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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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zu beschleunigen, kann ich Ihnen jetzt allerdings schon sagen, dass die Intervalle im Allgemeinen immer kürzer werden. Wenn das erste Intervall ein paar Wochen oder einen Monat beträgt, verkürzt sich das zweite auf zwei Wochen, das nächste vielleicht auf zehn Tage und so weiter. Wenn es dann nur noch ein paar Tage sind, kriegen wir sie meistens, weil sie die Vorbereitungen überstürzen und sich nicht mehr unter Kontrolle haben und deshalb anfangen, Fehler zu machen.«
    »Ich liebe es, wenn sie diese Fehler machen.«
    »Ja«, sagte er. »Fehler auf Seiten des Mörders können sehr willkommen sein. Aber es sieht nicht so aus, als wäre Ihr Täter schon an diesem Punkt. Wie Sie mir gesagt haben, ging diese Verschleppung ja ziemlich reibungslos vonstatten, wie auch die anderen beiden, in die Sie sich hineingekniet haben. Würde mich interessieren, was sich bei den anderen Fällen in Bezug auf die Intervalle ergibt. Wenn Sie sein Intervallmuster herausgefunden haben, dann haben Sie zwei Informationen über diesen Kerl. Sie wissen bereits, wie seine Fixierung aussieht, und dann wissen Sie, wie verzweifelt dieser Kerl ist.«
    Ich fragte mich allmählich, ob er sich noch an unser erstes Gespräch erinnerte, in dem wir über Nathan Leeds’ Mutter gesprochen hatten. »Doc«, sagte ich, »falls wir es mit einem Serienentführer zu tun haben, bin ich mir nicht sicher, ob es ein Kerl ist.«
    Er starrte mich an. »Haben Sie einen Grund zu glauben, es könnte sich um eine Frau handeln?«
    »Der Leeds-Fall, wissen Sie noch? Die Mutter, von der wir dachten, sie könnte das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom haben, weil es so aussah, als hätte sie ihren eigenen Jungen entführt?«
    »Ach ja, richtig …«, erwiderte er abwesend. Irgendwie war er zur nächsten Hypothesenebene gesprungen und hatte vergessen, es mir zu sagen. »Nun, es ist äußerst unwahrscheinlich, dass es eine Frau ist.«
    Ich war verwirrt. »Ich habe diese Mutter aus der Nähe gesehen. Sie ist wirklich eine Frau.«
    »Schauen Sie für einen Augenblick darüber hinaus, Detective. Diese Verbrechen werden fast nie von Frauen begangen, und wenn ich mich recht erinnere, haben Sie selbst gesagt, dass Sie sie einfach nicht für den ›Typ‹ dafür hielten. Haben Sie Ihre Meinung geändert?«
    »Nein.«
    Er zerknüllte das Sandwich-Papier und warf es in den Abfalleimer. »Die Statistiken sprechen überwältigend für einen Mann als Ihren Entführer. Es ist einfach nicht Teil der grundlegenden weiblichen Psyche, so etwas zu tun.«
    Plötzlich kam ich mir vor, als hätten wir die Rollen getauscht.
    »Wir reden hier nicht von einer normalen Psyche.«
    »Das ist nicht ausschlaggebend. Nicht einmal die abnormalsten weiblichen Psychen kommen auf so etwas.«
    »Was ist mit dieser Frau in Florida …«, stammelte ich, ohne mich so recht zu erinnern. Doch dann fiel es mir wieder ein. »Wuornos. Soweit man weiß, brachte sie ein Dutzend Kerle um.«
    »Ich bin nicht allzu vertraut mit dem Fall. Aber ich weiß, dass sie in vieler Hinsicht atypisch war. Und ich meine gelesen zu haben, dass es in diesem Fall auch transsexuelle Aspekte gab.«
    »Das könnte hier auch der Fall sein. Wir sind in Kalifornien.«
    »Das Land der Freien«, sagte er mit einem matten Lächeln. Er ging um den Schreibtisch herum und setzte sich auf die vordere Kante. Dann schaute er professoral auf mich herab und sagte: »Sehen Sie, Detective Dunbar, natürlich ist es theoretisch möglich, dass Ihr Täter eine Frau ist. Es ist auch theoretisch möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich, dass O. J. Simpson es nicht getan hat. Ich will nur nicht, dass Sie sich unnötig verzetteln, vor allem, da wir ja noch eine aktuelle Bedrohungslage haben. Ich würde Ihnen dringend raten, von der Annahme auszugehen, dass es sich um einen männlichen Täter handelt.«
    »Aber beim letzten Mal sah der Entführer aus wie eine Frau …«
    Er unterbrach mich mit einem Kopfschütteln. »Denken Sie daran, was ich Ihnen vor ein paar Minuten gesagt habe, dass Sie sehen sollen, was da ist, nicht, was Sie sehen wollen. Was da zu sein scheint, ist eine Frau, es kann aber auch nur die Illusion einer Frau sein. Wenn das der Fall ist, und ich vermute es, dann wissen Sie jetzt drei Dinge über diesen Kerl: Sie kennen seine Fixierung auf kleine, blonde, weiße Jungs, Sie kennen sein Timing, wenn Sie es herausgearbeitet haben, und Sie wissen, dass er nach der Methode ›Wolf im Schafspelz‹ vorgeht. Es ist möglich, dass er sich herrichtet

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