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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Welt den höchsten Schliff zu geben. Kolderup beschloß also, die Beiden zusammen reisen zu lassen. Schon am folgenden Tage, den 16. Mai, ließ er den Professor ersuchen, sich in seinem Cabinet einzufinden.
    Eine Bitte des Nabob war ein Befehl für Tartelett. Der Professor verließ sein Zimmer, ausgerüstet wie immer mit der kleinen Kindergeige, um für jede Möglichkeit vorbereitet zu sein. Mit akademisch gesetzten Füßen, wie es einem Meister der Tanzkunst zukommt, stieg er die breite Treppe des Hôtels hinan, klopfte an der Thür des Cabinets, trat mit halbvorgebeugtem Rumpfe, wohlgerundeten Ellbogen und lächelndem Munde ein und wartete in dritter Position, nachdem er in der Hälfte ihrer Länge die Füße vor einander gekreuzt hatte, so daß die Fersen sich berührten und die Spitzen vorschriftsmäßig nach außen gerichtet standen.
    Jeder Andere als der Professor Tartelett hätte bei dieser Stellung in labilem Gleichgewicht auf seiner Basis geschwankt, er aber wußte unabänderlich eine kerzengerade Haltung zu bewahren.
    »Herr Tartelett, begann Kolderup, ich habe Sie rufen lassen, um Ihnen eine Neuigkeit mitzutheilen, die, wie ich voraussetze, Sie nicht besonders wundernehmen wird.
    – Ganz zu Ihren Diensten, antwortete Tartelett mit einem noch tieferen Bückling.
    – Die Hochzeit meines Neffen ist um ein Jahr oder achtzehn Monate verschoben worden, fuhr der Onkel fort, und Godfrey wird auf seinen Wunsch reisen, um die verschiedenen Staaten der Alten und Neuen Welt zu besuchen.
    – Herr Kolderup, erwiderte Tartelett, mein Schüler Godfrey wird dem Lande, das ihn geboren, überall Ehre machen, und…
    – Und seinem Lehrer des Anstandes nicht minder, der ihm seine guten Manieren beigebracht hat,« fiel ihm der Kaufmann in’s Wort, ohne daß der naive Tartelett die leise Ironie in seinem Tone heraushörte.
    Und als wenn er vor einer Versammlung von Schülern stände, glitt er mit beiden Füßen abwechselnd ein Stück zur Seite, beugte dann leicht und geschmeidig das Knie und begrüßte Kolderup.
    »Ich habe geglaubt, nahm dieser wieder das Wort, daß es Ihnen einigermaßen schmerzlich sein könnte, sich von Ihrem Schüler zu trennen?
    – Ganz unzweifelhaft schmerzlich, versicherte Tartelett, indeß, wenn es sein muß…
    – O, es muß nicht sein, antwortete Kolderup, dessen buschige Augenbrauen sich etwas zusammenzogen.
    – Ah!«… machte Tartelett.
    Etwas erregt, balancirte er ein wenig nach rückwärts, um aus der dritten in die vierte Position überzugehen, dann ließ er zwischen beiden Füßen eine geringe Breite – ohne vielleicht genau selbst zu wissen, was er angab.
    »Ja, fügte der Kaufmann mit entschiedener Stimme und in einem Tone hinzu, der keinen Schatten von Widerspruch aufkommen ließ, es schien mir sehr grausam zu sein, einen Schüler von seinem Lehrer trennen zu wollen, die Beide einander so gut zu verstehen scheinen.
    – Gewiß… die Reisen!… stotterte Tartelett, der jetzt nicht verstehen zu wollen schien.
    – Ja gewiß, nahm Kolderup sein Wort wieder auf, eine Reise wird nicht nur die Talente meines Neffen, sondern auch die seines Lehrers, dem er eine so tadellose Haltung verdankt, in’s rechte Licht stellen.«
    Niemals war diesem großen Kinde der Gedanke gekommen, San Francisco, Californien und Amerika verlassen zu wollen, um über Meer zu gehen. Solche Ideen hätten keinen Eingang gefunden in das Gehirn eines Mannes, der sich weit mehr mit Choreographie als mit Geographie beschäftigt und der bisher kaum die Umgebungen der Hauptstadt im zehnmeiligen Umkreise kennen gelernt hatte. Und jetzt bot man ihm an – nein, man ließ ihn verstehen, daß er wohl oder übel dem Vaterlande den Rücken kehren und persönlich, mit allen Wechselfällen und Unannehmlichkeiten, die davon unzertrennbar sind, die Ortsveränderungen ausführen solle, die er seinem Schüler so warm angerathen hatte! Ein so wenig solides Gehirn wie das seine mußte dadurch wohl in einigen Aufruhr kommen, und zum ersten Male in seinem Leben empfand der unglückliche Tartelett ein gewisses Zittern in den Muskeln seiner Beine, welche doch durch dreißigjährige Uebung gestählt waren.
    »Vielleicht… sagte er zögernd und versuchte auf seinen Lippen das stereotype Tänzerlächeln, welches ihm augenblicklich entsprungen war, wieder hervorzurufen, vielleicht… bin ich nicht geeignet, um…
    – O, das wird sich alles finden,« antworte Kolderup wie Einer, der nicht mit sich streiten läßt.
    Abschlagen –

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