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Die Schule der Spielleute

Die Schule der Spielleute

Titel: Die Schule der Spielleute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bonn
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Gedanke brachte Alheit schlagartig in die Gegenwart zurück. Wenn es zur Sext läutete, sollte sie wieder im Wilden Mann sein. Und es war nicht gut, dass sie ihren Mann so lange aus den Augen ließ.
     
    Franz hatte sich in die Küche zurückgezogen. Dort war es wärmer als auf dem Hof, und das kommende Essen duftete anregender als die Abortgrube. Er setzte sich mit untergeschlagenen Beinen in eine Ecke, wo er hoffte, dass er die Küchenmägde nicht störte. Zwar mochte die Köchin angeblich keine Dudelsackmusik, aber mit den zarten Klängen der Laute würde sie sich wohl anfreunden können. Er probierte die Verzierungen, die er in seine Stimme der Motette einbauen sollte. Zuerst spielte er so, wie er ohnehin spielen würde, doch er merkte selbst, dass er dem Stück damit nicht gerecht wurde. Langsam und konzentriert zupfte er dann die Formen, die Meister Wolfram ihm vorgegeben hatte.
    Die beiden Küchenmägde kneteten eifrig den Teig für das Brot zum Essen. Dabei warfen sie kaum einen Blick auf Franz, sondern redeten über die hübschen jungen Burschen, die sie auf dem Markt gesehen hatten.
    Franz sang seine Stimme noch einmal mit allen Verzierungen, so gut er den französischen Text eben zurechtbrachte. Vielleicht sollte er doch für eine Weile ins Elsass und weiter nach Frankreich hinein ziehen. Dann würden all die vergessenen Worte zurückkehren.
    Schließlich wurde es ihm zu bunt. Er war nicht hier, um auswärts singen oder gar reden zu lernen, sondern seine Finger sollten sich an die neuen Verzierungstechniken auf der Laute gewöhnen. Die konnte er auch mit anderen Liedern üben.
    Er spielte eine leichte Tanzweise als Überleitung und begann eine anzügliche Ballade über Tristan und Isolde.
    Die Küchenmägde hielten in ihrer Arbeit inne und schauten ihn an. ťHe, du kannst ja auch richtige Musik machenŤ, rief die eine, und beide brachen in haltloses Kichern aus.
    Franz gab sich Mühe, nicht selbst loszulachen, sondern die traurige Geschichte mit dem nötigen Ernst zu Ende zu bringen und dabei die richtigen Verzierungen einzubauen.
    ťSpiel doch mal das von der hübschen Küchenmagd und ihrem VerehrerŤ, verlangte das vorlaute Mädchen, als die beiden Liebenden im Tod vereint waren.
    ťAber natürlichŤ, erwiderte Franz und rieb sich den Bauch. ťNur, vergesst nicht: Die Spielleut essen, trinken gern.Ť Dieser Spruch war heraus, ehe er sich besinnen konnte. Alheit hätte dagegen sicher Einwände erhoben.
    Die Küchenmägde schauten sich nur kichernd an. Dann nahm die eine eine Handvoll von ihrem Teig, formte ihn schön rund zu einem kleinen Brot und schob ihn in den Ofen. ťIch muss doch sehen, ob die Glut recht ist zum BackenŤ, erklärte sie.
    Franz nickte verständig und begann die übermütige Geschichte von dem geschenkten Gürtel. Dann folgten weitere Loblieder auf die Freuden des Sommers.
    Als genügend fröhliche Paare über den grünen Anger gesprungen waren, holte die eine Küchenmagd das kleine Brot aus dem Ofen. ťPass auf, das ist heiß. Nicht, dass du deine kostbaren Finger verbrennst.Ť
    Franz wickelte die Finger in den Saum seiner Cotte, brach das Brot in zwei Teile, tunkte sie in die Soße, die auf dem Herd köchelte, und ging damit hinaus zu Alheit.
    ťKomm ruhig öfter vorbei!Ť, rief die eine Magd hinter ihm her.
     
    ťDa steckst du!Ť Alheit rannte ihrem Mann entgegen. ťWas soll das?Ť
    Breit grinsend hielt er ihr seine Beute aus der Küche hin. ťDa, ein Vorgeschmack aufs Mittagbrot.Ť
    Doch Alheit ließ sich nicht ablenken. ťWas treibst du mit den Küchenmägden?Ť
    Er schaute sie ratlos an. ťDa drin ist es warm, da werden die Finger nicht so steif. Und es gibt was zu essen.Ť
    ťBei uns oben war es auch warmŤ, fauchte sie. ťWarum bist du nicht gekommen?Ť
    Franz zuckte die Schultern. ťIch dachte, du spielst wieder Dudelsack.Ť Er winkte ab. ťAch so, das geht ja gar nicht mehr.Ť
    ťEben.Ť
    ťAber das war doch
    Ť
    ťLene, meinst du?Ť
    Franz schüttelte den Kopf und atmete tief auf. ťIch war am Freitag nach dem Essen noch einmal obenŤ, begann er.
    ťUnd?Ť
    ťIch habe nicht darauf geachtet, vielleicht war der Dudelsack da schon zerbrochen. Es waren Holzsplitter auf dem Boden. Aber ich habe nicht nachgeschaut.Ť
    Holzsplitter? Die waren ihr nicht aufgefallen. Sie schnaubte unwillig und lief davon.
    Franz sah auf das Stück Brot, das inzwischen gut durchgeweicht war, und steckte es in den Mund. Dann betrat er als Letzter den Schankraum.
     
    Alheit eilte die Treppe hinauf,

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