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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sollten, so würde es ihnen sehr schwer gewesen sein, dahin zu gelangen, da sie nur durch eine enge Oeffnung heraus kommen konnten, welche die Belagerten leicht genug zu vertheidigen im Stande waren.
    Godfrey hütete sich wohl, gegen Tartelett von dieser Möglichkeit zu sprechen. Der arme Mann war schon niedergeschmettert durch das Erscheinen des Prao. Die Vorstellung, sich nöthigenfalls in die oberen Aeste des Baumes flüchten zu müssen, war nicht geeignet, ihm einige Ruhe zu gewähren. Wenn der Zwang dazu an sie heranträte, wollte Godfrey ihn im letzten Augenblick, ohne ihm nur Zeit zur Ueberlegung zu lassen, mit Gewalt mit sich fortziehen.
    Die Nacht verlief unter abwechselnder Furcht und Hoffnung. Zu einem Angriffe kam es nicht. Die Wilden waren bis zur Gruppe der Sequoia noch nicht vorgedrungen. Wahrscheinlich warteten sie das Tageslicht ab, um sich dann nach dem Innern der Insel zu begeben.
    »Sie werden das jedenfalls thun, sagte Godfrey, da sie aus unserer Flagge ersehen müssen, daß die Insel nicht unbewohnt ist; doch sie sind nur zwölf Mann und werden nicht unvorsichtig sein. Wie sollten sie voraussetzen können, es nur mit zwei Schiffbrüchigen zu thun zu haben? Nein; sie werden sich nicht eher, als bis es heller Tag ist, weiter wagen… wenn sie sich nicht gar hier festsetzen…
    – Oder wenn sie nach Anbruch des Tages nicht gleich wieder in See gehen, antwortete Tartelett.
    – Wieder in See gehen? Warum sollten sie dann aber eine Nacht nach der Insel Phina gekommen sein?
    – Das weiß ich freilich nicht, erwiderte der Professor, welcher in seinem Schreck keinen anderen Gedanken fassen konnte, als daß sie das Verlangen nach Menschenfleisch hierher verschlagen haben müsse.
    – Wie dem auch sei, erklärte Godfrey, wenn die Wilden morgen früh nicht nach dem Will-Tree gekommen sind, so werden wir sie auszukundschaften suchen.
    – Wir?
    – Ja, wir!… Es wäre höchst unklug, sich zu trennen. Wer weiß, ob wir uns nicht gezwungen sehen, in die inneren Wälder zu flüchten, uns dort einige Tage – bis zur Wiederabfahrt des Prao – zu verstecken…. Nein, wir bleiben beisammen, Tartelett!
    – St!… flüsterte der Professor mit bebender Stimme. Mir scheint ich höre draußen etwas…«
    Godfrey erhob sich auf’s Neue bis zum Fenster, glitt aber sofort wieder hinab.
    »Nein, sagte er, da ist nichts Verdächtiges zu sehen. Es sind die Thiere, welche wieder in den Wald gehen.
    – Vielleicht getrieben! rief Tartelett.
    – Im Gegentheil, sie scheinen ganz ruhig zu sein, versicherte Godfrey, ich möchte eher glauben, sie suchen sich Schutz gegen den Morgenthau.
    – Ach, seufzte Tartelett in so kläglichem Tone, daß Godfrey trotz des Ernstes ihrer Lage gern gelacht hätte, so etwas konnte im Hôtel Kolderup in der Montgomery-Street nicht passiren.
    – Es muß bald Tag werden, sagte Godfrey. Wenn die Wilden nicht hierher kommen, werden wir vor Ablauf einer Stunde den Will-Tree verlassen und nach dem Norden der Insel gehen, uns über den Zustand der Dinge zu unterrichten. Sie sind doch fähig, eine Flinte zu halten, Tartelett?
    – Halten?… Ja!…
    – Und sie in bestimmter Richtung abzufeuern?
    – Das weiß ich nicht!… Ich hab’s noch nie versucht, aber Sie können darauf rechnen, Godfrey, daß die Kugel bei mir nicht herausgeht….
    – Wer weiß, ob nicht der Knall allein hinreicht, die Wilden zu erschrecken.«
    Nach einer Stunde war es hell genug geworden, um auch über die Gruppe der Sequoias hinaus deutlich sehen zu können.
    Godfrey öffnete nun nach einander, doch mit gewisser Vorsicht, die Läden der beiden Fenster. Durch das nach Süden hin gerichtete sah er nichts Außergewöhnliches; die Hausthiere tummelten sich friedlich unter den Bäumen und schienen keineswegs erschreckt. Nachdem er sich hiervon überzeugt, schloß Godfrey sorgsam dieses Fenster. Durch die nach Norden zu gelegene Oeffnung hatte man Aussicht bis zum Strande. Man erblickte von hier aus auch in der Entfernung von zwei Meilen den äußersten Theil der Flaggenspitze. Die Mündung des Wasserlaufes aber, bei der die Wilden am vorigen Abend angelegt hatten, war nicht sichtbar.
    Godfrey sah, ohne sich des Fernrohres zu bedienen, noch immer hinaus, um die Umgebung des Will-Tree an dieser Seite der Insel Phina zu überschauen.
    Alles war vollkommen ruhig.
    Dann nahm Godfrey das Glas zur Hand und durchsuchte den ganzen Abschnitt des Ufers bis zur Flaggenspitze. Vielleicht hatten sich die Wilden, wie Tartelett meinte –

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