Die Schuld
fünf Anwälte, unter ihnen auch der junge Clay Carter, der sich völlig fehl am Platz vorkam, dahinter alle möglichen Assistenten, Mitarbeiter und Laufburschen, die in Diensten von Mr Patton French standen. Ihnen gegenüber hatte das Team von Ackerman Platz genommen, das unter der Leitung von Cal Wicks stand, einem erfahrenen Anwalt, der von ähnlich vielen Helfern umgeben war.
Eine Woche vorher hatte die Regierung den Zusammenschluss mit Philo Products zu dreiundfünfzig Dollar je Aktie genehmigt, was für Clay einen weiteren Gewinn in der Größenordnung von sechs Millionen Dollar bedeutete. Die Hälfte davon hatte er auf dem Offshore-Konto angelegt, das er nicht mehr anrühren wollte. Das altehrwürdige Unternehmen, das ein Jahrhundert zuvor von den Gebrüder Ackerman gegründet worden war, wurde jetzt also von Philo geschluckt, einer Firma, die nicht einmal halb so viel Umsatz machte, aber erheblich weniger Schulden und erheblich hellere Köpfe im Management hatte.
Nachdem Clay sich gesetzt, seine Akten ausgebreitet und sich einzureden versucht hatte, dass er verdammt noch mal durchaus hierher gehörte, war ihm, als würden einige auf der anderen Seite des Tisches die Stirn runzeln. Endlich lernten die Leute von Ackerman Labs den jungen Senkrechtstarter aus Washington kennen, der dafür gesorgt hatte, dass der Alptraum Dyloft über sie hereingebrochen war.
Patton French hatte sich jede Menge Unterstützung mitgebracht, die er aber nicht brauchen sollte. Er übernahm die Leitung der ersten Sitzung, und bald sagte niemand mehr auch nur einen Ton, mit Ausnahme von Wicks, der lediglich das Nötigste von sich gab. Am Vormittag versuchten sie festzulegen, wie viele potenzielle Fälle es gab. Die Gruppe aus Biloxi bestand aus 36.700 Klägern. Einige abtrünnige Anwälte in Georgia vertraten weitere fünftausendzweihundert Kläger und drohten damit, eine zweite Sammelklage einzureichen. French war zuversichtlich, dass er sie davon abbringen konnte. Außerdem gab es noch ein paar Anwälte, die aus der Sammelklage ausgestiegen waren und es mit Einzelklagen vor heimischen Gerichten versuchen wollten, aber auch diese Konkurrenten sah French nicht als Bedrohung an. Sie hatten die für die Sammelklage entscheidenden Dokumente nicht und würden auch keinen Zugang dazu bekommen.
Pausenlos ergossen sich Zahlen in den Raum, und bald langweilte sich Clay. Die einzige Zahl, die ihn interessierte, war 5.380 - so viele Fälle hatte er. Er vertrat mehr Mandanten als jeder andere Anwalt. Allerdings hatte French inzwischen erheblich aufgeholt und konnte fünftausend Fälle vorweisen.
Nach drei Stunden pausenloser Zahlenspielereien einigten sie sich darauf, eine Stunde Mittagspause zu machen. Die Mitglieder des Ausschusses gingen nach oben in eine Suite, wo sie Sandwiches aßen und Wasser tranken. Nach kurzer Zeit griff French zum Telefon und redete und brüllte hinein. Wes Saulsberry wollte frische Luft schnappen und fragte Clay, ob er ihn auf eine kleine Runde um den Block begleite. Sie schlenderten am Central Park entlang über die Fifth Avenue. Es war Mitte November, die Luft klar und kühl, Blätter wirbelten über die Straße. Eine ideale Zeit für einen Besuch in New York.
»Ich komme gern hierher, aber genauso gern gehe ich wieder«, sagte Saulsberry. »In New Orleans haben wir zurzeit dreißig Grad, und die Luftfeuchtigkeit liegt bei neunzig Prozent.«
Clay hörte zu, sagte aber nichts. Seine Gedanken beschäftigten sich mit dem Vergleich, der in ein paar Stunden geschlossen werden würde, dem gigantischen Honorar, der vollkommenen Unabhängigkeit, die er als junger, allein stehender und ungeheuer reicher Anwalt erreicht haben würde.
»Wie alt sind Sie?«, wollte Saulsberry wissen.
»Einunddreißig.«
»Als ich dreiunddreißig war, haben mein Partner und ich nach der Explosion eines Tankwagens einen Vergleich erzielt, der uns eine Menge Geld eingebracht hat. Eine grauenhafte Sache, bei der ein Dutzend Männer schwerste Verbrennungen erlitten hatten. Die achtundzwanzig Millionen Honorar haben wir geteilt, für jeden die Hälfte. Mein Partner hat seine vierzehn Millionen genommen und aufgehört zu arbeiten. Meinen Anteil habe ich in mich selbst investiert. Ich habe eine Kanzlei mit engagierten Prozessanwälten aufgebaut, richtig guten Leuten, denen die Arbeit Spaß macht. Ich habe ein Bürogebäude im Zentrum von New Orleans gebaut und weiterhin die besten Leute eingestellt, die ich finden konnte. Heute arbeiten
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