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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Farben der Flagge erkennen, welche am Hintertheil des Schiffes flatterte.
    Es waren die Farben der Nordamerikanischen Freistaaten.
    »Wenn ich aber diese Flagge sehe, sagte er für sich, so ist es doch ganz unmöglich, daß man von Bord aus die meinige nicht gewahr werden sollte. Der Wind entrollt sie hinreichend, um mittelst Fernrohr leicht genug sichtbar zu sein.
    – Wenn ich nun Signale gäbe, indem ich sie wiederholt hinauf-und herunterziehe, um deutlicher anzuzeigen, daß man vom Lande aus mit dem Schiffe in Verbindung treten möchte?
    – Ja, hier ist kein Augenblick zu verlieren!«
    Der Gedanke war gut. Godfrey eilte ans Ende der Flaggenspitze und begann mit seinem Fahnentuch zu manövriren, wie man es bei einer Begrüßung zu thun pflegt; dann befestigte er die Fahne halbmast, oder in Schau, wie der Seemannsausdruck lautet, was nach den maritimen Gepflogenheiten bedeutet, daß man Hilfe und Unterstützung wünscht.
    Der Dampfer näherte sich noch immer bis drei Meilen von der Küste, aber seine am Ende der Besangaffel unbewegliche Flagge antwortete nicht auf die von der Flaggenspitze.
    Godfrey fühlte, wie sein Herz sich zusammenzog, offenbar hatte ihn Niemand gesehen…. Es war jetzt sechseinhalb Uhr, und bald mußte es dämmerig werden.
    Der Dampfer glitt jetzt nur noch zwei Meilen von dem Cap entfernt, auf das er mehr zuhielt, hin. Da verschwand die Sonne unter dem Horizonte. Mit dem ersten Schatten der Nacht mußte er jede Hoffnung, gesehen zu werden, aufgeben.
    Ohne größeren Erfolg begann Godfrey noch einmal sein Flaggentuch auf-und abzuziehen….. Niemand antwortete ihm.
    Er feuerte nun einige Flintenschüsse ab, obgleich die Entfernung etwas groß war und der Wind den Schall nicht in der Richtung nach dem Schiffe weitertrug….. vom Dampfer aus hörte er keine Antwort.
    Inzwischen wurde es allmählich Nacht; bald war der Rumpf des Dampfers nicht mehr sichtbar; unzweifelhaft würde er vor Ablauf einer Stunde an der Insel Phina ganz vorüber sein.
    Erst noch unklar, wie er sich helfen sollte, kam Godfrey auf den Gedanken, eine Gruppe harziger Bäume anzuzünden, welche dicht hinter der Flaggenspitze standen. Er setzte also mittelst etwas Pulvers einen Haufen dürrer Blätter in Brand und legte damit am Fuße der Fichten Feuer, welch’ letztere schnell, gleich einer ungeheuren Flamme, aufloderten.
    Die Lichter an Bord antworteten aber nicht auf dieses Feuerzeichen vom Lande, und Godfrey kehrte traurig nach dem Will-Tree zurück, vielleicht mit einem schmerzlicheren Gefühl von Verlassenheit, als er bisher je empfunden!
Sechzehntes Capitel.
In welchem sich ein Vorfall ereignet, der den Leser gar nicht verwundern kann.
    Dieser Schlag traf Godfrey hart. Ob sich diese unerwartete, ihm heute entgangene Aussicht auf Rettung wohl jemals wieder bieten würde? Konnte er das erhoffen? Nein! So wie dieses Schiff achtlos an der Insel Phina vorüberfuhr, ohne dieselbe nur näher ins Auge zu fassen, mußte es wohl bei jedem anderen der Fall sein, das sich in diese verlassene Gegend des Stillen Oceans verirrte. Warum sollten hier andere Schiffe eher an’s Land gehen als jenes, da die Insel ja nicht einmal einen geschützten Hafen bot!
    Godfrey verbrachte eine recht traurige Nacht. Jeden Augenblick fuhr er erschreckt empor, als hätte er von der offenen See her einen Kanonenschuß vernommen, und fragte sich, ob der Dampfer doch vielleicht das große Feuer bemerkt haben möge, welches noch nahe der Küste brannte, daß er seine Anwesenheit durch einen Signalschuß kundgab.
    Godfrey horchte… Alles lief auf eine Illusion seines überreizten Gehirnes hinaus. Als es wieder Tag wurde, kam er dahin, sich zu sagen, daß die Erscheinung jenes Fahrzeugs nur ein Traum gewesen sein werde, der gestern um drei Uhr Nachmittags begonnen hatte.
    Doch nein, er war seiner Sache zu gewiß, daß ein Schiff in Sicht der Insel Phina, vielleicht kaum zwei Meilen entfernt, erschienen, und nicht weniger gewiß, daß es an derselben nicht angelegt hatte.
    Ueber diese Täuschung sagte Godfrey gegen Tartelett kein Wort. Wozu hätte er ihm davon sprechen sollen? Uebrigens sah dieser leichtblütige Geist ja niemals weiter als vierundzwanzig Stunden in die Zukunft. Er dachte gar nicht mehr an eine etwaige Gelegenheit, von der Insel wegzukommen; es kam ihm gar nicht in den Sinn, daß die spätere Zeit ihm noch irgend welche härtere Prüfung vorbehalten haben könne. San Francisco erlosch allmählich in seiner Erinnerung. Er hatte ja keine

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