Die Schriften von Accra (German Edition)
falsch ist, nicht berichtigen können und Unrecht nicht bestrafen.‹
Andere sagten: ›Ich werde im Schweiße meines Angesichts mein Feld bewässern, und das wird meine Art sein, den Schöpfer zu preisen.‹
Doch dann kam der Dämon und flüsterte mit honigsüßer Stimme: ›Du wird diesen Felsbrocken jeden Tag zum Gipfel des Berges tragen, und wenn du dort angekommen bist, wird er wieder hinunterrollen.‹
Und all jene, die den Worten des Dämons glaubten, sagten: »Das Leben hat keinen anderen Sinn, als immer nur dieselbe Aufgabe zu wiederholen.«
Doch jene, die dem Dämon nicht glaubten, entgegneten: ›Dann werde ich eben den Stein lieben, den ich jeden Tag auf den Gipfel des Berges tragen muss. So wird jede Minute mit ihm eine Minute an der Seite dessen sein, was ich liebe.‹
Die Liebesgabe ist ein Gebet ohne Worte. Und wie jedes Gebet verlangt sie Disziplin – eine Disziplin, die nicht Unterwerfung ist, sondern frei gewählt.
Es nützt nichts zu sagen: ›Das Schicksal war ungerecht zu mir. Während einige ihre Träume verwirklichen, mache ich hier nur meine Arbeit und verdiene meinen Lebensunterhalt.‹
Das Schicksal ist zu niemandem ungerecht. Wir sind alle frei, zu lieben oder zu hassen, was wir tun.
Wenn wir lieben, finden wir in unserem alltäglichenTun die Freude jener, die eines Tages aufgebrochen sind, um ihre Träume zu verwirklichen.
Niemand kann die Bedeutung und Größe dessen ermessen, was er tut. Darin liegen das Geheimnis und die Schönheit der Liebesgabe: Sie ist die Mission, die uns anvertraut wurde, und wir müssen ihr vertrauen.
Der Bauer kann pflanzen, aber er kann der Sonne nicht sagen: ›Scheine heute Morgen stärker.‹ Er kann den Wolken nicht sagen: ›Lasst es heute Nachmittag regnen.‹ Er kann nur tun, was er tun
kann
, das Feld pflügen, die Saat ausbringen und durch Kontemplation die Gabe der Geduld erlernen.
Und wenn er sieht, dass seine Ernte verdorben ist und all seine Arbeit umsonst war, wird er Augenblicke der Verzweiflung durchleben. Doch auch derjenige, der aufgebrochen ist, um seinen Traum zu verwirklichen, wird Augenblicke durchleben, in denen er seine Wahl bereut, nur noch heimkehren wollen und eine Arbeit finden, die ihm erlaubt, von ihr zu leben.
Doch schon am nächsten Tag wird das Herz dessen, der arbeitet, oder dessen, der ausgezogen ist, um seine Träume zu verwirklichen, wieder hochgestimmt sein. Beide werden wieder Vertrauen haben, und beide werden die Früchte ihrer Liebesgabe sehen – und sich daran erfreuen.
Denn beide singen das gleiche Lied: das Lied der Freude an der Aufgabe, die ihnen anvertraut wurde.
Ohne den Hirten würde der Dichter verhungern. Und ohne den Dichter würde der Hirte vor Traurigkeit sterben, da er die Verse des Dichters nicht singen könnte.
Deine Liebesgabe ermöglicht deinen Mitmenschen, dich zu lieben.
Und du lernst deine Mitmenschen durch das zu lieben, was sie dir schenken.«
Der Mann, der etwas über die Arbeit
hatte wissen wollen, hakte noch
einmal nach:
»Warum haben einige Menschen
mehr Erfolg als andere?«
U nd der Kopte antwortete:
»Erfolg beruht nicht auf der Anerkennung durch andere. Er ist die Frucht dessen, was du mit Liebe gepflanzt hast.
Ist die Zeit der Ernte gekommen, kannst du dir sagen: ›Ich habe es geschafft.‹
Du hast erreicht, dass deine Arbeit geachtet wird, weil du sie nicht nur getan hast, um von ihr leben zu können, sondern um den Mitmenschen deine Liebe zu zeigen.
Obwohl du nicht alle Fallen auf dem Weg voraussehen konntest, hast du es geschafft zu beenden, was du angefangen hast. Und wenn nach ersten Schwierigkeiten deine Begeisterung nachließ, dann hat dir deine Disziplin weitergeholfen. Und wenn die Disziplin wegen deiner Müdigkeit abzunehmen schien, hast du die Ruhezeiten dazu genutzt, dir deine weiteren Schritte zu überlegen.
Du hast dich nicht von Niederlagen lähmen lassen, die es im Leben all derer gibt, die etwas wagen.Wenn sich eine Idee als nicht umsetzbar erwies, hast du keine Gedanken an die Zeit verschwendet, die du verloren hast.
Und in ruhmreichen Augenblicken bist du nicht einfach stehen geblieben. Denn du hattest das Ziel ja noch nicht erreicht.
Und wenn du nicht umhinkamst, um Hilfe zu bitten, hast du dich dadurch nicht gedemütigt gefühlt. Und wenn du erfahren hast, dass jemand Hilfe brauchte, hast du ihm mit all deinem Wissen geholfen, ohne dabei das Gefühl zu haben, Geheimnisse zu verraten oder ausgenutzt zu werden.
Denn wer da anklopft, dem wird
Weitere Kostenlose Bücher