Die schottische Braut
behaupten, doch es ist etwas anderes, wenn das Leben tagein, tagaus von Mühsal geprägt ist. Du kannst mir glauben, Harris, ich vertraue mir selbst nicht. Ich möchte nicht, dass du meinetwegen noch Schlimmeres erduldest, als du es schon tatest.”
Er blickte hinüber zum Vikar, dem Friedensrichter aus Chatham und Roderick Douglas. Ihre Auseinandersetzung über die Heiratsgenehmigung schien abgeschlossen zu sein.
“Hör mir zu, Jenny.
Nichts
auf dieser Welt könnte mir mehr Leid bereiten als der Gedanke, dass du mit einem Rohling wie Douglas vermählt wärest. Die Vorstellung machte mich fast verrückt auf dem Weg nach Richibucto. Weise mich nicht zurück, nur weil du edel sein möchtest und nur das machst, was das Beste für mich ist. Ich weiß, was ich tue, und du halte dein Versprechen.”
Jenny wankte in ihrem Entschluss. Jetzt, da sie wusste, wie sehr sie Harris liebte, wollte sie das Beste für ihn. Doch jetzt ließ er ihr keine Wahl. Auf die eine oder andere Art würde sie ihm viel Kummer bereiten.
Der Vikar räusperte sich. Die Hochzeitsgäste, die aufgeregt durcheinander flüsterten, verstummten. Jenny hielt den Atem an.
“Mr Chisholm, obwohl die Angelegenheit äußerst ungewöhnlich ist, scheint das Dokument echt zu sein.” Der Vikar warf Roderick Douglas einen hilflosen Blick zu.
“Ich behaupte immer noch, es ist eine Fälschung. Woher soll ein armer Mann wie er das Geld haben, die Heiratsgenehmigung zu bezahlen?”
Harris antwortete mit ruhiger, kräftiger Stimme: “Niemand ist mittellos, wenn er Freunde hat, Douglas. Doch ich vermute, dass Sie nicht sehr viel Erfahrung darin haben.”
“Sie Unruhestifter …” Roderick hob drohend die Hand gegen Harris.
Jenny trat dazwischen. Sie schloss die Augen und erwartete, jeden Moment von der vollen Wucht des Schlages getroffen zu werden.
Sie hörte den Vikar rufen: “Mr Douglas, bitte!”
Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Roderick um Fassung ringen. Langsam ließ er die Hand sinken und streckte sie ihr entgegen.
“Dieses Blatt Papier ist bedeutungslos, Janet, wenn Sie vor allen hier erklären, dass Chisholm lügt. Kommen Sie, beenden wir diese Angelegenheit, und bringen wir unsere Hochzeit zu Ende.”
Keine Frage, dieser Mann war es gewohnt, zu befehlen, und es fiel schwer, ihm nicht zu gehorchen. So wie sie Harris behandelt hatte, verdiente sie es nicht besser. Jenny holte tief Luft und gab ihre Antwort kund.
Harris wartete darauf, dass Jenny sprach. Er war bis aufs Äußerste gespannt. Ihrem Blick nach zu urteilen, hatte sie das wahre Gesicht von Roderick Douglas erkannt. Konnte sie nun ein Leben mit Douglas wählen anstatt mit ihm? Und wenn sie das tat … wie sollte er es ertragen?
“Es tut mir leid”, begann sie und blickte Harris tief in die Augen.
“Mr Chisholm sagt die Wahrheit. Ich gab ihm ein Versprechen, ehe wir Schottland verließen. Ich glaubte nicht, er könnte es von mir einfordern, so habe ich meine Hochzeit mit Mr Douglas vorbereitet. Doch wenn Harris mich noch immer mag, muss ich mein erstes Versprechen halten.”
Hatte er richtig gehört … oder wünschte er sich so sehr diese Worte, dass er sie sich einbildete?
“Metze!” stieß Roderick Douglas hervor. “Dirne! Ganz gewiss hast du für diesen Kerl die Röcke gehoben, den ganzen Weg von Dalbeattie bis hierher.”
Dieser Wutausbruch ließ Harris aus seiner Benommenheit erwachen. Das Bewusstsein, dass Jenny ihm den Vorzug gab, erweckte in ihm beinahe übernatürliche Kräfte. Harris packte Roderick Douglas am weißen Hemd und hob ihn vom Boden empor.
“Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich eines gemäßigteren Tones
meiner
Braut gegenüber befleißigten. Denken Sie daran, was der Pfarrer über das Benehmen in einem Gotteshaus sagte.”
Wütend befreite Douglas sich aus dem Griff. Er blickte zu den sprachlosen Hochzeitsgästen und bemühte sich, seine verlorene Würde zurückzugewinnen. “Dann nimm sie. Ich will sie jetzt nicht mehr. So eine liederliche Person ist gewiss kein Weib für einen Mann in meiner Position.” Er warf Jenny noch einen verächtlichen Blick zu, ehe er aus der Kirche stolzierte.
Einen Moment schwiegen die Hochzeitsgäste erstaunt, bevor sie sich von den Bänken erhoben und sich entfernten. Das Gotteshaus war nun bis auf Harris, Jenny, den Vikar und Kapitän Glendenning verlassen.
Harris zog Jenny zum Altar.
“Würden Sie uns trauen, Sir?”, fragte er den Vikar.
“Bei meiner Seele, warum nicht?” Der Vikar
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