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Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
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sich gebracht: kostenlose Rezensionsexemplare von Büchern und Karten für Konzerte im Playhouse oder Pressevorführungen von Filmen, die noch nicht angelaufen waren. Die befreundeten Kollegen ihres Vaters aus der Kulturredaktion hatten die Einladungen immer gerne an ihn weitergereicht. Dass über den Artikeln, die er für den Scotsman geschrieben hatte, neben seinem Namen auch immer ein Foto abgebildet gewesen war, hatte bedeutet, dass William Dunne jemand war, was April wiederum davor bewahrt hatte, ein Niemand zu sein.
    Ihr Vater bog schwungvoll auf einen großen Platz ein, in dessen Zentrum eine Art kleiner Park angelegt war, und parkte vor einem schmalen Wohnhaus im georgianischen Stil mit hellgelb lackierter Tür, das eingequetscht zwischen lauter ähnlich aussehenden Häusern stand. Na toll , dachte April.
    »Was ist?«, fragte ihr Vater, als weder seine Frau noch seine Tochter Anstalten machten, aus dem Wagen zu steigen. »Wir haben fast den ganzen Tag im Auto gesessen – wollt ihr denn nicht reingehen?«
    Sie rissen die Wagentüren auf und hasteten durch den strömenden Regen die gepflasterte Einfahrt hinauf. Der Wind zerrte an ihren Haaren und Mänteln, während sie dicht zusammengedrängt auf dem kleinen überdachten Treppenabsatz warteten, bis Aprils Vater endlich den richtigen Schlüssel gefunden hatte und sie ins Haus konnten.
    Drinnen erwartete sie ein enger, düsterer Flur mit einer langen Treppe, die steil nach oben führte. Das Haus war stockdunkel, roch muffig und war ziemlich… unheimlich.
    »Na, was sagt ihr? Ist doch nett hier, oder?« William Dunne rang sich ein Lächeln ab und stupste seine Tochter in die Seite. »Richtig heimelig , was?«
    Aprils Mutter rümpfte die Nase. »Wenn ich Tilda zwischen die Finger bekomme…«, fauchte sie.
    Aprils Vater warf seiner Tochter einen verstohlenen Blick zu und tat so, als würde er vor Angst erschauern, was ihre Laune kurzzeitig etwas hob. Tilda war eine von Silvia Dunnes besten Freundinnen, eine eingebildete Society-Schnepfe, mit der sie als Schülerin eines noblen Mädcheninternats in den Achtzigern das Zimmer geteilt hatte. Mittlerweile war Tilda für ein angesehenes Immobilienbüro als Maklerin tätig und hatte den Dunnes den nach ihren eigenen Worten »einmaligen Insidertipp« mit dem Haus gegeben, von dem sie geschworen hatte, es wäre das beste Objekt, das sie in der Gegend jemals gesehen hätte. April hasste Tilda, so wie sie alle Freundinnen von Silvia – allesamt arrogante Zicken – hasste, aber nachdem sie ihnen das angeblich so tolle Haus vermittelt hatte, war sie bereit gewesen, ihre Meinung über sie noch einmal zu überdenken. Als sie jetzt jedoch vorsichtig durch den Flur gingen, war sie sich da nicht mehr so sicher. Die Räume waren düster, und in der Luft hing ein feuchter, leicht modriger Geruch. Selbst als sie das Licht einschalteten, trug das nur wenig dazu bei, die unheimliche Atmosphäre zu verbessern. Das Wohnzimmer war eigentlich groß und hatte eine hohe Decke, trotzdem wirkte es seltsam eng und bedrückend.
    »Ich gebe zu, dass Tilda gesagt hat, sie hätte das Haus schon länger nicht mehr von innen gesehen«, setzte Silvia zu einer Erklärung an, obwohl ihr die Enttäuschung deutlich anzumerken war. »Sie hat immer unglaublich viel zu tun.«
    »Warum fangt ihr beiden nicht schon mal mit dem Auspacken an? Die Umzugsleute haben die Kartons in die Zimmer gestellt«, sagte Aprils Vater und ging auf den großen Marmorkamin zu. Er war bereits Anfang der Woche hier gewesen, um die Möbelpacker zu beaufsichtigen. »Ich mache uns ein schönes Feuer im Kamin und sorge dafür, dass es ein bisschen gemütlicher wird, während ihr euch im Haus umschaut.«
    April wusste, dass ihr Vater versuchte, es von der positiven Seite zu sehen – wie immer. Aber der alles andere als einladende Empfang in ihrem neuen Zuhause hatte ihr Heimweh nach ihren Freunden und ihrem Leben in Edinburgh nur noch verstärkt. Seufzend folgte sie ihrer Mutter durch das Esszimmer in die geräumige Küche im hinteren Teil des Hauses, die im Gegensatz zu den übrigen Räumen wenigstens hell war. Die marmorne Arbeitsplatte und der glänzende rot emaillierte Herd reflektierten helles Neonlicht. Silvia öffnete den riesigen amerikanischen Kühlschrank.
    »Wusste ich’s doch, dass Tilda mich nicht im Stich lassen würde«, sagte sie triumphierend und zog eine teuer aussehende Flasche Rotwein heraus. »Jetzt brauchen wir nur noch die Gläser…«, murmelte sie und

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