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Die Schuldlosen (German Edition)

Die Schuldlosen (German Edition)

Titel: Die Schuldlosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Das erkannte sie sofort, weil auf der Rückbank Davids Sitz angebracht war. Und darin lag ein blauer Tammi-Bär mit gelber Zipfelmütze, der Geräusche machen konnte wie der Bauch einer Frau. Ohne Tammi ließ David sich nie ins Auto setzen oder ins Bett legen. Deshalb hatte er zwei. Da konnte Silvie mal einen waschen, ohne dass es Theater gab. Saskia kannte sonst kein Baby oder Kleinkind im Dorf, das so einen Bär besessen hätte. Und dem Urenkel von Franziska Welter fühlte sie sich so verbunden wie einem kleinen Bruder. Sie waren ja auch so etwas Ähnliches wie Geschwister: zwei Retortenkinder.
    Es wäre entschieden vernünftiger gewesen, auf dem Absatz kehrtzumachen, zurück nach Hause zu laufen und Oma oder Tante Gerhild, besser noch Opa und Onkel Wolfgang zu erzählen, dass beim großen Friedhofstor ein fremder Mann in Silvies Auto saß und Saskia weismachen wollte, er wäre ihr Papa, statt noch länger mit ihm zu reden. Aber wenn sie weglief, verschaffte sie ihm die Gelegenheit, ebenfalls abzuhauen – mit dem Passat. Das widerstrebte ihr, dann hätte Silvie ja kein Auto mehr gehabt.
    Vorsichtshalber trat sie einen Schritt von der offenen Seitenscheibe zurück, ehe sie dem Mann hinter dem Lenkrad eine goldene Brücke baute. «Ich weiß, wem du das Auto geklaut hast. Aber wenn du jetzt aussteigst und es hier stehen lässt, verrate ich es keinem, ehrlich nicht.»
    Er lachte amüsiert. «Ach, Süße, du bist goldig. Heißt das, du kennst mich zwar nicht mehr, aber du magst mich leiden?»
    So schnell ging das nun wirklich nicht. Nur wegen des Autos wollte Saskia ihn nicht völlig verprellen. Sie deutete ein Nicken an.
    Er freute sich. «Fein. Leider kann ich dir den Gefallen nicht tun. Wenn ich das Auto hier stehen lasse, ist der Freund, von dem ich es mir geborgt habe, garantiert sauer. Er erwartet, dass es heute Mittag an der S-Bahn in Grevingen steht.»
    Damit bewahrheitete sich wieder das alte Sprichwort: «Wer lügt, der stiehlt auch.» Oder umgekehrt. Saskia fühlte Enttäuschung aufsteigen. Wenn er wirklich ihr Spender war, von einem Lügner und Dieb wollte sie nicht abstammen. Nachdrücklich erklärte sie, dass ihr die Besitzverhältnisse des Wagens bestens bekannt waren. Von wegen Freund! «Das Auto gehört Silvie Steffens!»
    Er amüsierte sich weiter. «Ach, Süße», sagte er wieder, diesmal in nachsichtigem Ton. «Man hat mir schon viel nachgesagt, aber dass ich stehle, hat noch keiner behauptet. Wenn Silvie dir erzählt hat, das wäre ihr Auto, dann hat sie dich belogen. Merk dir das für die Zukunft: Einer Frau darf man immer nur die Hälfte glauben, manchmal noch weniger. Das Auto gehört Silvies Mann. Ihr steht es nur zur Verfügung, weil sie Lothar normalerweise zur S-Bahn chauffiert und wieder abholt. Das konnte sie heute nicht. Lothar hat sie am Samstag ins Krankenhaus gebracht und musste heute Morgen selber zur Bahn fahren.»
    Damit wendete sich das Blatt von einer Sekunde zur nächsten zu seinen Gunsten. Lothar! Selbstverständlich wusste Saskia, wie Silvies Mann hieß. Aber woher hätte ein Fremder das wissen sollen? Und das war noch nicht alles. Saskias Gedanken kreisten um den Krankenhausaufenthalt und schlugen wahre Purzelbäume. Ihr Misstrauen schwand in gleichem Maße, wie ihre Neugier wuchs.
    David sollte demnächst ein Schwesterchen bekommen. «Wenn alles gutgeht, Anfang März», hatte Silvie neulich erzählt, als sie ihren Kämpfer in einem alten Buggy in den Laden geschoben hatte, statt ihn wie sonst in der Babytrage auf dem Rücken mitzuschleppen. Er hatte die ganze Zeit gequengelt und vom Buggy aus an ihren Hosenbeinen gezerrt, als wolle er ihr die Jeans vom Leib reißen.
    Und Silvie hatte gesagt: «Er muss mir nicht mehr ständig auf der Pelle hängen. Die Zeiten sind vorbei. Auch bei dem Fliegengewicht gehe ich kein Risiko ein. Sonst kann Prinz Knatschsack sein Schwesterchen vielleicht bald abschreiben.»
    Franziska hatte es kurz darauf bestätigt und ein paar Tränchen vergossen. Geplant sei das bestimmt nicht gewesen, auch wenn Silvie es behaupte. Sie hielte den Zeitpunkt für richtig, damit David nicht noch mehr Starallüren bekäme. Er sei ja wirklich ein verwöhntes Kerlchen, der Kleine. Trotzdem!
    «Am liebsten würde ich Lothar ordentlich die Leviten lesen», hatte Franziska gesagt. «Sonst ist er immer so vernünftig. Aber wenn’s darum geht, ist er wie alle anderen. Silvie hätte unbedingt mehr Zeit gebraucht, um sich richtig zu erholen.»
    «Warum ist Silvie denn im

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