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Die schottische Rose

Die schottische Rose

Titel: Die schottische Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo MacDoherty
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dunklen Locken auf seiner Brust enthüllte. Es war eine sehr breite, sehr männliche Brust, muskulös und wie aus Marmor gehauen, stellte sie fest, während ihr Blick weiter nach unten glitt. Statt eines Pferdeleibs wie bei einem Kentauren schloss sich an die schmale Taille des Mannes eine ebenfalls schmale Hüfte mit ansehnlichen langen Beinen an, die nicht in einem Kilt steckten, wie Juliet mit einem kurzen Anflug des Bedauerns feststellte, sondern in einer engen Lederhose und in zwei schwarzen Reitstiefeln endeten, einer feinen Arbeit eines ausgezeichneten Schusters.
    Obwohl Stiefel und die Hose ein wenig abgeschabt waren und schon bessere Tage gesehen zu haben schienen, tat das der ehrfurchteinflößenden Wirkung seines Auftritts keinen Abbruch. Allerdings hätte er wohl auch barfuß Eindruck gemacht, was vor allem an dem schweren, bedrohlich funkelnden Langschwert lag, das er locker in der Hand balancierte, während er es dem ersten Burschen an die Kehle setzte. In der anderen hielt er eine gespannte Arbalest, eine fürchterliche Waffe, deren verheerende Wirkung Juliet von den Übungen der Soldaten ihres Vaters kannte. Der Bolzen dieser Waffe durchschlug mit Leichtigkeit selbst eine gepanzerte Rüstung, und was sie mit der Brust des halbnackten Wilderers vor ihr im Wasser anfangen würde, mochte sie sich lieber nicht vorstellen. Obwohl sie froh war, dass dieser Mann wie aus dem Nichts zu ihrer Rettung aufgetaucht war, hielt sie unwillkürlich den Atem an. Trotz seines unbestreitbar guten Aussehens strahlte er eine eisige, fast tödliche Ruhe aus, und sie erwartete jeden Moment, dass er die beiden Männer umbrachte. Sie war hin- und hergerissen zwischen ihrer Wut, in die ihre Furcht umgeschlagen war, als sie so unverhofft aus ihrer gefährlichen Lage gerettet worden war, und ihrem angeborenen Abscheu vor Gewalt und Blutvergießen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, sprach der Fremde weiter.
    »Wie ich sehe, Gentlemen«, sagte er, »sind eure Rucksäcke wohl gefüllt. Ich nehme an, dass ihr mir erklären könnt, wie das Wild, das ich zweifellos darin finden werde und das ebenso zweifelsfrei nicht euch gehört, dort hineingekommen ist, hm?« Seine Stimme klang tief und gelassen, fast amüsiert, aber sie hatte einen stählernen Unterton, bei dem es Juliet erst heiß und dann kalt über den Rücken lief, was natürlich an dem kühlen Wasser des Teichs lag, wie sie sich hastig einredete.
    Die beiden Wilderer hatten sich nicht gerührt, seit Connor aufgetaucht war und sie mit seinen Waffen in Schach hielt. Der Mann, der Connors Klinge an seiner Kehle spürte, wagte kaum zu atmen, geschweige denn, sich zu bewegen, und starrte nur entsetzt zwischen dem Schwert, Connors unerbittlichem Blick und seinem Kumpan hin und her. Juliet hatte er vollkommen vergessen. Schließlich schüttelte der Wilderer im Wasser hastig den Kopf.
    »Nein, Herr, Master, Sire«, stammelte er. »Es ist …« Er sah seinen Kameraden ratlos an, doch plötzlich hatte er eine Idee. »Wir haben es gefunden, Herr, Master, Sire.«
    »Gefunden? Tatsächlich? Kann es sein, dass das Wild jemandem abhandengekommen ist und ihr es nur zurückgeben wolltet, hm?«
    Der Wilderer im Weiher nickte beflissen, und sein Kumpan hätte wohl auch gern genickt, traute sich aber nicht, weil die Klinge, die so schmerzhaft gegen seine Kehle drückte, keinen Zentimeter von der Stelle gewichen war.
    »Schön. Das werde ich für euch erledigen, einverstanden?«
    Wieder nickte der Wilderer. Er war bereit, alles zu tun, solange dieser verdammte Fremde mit der Arbalest direkt auf sein Herz zielte.
    Juliet hatte sich allmählich von ihrem Schrecken erholt, und jetzt wurde ihre Wut von der Empörung darüber neu entfacht, dass der Fremde sie anscheinend wie Luft behandelte. Worum ging es hier eigentlich?, dachte sie. Um irgendwelche Karnickel oder um mich? Schließlich war sie das Hauptopfer dieser beiden Kerle, nicht irgendwelches Wildbret, das sie erlegt hatten! Sie holte tief Luft, doch sie kam nicht dazu, ihrer Entrüstung freien Lauf zu lassen.
    »Und nun zu dem ernsteren Vergehen, dessen ihr euch schuldig gemacht habt, Gentlemen.« Jede Spur von Humor war aus der Stimme des Mannes verschwunden, als er den Kopf hob und mit seinem markanten, unrasierten Kinn auf Juliet deutete. »Ihr wisst, was mit Vergewaltigern und Mördern passiert, die es hier in Schottland wagen, eine hilflose Lady anzufallen?«
    Der Wilderer erstarrte. »Aber Herr, wir wollten nur …«
    »Schweig,

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