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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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derselben Weise zu verzehren.
    Nun erübrigte es eine Grotte, irgend eine Aushöhlung zu suchen, um darin die Nacht zuzubringen.
    »Es ist ganz ohne Beispiel, meinte der Professor, daß Robinsons nicht wenigstens eine Höhle gefunden hätten, die sie sich später als Wohnung einrichteten.
    – So wollen wir nach einer suchen,« antwortete Godfrey.
    Wenn das bisher ohne Beispiel gewesen war, so müssen wir leider gestehen, daß diese Tradition sich hier nicht bewahrheitete. Vergeblich untersuchten Beide den Felsensaum der nördlichen Küste der Bai. Keine Höhle, keine Grotte, nicht einmal ein Loch fand sich, das ihnen Obdach hätte gewähren können. Darauf mußten sie verzichten. Godfrey beschloß deshalb, seine Untersuchungen jenseits des Dünengürtels bis nach den Wäldern im Hintergrunde auszudehnen.
    Tartelett und er bestiegen also wieder den Kamm der ersten Dünenreihe und schritten über die grünen Wiesenflächen hin, die sie einige Stunden vorher gesehen hatten.
    Wunderbarer und glücklicher Weise folgten ihnen freiwillig die anderen überlebenden Geschöpfe aus dem Schiffbruche. Offenbar trieb Hähne, Hühner, Lämmer, Ziegen und Agutis ein gewisser Instinct, die Männer zu begleiten. Ohne Zweifel fühlten sie sich zu vereinsamt an diesem Strande, der ihnen auch weder Gras, noch Würmer in ausreichender Menge bot.
    Drei Viertelstunden später erreichten Godfrey und Tartelett, welche unterwegs kaum ein Wort gewechselt hatten, den Saum des Waldes. Keine Spur von Wohnstätten oder Bewohnern – Alles öde! Man konnte wirklich die Frage aufwerfen, ob dieses Fleckchen Erde jemals von eines Menschen Fuß berührt worden sei.
    An der Stelle, wo sie sich befanden, bildeten schöne Bäume isolirte Gruppen, und andere, welche etwa eine Viertelstunde weiter in dichten Reihen standen, einen wirklichen Wald verschiedener Baumarten.
    Godfrey suchte nach einem alten, durch die Zeit ausgehöhlten Baumstamm, der ihnen innerhalb seiner Rinde hätte Schutz bieten können; seine Nachforschungen blieben jedoch vergeblich, obwohl er sie bis zur sinkenden Nacht fortsetzte.
    Da meldete sich der Hunger bei den beiden Wanderern wieder recht lebhaft, und sie mußten sich wohl oder übel auf die Muscheln beschränken, die sie am Strande gesammelt. Dann übermannte sie aber die Müdigkeit, sie streckten sich am Fuße eines Baumes nieder und schlummerten unter freiem Himmel ruhig ein.
Zehntes Capitel.
Worin Godfrey thut, was jeder andere Schiffbrüchige in seiner Lage gethan hätte.
    Die Nacht verging ohne Zwischenfall. Von Aufregung und Ermüdung übermannt, hatten die beiden Unglücksgenossen ebenso ruhig geschlafen, als hätten sie im bequemsten Schlafzimmer des Hôtels der Montgomery-Street geruht.
    Am folgenden Tage, dem 27. Juni, erweckte sie das Krähen des Hahnes mit den ersten Strahlen der aufsteigenden Sonne.
    Godfrey war sich sofort wieder über die Situation im Klaren, während Tartelett lange die Augen reiben und die Glieder strecken und dehnen mußte, ehe er in die Wirklichkeit zurückkehrte.
    »Wird das heutige Frühstück dem gestrigen Abendbrote gleichen? lautete seine erste Frage.
    – Ich fürchte wohl, antwortete Godfrey, hoffe aber, daß wir heut’ Abend schon besser speisen werden.«
    Der Professor konnte eine sehr deutlich sprechende Grimasse nicht unterdrücken. Wo blieben der Thee und die Sandwichsbrötchen, die ihm sonst nach dem Aufstehen gebracht wurden? Wie sollte er ohne diese kleine Vorkost die Stunde des eigentlichen Frühstücks erwarten können… diese Stunde, welche vielleicht niemals wieder schlagen würde?
    Jetzt galt es indeß einen Entschluß. Godfrey fühlte vollkommen die Verantwortlichkeit, welche auf ihm, und zwar auf ihm allein lastete, da er von seinem Gefährten nichts erwarten konnte. In dem hohlen Behälter, der dem Professor als Schädel diente, konnte eine praktische Idee nicht geboren werden. Godfrey mußte eben für Beide denken, erfinden und, wo nöthig, eine Entscheidung treffen.
    Eine erste Erinnerung galt Phina, seiner Verlobten, welche zu seiner Frau zu machen er so starrsinnig verweigert hatte, eine zweite seinem Onkel Will, den er so unkluger Weise verlassen, dann wendete er sich gegen Tartelett.
    »Hier sind, um etwas Abwechslung in unseren Speisezettel zu bringen, sagte er, noch einige Muscheln und ein halbes Dutzend Eier.
    – Und nichts, um sie zu sieden?
    – Nichts, antwortete Godfrey. Doch wenn es uns nun auch an Nahrungsmitteln selbst gebräche, was würden Sie dann

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