten, dass der Wind die
St. Bride
schnell vorantrieb und dass Jenny ihre Meinung geändert hatte.
Der Vikar von St. Mary schenkte dem Brautpaar ein huldvolles Lächeln. Hatte er den betroffenen Ausdruck in Jennys Gesicht oder die förmliche Art, mit der sie von Roderick Abstand hielt, erkannt, so ließ er es sich nicht anmerken. Er öffnete das Buch zum gemeinsamen Gebet und begann mit der Zeremonie.
“Geliebtes Brautpaar, wir haben uns hier im Angesicht Gottes versammelt, um diesem Mann und dieser Frau die heiligen Sakramente der Ehe …”
Für Jenny schien die Zeit stillzustehen. Gleichzeitig bemerkte sie die Staubkörner, die in den einfallenden Sonnenstrahlen tanzten, die abgestandene Luft in dem Gotteshaus und das leise Quietschen der Türangeln vom Vestibül.
“Ich fordere euch nun beide auf”, begann der Vikar feierlich, “wenn es ein Hindernis gibt, warum ihr nicht gesetzmäßig verbunden werden dürft, und das am Tag des Jüngsten Gerichts, wenn alle Geheimnisse offenbart werden, ohnehin kundgetan wird, so gesteht es nun. Ist jemand unter uns”, fuhr er nach einer Atempause fort, “der weiß, warum dieses Paar nicht in den Stand der Ehe treten soll, dann möge er nun sprechen oder für immer schweigen.”
Er holte kaum Luft, ehe er mit der Zeremonie fortfuhr: “Willst du, Rod…”
Eine Stimme erklang aus dem hinteren Teil der Kirche. Eine Stimme, die Jenny niemals mehr erwartet hatte zu hören. Nun wurde ihr bewusst, dass sie diese Stimme im Innersten ihres Herzens vermisst hatte.
“Geben Sie einem Mann Gelegenheit, das Wort zu ergreifen, Reverend.”
Jenny wagte nicht, sich umzudrehen. Vielleicht irrte sie sich, und es war gar nicht Harris. Der Vikar war sprachlos und sein Blick ungläubig.
Rodericks finsteres Gesicht verdunkelte sich noch mehr. “Hören Sie nicht auf ihn, Vikar. Fahren Sie mit der Zeremonie fort.”
“Aber … das … das ist äußerst merkwürdig. Junger Mann, möchten Sie sich gegen diese Verbindung aussprechen?”
“Ja, das möchte ich.”
“Dann treten Sie vor und sagen Sie, was Sie zu sagen haben.”
Jenny hörte Schritte, die sich dem Altar näherten. Schritte, denen man anhörte, dass jemand hinkte. Sie wandte sich um und sah, wie Harris den Gang entlanghumpelte.
Was war ihm zugestoßen?
Eine böse aussehende Wunde an seiner Stirn schien zu verheilen. Seine blutunterlaufenen Augen spiegelten alle Farben wider. Seine Unterlippe war ein wenig geschwollen. Für Jenny indes war Harris’ Anblick der liebste und willkommenste seit Langem. Sie konnte sich kaum zurückhalten, sich ihm in die Arme zu werfen.
“Nun?” forderte der Vikar Harris auf.
“Die Hochzeit kann nicht stattfinden.” Er blieb neben Jenny stehen und warf ihr einen verstohlenen, Verzeihung heischenden Blick zu. “Weil ich ältere Rechte an der Braut besitze. Ich bin heute gekommen, um sie selbst zu heiraten.”
“Unsinn!” wetterte Roderick. “Ich warne Sie, Chisholm, verschwinden Sie von hier, bevor ich …”
“Bevor mich Sweeney und McBean zusammenschlagen? Sie hatten schon einmal ihren Spaß mit mir. Können Sie sich nicht etwas Besseres einfallen lassen?”
Jenny löste ihre Hand von Roderick. “Oh Harris!” Sie hätte wissen müssen, wie er zu seinen Verletzungen gekommen war. Lieber hätte sie selbst jeden dieser Schläge auf sich genommen, als ihn leiden zu sehen.
“Das ist lächerlich!” beharrte Roderick. “Ich möchte verdammt sein,
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