Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schuldlosen (German Edition)

Die Schuldlosen (German Edition)

Titel: Die Schuldlosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
Vom Netzwerk:
eine Schraube locker hatte.
    Endlich öffnete sich die Hintertür, Heike trat ins Freie. Er war mit wenigen großen Sätzen bei ihr und verlor in der Hast all die schönen, beruhigenden Sätze, die er sich zurechtgelegt hatte.
    «Hey», begann er, während sie zusammenzuckte, als sei der Blitz neben ihr eingeschlagen. «Wir müssen reden.» Bei den Worten drängte er sie bereits zurück ins Innere des Blockhauses.
    «Lass mich los!», kreischte sie. «Und hau ab, aber fix! Ich wüsste nicht, was wir noch zu bereden hätten.»
    «Ich war das nicht mit deinem Auto oder den Blumen», beteuerte er, in der noch offenen Hintertür stehend. An Gleis 3 fuhr eine S-Bahn aus Köln ein. Er hörte zwar das Geräusch, achtete jedoch nicht darauf. «Warum soll ich denn so einen Quatsch machen? Ich will doch nur Saskia sehen. Und sie ist gerne mit mir zusammen.»
    «Das war ich auch mal», sagte Heike. «Und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte sich daran nie etwas geändert. Aber du musstest dich ja unbedingt besaufen und Scheiße bauen.»
    «Dafür hab ich bezahlt», erwiderte er.
    «Und jetzt soll ich bezahlen, was? Das habt ihr euch fein ausgedacht, hab ich schon zu Silvie gesagt. Aber nicht mit mir!»
    «Ich weiß nicht, was du für ein Problem mit Silvie hast», sagte er. «Ich will keine Probleme machen.»
    «Dann zieh Leine!», fauchte Heike. «Oder muss ich erst wieder die Polizei rufen?»
    Die S-Bahn fuhr wieder ab. Die Leute, die ausgestiegen waren, eilten zur Unterführung, darunter auch Lothar Steffens. Dass seit ein paar Minuten der dunkelgrüne Passat vor dem Kaffeebüdchen stand, war durch die Glasfront gut zu sehen, aber Alex warf keinen Blick in die Richtung. Er sah auch nicht, dass Silvie ausstieg und näher kam, blieb auf Heike konzentriert, war nur darum bemüht, ihr begreiflich zu machen, was er wollte.
    «Warum können wir denn nicht miteinander reden wie erwachsene Menschen?», fragte er.
    «Weil du für mich kein erwachsener Mensch bist», erklärte Heike. «Ein erwachsener Mensch steht zu dem, was er getan hat. Ein erwachsener Mensch schickt nicht seine Anwältin vor, damit die das Opfer beschuldigt, selbst an seinem Auto herumgefummelt zu haben. Ein erwachsener Mensch sieht ein, wann das Spiel gelaufen ist. Also werd endlich erwachsen, und lass deine Finger von Saskia. Sonst muss ich einen Gerichtsbeschluss erwirken, der es dir untersagt, sich ihr oder mir noch einmal zu nähern.»
    «Das kannst du nicht machen», meinte er.
    Die meisten Leute aus der S-Bahn hatten die Unterführung schon wieder verlassen und waren auf dem Weg zum Parkplatz, den Bushaltestellen oder den Autos, die auf dem Vorplatz warteten wie der dunkelgrüne Passat mit einem jammernden Kleinkind im Fond. Vor der Glasfront drückte Silvie sich die Nase an der Scheibe platt. Heike stand mit dem Gesicht zur offenen Hintertür, sah zwar nicht Silvie, aber über Alex’ Schulter die Leute herankommen, die wie Lothar auf dem Vorplatz abgeholt wurden.
    «Du wirst dich noch wundern, was ich alles machen kann», erwiderte sie und brüllte in der nächsten Sekunde los: «Hilfe! Hilfe! Um Gottes willen, helft mir doch. Hilfe …»
    Für ihn kam ihr Gebrüll ebenso unvermittelt wie damals das Geschrei von Janice im Männerklo der Linde . Nur reagierte er diesmal anders, stieß sie mit einer Faust gegen die Schulter, um den Abstand zwischen ihnen zu vergrößern, und fuhr sie an: «Komm mir nicht auf die Tour, das hatte ich schon mal! Halt die Klappe, verdammt! Ich tu dir doch gar nichts!»
    Als er sie noch einmal zurückstoßen wollte, fiel ihm irgendwer von hinten in den Arm und riss ihn aus der Tür zurück auf die Veranda. Er war so außer sich, dass er zuvor nicht mal Schritte auf den Holzbohlen gehört hatte. Drei, vier Hände zerrten gleichzeitig an ihm. Vor der Glasfront fuhr Silvie entsetzt zurück und schrie ebenfalls: «Alex! Um Gottes willen! Hört auf, ihr Idioten! Lasst ihn in Ruhe!»
    Er begann erst, sich zu wehren, als er sich einem Quintett kampfeslustiger Pendler gegenübersah. Aber was wollten fünf Männer, die sich vielleicht alle Jubeljahre mal an einer Kneipenschlägerei beteiligten oder bei einer zusahen, gegen einen ausrichten, den sechs Jahre Knast gestählt hatten? Sie behinderten sich nur gegenseitig auf der schmalen Veranda. Der Einzige, der eine ernsthafte Verletzung davontrug, war Lothar. Er holte sich eine blutige Nase beim Versuch, seine Frau aus dem Getümmel zu ziehen.
    Silvie war wie ein Wirbelwind zur

Weitere Kostenlose Bücher