Die Schule der Spielleute
hörte bewundernd zu.
Alheit überlegte indessen, ob wirklich nur Klaus mit seinem Kessel den Bären erschreckt hatte. Doch sie konnte sich an keine unbedachte Bewegung Elbelins erinnern, auch nicht an einen Befehl von Tamas. Vielleicht hatte Franz doch recht, wenn ihm dressierte Tiere unheimlich waren.
MONTAG NACH REMINISCERE
Der Ruhetag hatte wirklich Ruhe in die Gesellschaft gebracht. Am Montag saßen sie so einträchtig beim Frühstück, als gäbe es keinen Zwist unter ihnen. Tamas war bereits auf dem Fischmarkt gewesen und hatte einen Korb voll absonderlichem Getier aus dem Rhein für seinen Bären geholt.
ťMusst du heute Abend wieder mit Mackó tanzenŤ, wandte er sich an Elbelin. ťWird noch Bärenführer aus dir.Ť
Doch der schüttelte lachend den Kopf. ťIch tanze lieber mit einem schönen jungen Fräulein.Ť
Tamas erwiderte sein Lachen. ťSchöne Jungfer wird auch alt und brummig, genau wie Bär. Bär ist ehrlich, macht gleich so.Ť
Trotz der offensichtlichen Heiterkeit fühlte Alheit Unbehagen bei diesem Wortwechsel. Doch sie wollte nicht vorschnell urteilen. Wenn die anderen nach dem Frühstück zu musizieren begannen, hatte sie gut zwei Stunden Zeit. Die wollte sie nutzen, um zu erfahren, wer Elbelins Dudelsack zerstört hatte und warum. Dann würden sie alle ruhiger schlafen können.
Alheit entschied, dass es ihr nicht helfen würde, hinter Lene herzulaufen. Dabei würde sie kaum etwas erfahren, was sie nicht schon wusste. Wenn sie dagegen den Buckligen finden konnte, der am Freitag in der Dämmerung Israel verfolgt hatte
Der Jude war schließlich aus gutem Grund kein Freund von Elbelin.
Ob der heimliche Beobachter auch heute vor dem Hoftor lauerte? Alheit ging hinaus, die Gasse hinauf und hinunter, doch sie entdeckte nichts, was sie an den Buckligen erinnerte. Den Wirt konnte sie kaum fragen, wo sich sein geheimer Bote versteckte. Sie wiederholte ihren kurzen Weg und schaute aufmerksam in jede Nische. Da bemerkte sie vor sich eine Bewegung. Mit zwei schnellen Schritten war sie an der Stelle und packte eine Handvoll lappigen grauen Stoff.
Der Bucklige knurrte sie an wie ein Hund.
ťKeine AngstŤ, sagte Alheit. ťIch will dich nur etwas fragen.Ť
ťAlle fragen immer michŤ, erwiderte ihr Gefangener noch immer grollend. ťDabei gibt es so viele gelehrte Leute in der Stadt.Ť
Alheit nahm eine Münze aus ihrem Beutel. ťDie wissen aber nicht, wo der Jude am Freitagabend hingegangen ist.Ť
Schnell langte der Bucklige zu, aber nicht schnell genug. ťDann sind sie selbst schuld
Ť Der Mann brach ab, als er seinen Fehlgriff bemerkte.
ťWarum?Ť, fragte Alheit und hielt die Münze wieder hin.
ťDafür musst du noch etwas drauflegen.Ť
ťAch komm. Wie viele Leute bezahlen dich denn schon dafür, dass du hier stehst?Ť
Der Bucklige knurrte wieder.
ťWas hältst du von einem Mantel?Ť
ťBesser als nichts.Ť Der Mann seufzte. ťEr ist natürlich ins Judenviertel gegangen, ins Haus zur Sonne, Baruch ben Jakob.Ť
ťGeradewegs, ohne noch einmal umzukehren?Ť
ťSchnurstracks.Ť
Alheit nickte und reichte ihm den halben Heller. ťIch hole den Mantel.Ť Sie beeilte sich, aus ihrem Handwagen die alte Decke hervorzuziehen, die ihr im vergangenen Winter als Mantel gedient hatte.
Indessen holten die Spielleute ihre Instrumente aus dem Stall und gingen in den Schankraum. Als Franz die Laute aufnahm, erinnerte ihn ein Ziepen im linken Handgelenk daran, dass er am Samstag schon einmal Schmerzen beim Spielen gefühlt hatte. Aber das war ohne Arznei wieder vergangen. Er musste sich nur ein wenig zurückhalten.
Auch Israel hatte sich wieder eingefunden. Meister Wolfram verweilte diesen Morgen ausgiebig bei der Musik als Heilmittel gegen Melancholie und den süßen Klängen von Saiteninstrumenten. Dabei diente ihm die Guiterne häufig als Beispiel, und Israel zeigte, was er konnte.
Endlich spielte und sang Meister Wolfram seinen Schülern die Stimmen einer Motette vor. Zunächst mussten alle den Text lernen. Französisch. Franz hatte viel von dem vergessen, was er einst gekonnt hatte. Er war beruhigt, dass nicht nur er Schwierigkeiten damit hatte. Tamas sprach dem Meister frohgemut sein Kauderwelsch nach, wie er es verstand. Als Wolfram ihn zurechtwies, antwortete er: ťVerstehe nicht. Mach mir neuen Text, wenn ich brauche.Ť Franz grinste und beschloss insgeheim, es ihm nachzutun.
Robert und seine Frauen hatten keine Schwierigkeiten mit der Sprache. Sie folgten dem Text, als ob sie ihn bereits
Weitere Kostenlose Bücher