Die Schriften von Accra (German Edition)
Stelle. Und die Neugier lässt uns all das erforschen, was wir bislang in uns nicht vermutet hatten.
Versucht, die körperliche Liebe als ein Ritual der Verwandlung zu sehen. Wie in jedem Ritual ist die Ekstase gegenwärtig und glorifiziert das Ende – sie ist aber nicht das einzige Ziel.
Das Wichtigste daran ist, uns mit unserem Partner auf unbekanntes Terrain zu wagen.
Behandle Heiliges als heilig. Und falls dich Zweifel überkommen, dann vergiss nicht: Wir sind in solchen Augenblicken nicht allein – beide Beteiligten fühlen das Gleiche.
Öffne ohne Furcht das Kästchen deiner geheimenPhantasien. Der Mut des einen wird die Kühnheit des anderen anstacheln.
Wahre Liebende können so den Garten der Schönheit betreten, ohne sich vor Bloßstellung fürchten zu müssen. Sie werden nicht mehr einfach zwei Körper und zwei Seelen sein, die einander gefunden haben, sondern eine einzige Quelle, aus der das wahre Wasser des Lebens fließt.
Die Sterne werden auf ihre nackten Körper herabscheinen, und sie werden sich nicht schämen. Vögel werden über sie hinwegfliegen, und die Liebenden werden singen wie sie. Wilde Tiere werden sich ihnen vorsichtig nähern, denn was sie zu sehen bekommen, ist noch wilder, als sie es sind. Und sie werden respektvoll den Kopf senken.
Und die Zeit wird aufhören zu sein. Denn im Land der Lust, die aus wahrer Liebe entstand, ist alles unendlich.«
Und einer der Kämpfer, der,
obwohl er sich innerlich auf den
Tod am nächsten Tag vorbereitete,
in den Hof gekommen war,
um zu hören, was der Kopte zu
sagen hatte, meinte:
»Obwohl wir die Einheit wollten,
wurden wir gespalten. Die Städte,
die auf dem Weg der eindringenden
Heere liegen, haben unter den
Folgen eines Krieges gelitten, den
sie nicht gewollt haben. Was sollen
die Überlebenden ihren Kindern
sagen?«
U nd der Kopte antwortete:
»Wir werden allein geboren und sterben allein. Aber solange wir auf der Erde sind, müssen wir zu unserem gemeinsamen Glauben stehen.
Die Gemeinschaft ist das Leben: Sie macht uns fähig zu überleben. Das war schon so, als wir die Höhlen bewohnten, und ist auch heute noch so.
Achte jene, die mit dir zusammen gelernt haben. Achte jene, die deine Lehrer waren. Wenn die Zeit gekommen ist, dann erzähle deine Geschichte, und werde du zum Lehrer – so können die Gemeinschaft und die Traditionen fortbestehen.
Wer Freude und Niedergeschlagenheit nicht mit den anderen Menschen teilt, wird niemals seine eigenen Fähigkeiten und Fehler erkennen.
Also sei immer wachsam, was die Gefahr betrifft, die alle Gemeinschaften bedroht: Menschen neigen dazu, sich alle gleich zu verhalten, wobei ihnen die eigene Unvollkommenheit, ihre Ängste und Vorurteile als Richtschnur dienen.
Sie glauben, um akzeptiert zu werden, müssten sie allen gefallen. Doch damit zahlen sie einen hohen Preis.
Und es ist kein Liebesbeweis für die Gemeinschaft. Es ist ein Beweis fehlender Selbstliebe.
Nur der wird geliebt und geachtet, der sich selber liebt und achtet. Versuche nie, allen zu gefallen, oder du wirst die Achtung aller verlieren.
Suche dir Verbündete und Freunde unter Leuten, die überzeugt sind von dem, was sie tun und wer sie sind.
Ich sage nicht: Suche dir jemanden, von dem du annimmst, dass er ist wie du. Ich sage: Suche jemanden, der anders denkt und den du niemals davon überzeugen kannst, dass du recht hast.
Denn die Freundschaft ist eine der vielen Gesichter der Liebe, und die Liebe lässt sich nicht von Meinungen bestimmen. Sie akzeptiert den Gefährten vorbehaltlos, denn jeder wächst auf seine Weise.
Die Freundschaft ist ein Akt des Glaubens an einen anderen Menschen und kein Akt der Selbstaufgabe.
Versuche nicht, von jemandem um jeden Preis geliebt zu werden, denn die Liebe hat keinen Preis.
Nicht diejenigen sind deine Freunde, die dir schmeicheln und sagen: ›Es gibt in ganz Jerusalemniemanden, der besser, großzügiger, fähiger ist als du.‹
Es sind jene, die nicht darauf warten, dass etwas geschieht, um dann zu entscheiden, wie sie sich verhalten sollen. Sie entscheiden sich, während sie handeln, im Wissen um das damit verbundene Risiko.
Es sind Menschen, die so frei sind, dass sie auch umkehren und neue Wege beschreiten, wenn die Umstände es erfordern. Anschließend erzählen sie dann von ihren Abenteuern und lassen damit ihr Dorf oder ihre Stadt an ihren Erfahrungen teilhaben.
Wenn sie einem gefährlichen, falschen Weg gefolgt sind, werden sie dir niemals sagen: ›Tu das ja nicht!‹,
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