Die Schreckenskammer
schnellen Dusche und einem Glas Rotwein ging ich mit Erkinnens Buch in der Hand ins Bett.
Serienmörder: Das umfassende Handbuch.
Nachdem ich die Kissen genau dort hatte, wo ich sie haben wollte, schlug ich das Buch auf und überflog die Inhaltsangabe. Die Fallstudien betrafen Mörder, die mir nur allzu bekannt waren. Ich glaube, das war es, was zumindest einige von ihnen wollten, Ruhm und Unsterblichkeit. Es gab auch einen Abschnitt über historische Mörder; von einigen hatte ich gehört, von anderen nicht. Jack the Ripper – wer kennt den nicht; Vlad Tepes, der legendäre Pfähler und das historische Vorbild für Graf Dracula; Elisabeth Bathory, die Gräfin, die glaubte, das Blut einer Jungfrau würde ihre Haut glatt erhalten, und deshalb regelmäßig darin badete. Gilles de Rais, ein Name, den ich nicht kannte, den uns aber die Geschichte als Blaubart überliefert, so zumindest der Untertitel des Kapitels.
Ich hatte immer gedacht, Blaubart wäre ein Pirat gewesen. Ich schätze, das war dann wohl eher Schwarzbart.
Ein Kapitel war eine methodische Einführung, ein anderes lieferte detaillierte Beschreibungen der Bedingungen, die Männer mit gewalttätigen Neigungen zu den schlimmsten Monstern formten. Ich dachte darüber einen Augenblick nach und kam zu dem Schluss, dass ich in dem Kapitel wahrscheinlich etwas finden würde, das ich meinen eigenen Kindern antat, und dann als Mutter ein noch stärkeres schlechtes Gewissen haben würde. Keine gute Idee, dieses Kapitel zu lesen, wenn die Kinder beim Vater sind. Aber ich konnte ihm offenbar nicht widerstehen.
Vieles, was das Buch vorbrachte, war nur gesunder Menschenverstand. Man nehme alle Eigenschaften, die wir als abnormal oder pervers betrachten, und forme daraus eine einzige Persönlichkeit. Neunzig Prozent von ihnen waren Bettnässer, und die meisten davon berichteten von schweren Konflikten mit Eltern oder Fürsorgeberechtigten wegen dieses Problems. Mehr als achtzig Prozent waren als Kinder missbraucht worden. Die meisten zeigten sich von Natur aus schüchtern oder, genauer gesagt, introvertiert. Der Autor argumentierte, dass körperlicher und sexueller Missbrauch, gewöhnlich durch den dominanten Mann in ihrem Leben, der Grund dafür sei. Einige der untersuchten Mörder gaben an, dass sie von ihren Müttern oder Großmüttern betatscht oder zum Sex gezwungen worden seien.
Verdammte kranke Mistluder.
Und Erkinnen hatte Recht – der stärkste Indikator dafür, dass aus einem menschlichen Wesen ein Serienmörder wird, ist, zumindest nach diesem Autor, die Tatsache, dass derjenige mit einem Y-Chromosom geboren wurde. Natürlich steckte noch viel mehr dahinter, denn ansonsten wäre die ganze Welt in Schwierigkeiten – sie waren auch Brandstifter und Drogenkonsumenten und Alkoholiker und Sexsüchtige. Aber das Mannsein war der überwältigende gemeinsame Faktor.
Sie töteten als Kinder und Teenager kleine Tiere und mieden in gesellschaftlichen Situationen die Nähe anderer. Sie waren Einzelgänger, die jedem unnötigen Kontakt aus dem Weg gingen. Sie waren Unruhestifter in der Schule, schlechte Schüler trotz ihrer beachtlichen Intelligenz. Sie waren Soziopathen, die keine Reue empfinden konnten, und Psychopathen, die sich nicht unter Kontrolle hatten.
Aber vor allem waren es Fantasten. Sie stellten sich vor, was sie tun wollten, bevor sie den Mut fassten, es tatsächlich zu tun. Einige berichteten von detailreich ausgearbeiteten mentalen Vorbereitungen für ihre Verbrechen …
Ich legte den Finger auf die Seite und schloss für einen Augenblick das Buch. Detailreich ausgearbeitete mentale Vorbereitungen. Mein Kerl musste so etwas getan haben – wie es aussah, hatte er Abstände von mindestens zwei Monaten zwischen den Entführungen, und in dieser Zeit musste er etwas tun. Aber was war mit materiellen Vorbereitungen? Die mussten in diesem Fall eine große Rolle spielen, falls Doc Recht hatte.
Ich steckte eine Haarnadel auf die Seite, um die Stelle zu markieren, und legte das Buch weg. Es war wirklich nicht gerade Bettlektüre, und jetzt hatte ich mich mit etwas angesteckt, worüber ich nachgrübeln und nachgrübeln würde, bis es für mich mehr Sinn ergab. Und wovon ich wahrscheinlich in dieser Nacht träumen würde.
Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen war, dass ich Doc schon bald ein weiteres Mittagessen spendieren würde.
Ein spürbares Gefühl der Heiterkeit überkam mich, als ich am Samstagvormittag den ordentlichen Stapel Fallakten
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