Die Schuld
und Köchen und vielleicht sogar einem Butler. Zweimal im Jahr würde er sie in seinem Privatjet nach Hause schicken, damit sie sich mit ihren Eltern streiten konnte.
Aber vielleicht würden die van Horns ja etwas freundlicher sein, wenn sie hundert Millionen Dollar in der Familie hätten; Geld, das ihnen nicht gehörte, mit dem sie sich aber brüsten konnten.
Er presste die Kiefer aufeinander und wählte Rebeccas Nummer. Es war ein Mittwoch, und an diesem Tag war im Country Club nie viel los. Sie war sicher zu Hause. Nach dem dritten Klingeln hob sie ab und sagte: »Hallo?« Der Klang ihrer Stimme machte ihn schwach.
»Ich bin's, Clay.« Er versuchte, lässig zu klingen. Seit sechs Monaten hatten sie kein Wort mehr miteinander gesprochen, aber die alte Vertrautheit war sofort wieder da.
»Hallo, Fremder«, erwiderte sie. Freundlich.
»Wie geht es dir?«
»Gut. Viel zu tun, wie immer. Und wie sieht's bei dir aus?«
»So wie bei dir. Ich bin gerade in New York und schließe einige Fälle ab.«
»Ich habe gehört, dass es beruflich ganz gut für dich läuft.« Eine Untertreibung. »Ja, ich kann mich nicht beklagen. Was macht dein Job?«
»Ich arbeite noch sechs Tage, dann ist Schluss.«
»Du hast gekündigt?«
»Ja. Ich heirate nämlich.«
»Ich weiß. Wann ist die Hochzeit?«
»Am zwanzigsten Dezember.«
»Ich habe noch keine Einladung bekommen.«
»Weil ich dir keine geschickt habe. Ich dachte, dass du keinen Wert darauf legst, zu kommen.«
»Du hast vermutlich Recht. Bist du sicher, dass du heiraten willst?«
»Lass uns von was anderem reden.«
»Es gibt eigentlich nichts anderes.«
»Hast du eine Freundin?«
»Die Frauen laufen mir in Scharen nach. Wo hast du diesen Kerl kennen gelernt?«
»Ich habe gehört, dass du dir ein Haus in Georgetown gekauft hast.«
»Das ist schon eine Weile her.« Aber er freute sich, dass sie es wusste. Vielleicht interessierte sie sich auch für seine beruflichen Erfolge. »Der Kerl ist ein Wurm.«
»Clay, bitte. Nicht in diesem Ton.«
»Er ist ein Wurm, und das weißt du, Rebecca.«
»Ich lege jetzt auf.«
»Heirate ihn nicht, Rebecca. Ich habe gehört, dass er schwul ist.«
»Er ist ein Wurm. Er ist schwul. Und was noch? Sag es schon, Clay, dann geht es dir vielleicht besser.«
»Tu es nicht, Rebecca. Deine Eltern werden ihn mit Haut und Haaren auffressen. Außerdem werden eure Kinder so aussehen wie er. Ein Haufen kleiner Würmer.«
Die Leitung war tot.
Clay streckte sich auf dem Bett aus und starrte an die Decke.
Er konnte immer noch ihre Stimme hören. Die Erkenntnis, wie sehr er sie vermisste, machte ihm schwer zu schaffen. Als das Telefon klingelte, zuckte er zusammen. Es war Patton French, der in der Lobby unten auf ihn wartete. Vor dem Hotel stand eine Limousine. Die nächsten drei Stunden würden sie essen und trinken. Jemand musste sich schließlich um ihn kümmern.
23
S ämtliche Teilnehmer der Besprechung waren zur Verschwiegenheit verpflichtet worden. Die Anwälte hatten dicke Verträge unterzeichnet, in denen sie erklärten, kein Wort über die Verhandlungen und den Vergleich im Fall Dyloft nach außen dringen zu lassen. Bevor sie aus New York abgereist waren, hatte Patton French zu seinen Kollegen gesagt: »Es wird innerhalb von achtundvierzig Stunden in der Zeitung stehen. Philo wird der Presse einen Tipp geben, und die Aktien werden in die Höhe schießen.«
Am nächsten Morgen stand es im Wall Street Journal. Die Schuld daran wurde natürlich den Anwälten gegeben. ANWÄLTE ERZWINGEN SCHNELLEN VERGLEICH MIT HERSTELLER VON DYLOFT, lautete die Schlagzeile. Nicht genannte Quellen hatten eine ganze Menge zu sagen. Die Details waren korrekt. Für die erste Runde des Vergleichs sollte ein Entschädigungsfonds mit 2,5 Milliarden Dollar eingerichtet werden, für ernstere Fälle waren weitere 1,5 Milliarden als Reserve vorgesehen.
Philo Products eröffnete bei zweiundachtzig Dollar und sprang innerhalb kurzer Zeit auf fünfundachtzig. Ein Analyst sagte, die Anleger seien erleichtert gewesen, als sie von dem Vergleich gehört hätten. Das Unternehmen sei nun in der Lage, die Kosten des Verfahrens unter Kontrolle zu halten. Keine langwierigen Prozesse. Keine Gefahr, von einem abenteuerlichen Geschworenenspruch überrascht zu werden. Die Prozessanwälte waren zurückgepfiffen worden, und ungenannte Quellen bei Philo bezeichneten den Vergleich als Sieg. Clay verfolgte die Nachrichtensendungen auf dem Fernseher in seinem Büro. Außerdem nahm er
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