Die Schule der Spielleute
Beobachtern zerstreuten sich.
Am Tor verabschiedete sich Herr Heinrich: ťIch muss euch jetzt verlassen und nach Alzey zurückkehren. Aber bevor ihr nach Frankfurt aufbrecht, komme ich noch einmal hierher.Ť
Er ging mit seinem Rechtsgelehrten davon, und Meister Wolfram folgte ihnen. Alheit wartete einen Augenblick und lief ihnen dann nach.
Als sie zwei Häuser vom Wilden Mann entfernt waren, überholte Wolfram die beiden Herren. ťZahlt mir erst meinen Lohn, Herr.Ť
Heinrich von Alzey griff bereits zum Beutel, doch der Gelehrte antwortete an seiner Stelle: ťDen bekommst du am Mittwochabend.Ť
ťDas ist zu spät.Ť
ťIch habe nicht mehr so viel daŤ, bedauerte Herr Heinrich.
Der Gelehrte fuhr fort: ťWas willst du damit? Den Wirt brauchst du nicht zu bezahlen.Ť
Da Wolfram keine Antwort gab, vermutete der Gelehrte: ťHast du Schulden beim Juden? Der nimmt das Geld auch noch in Frankfurt.Ť
Wolfram schüttelte den Kopf und hielt nur noch die Hand auf.
ťLass es gut seinŤ, sagte Herr Heinrich. ťIch gebe dir das Geld am Mittwoch, wie es vereinbart war.Ť
ťEs war vereinbart, dass Ihr mir die Hälfte im Voraus zahlt.Ť
ťDie hast du doch bekommenŤ, empörte sich der Gelehrte.
ťNein.Ť
ťNicht?Ť Herr Heinrich klang erstaunt. ťAber wie dem auch sei, ich habe das Geld jetzt nicht, du bekommst es am Mittwoch.Ť
ťIst das Euer letztes Wort?Ť
Alheit beschloss, kehrtzumachen, bevor Wolfram sie entdeckte. Kaum war sie zwei Schritte gegangen, sah sie Lene am Hoftor stehen. Die grinste ihr frech zu.
Was wollte sie hier? Hören, was es zu hören gab, und dem Platzmeister zutragen? Oder einem anderen, der dafür zahlte?
Und was hatte es zu hören gegeben? Meister Wolfram brauchte dringend Geld. Wofür? All das Unschöne, das in den letzten Tagen geschehen war, hatte niemanden reich gemacht.
MONTAG NACH OCULI
Am folgenden Morgen fand sich bei Meister Wolfram ein neuer Schüler ein. Klaus der Küchenjunge kam zurück in den Saal, nachdem er aufgeräumt hatte. Stolz trug er eine Schalmei vor sich her.
ťWas hast du da?Ť, fragte der Meister streng.
ťEine FlöteŤ, antwortete der Junge. ťIch bin jetzt auch ein Spielmann.Ť Er blies kräftig hinein, doch das zerdrückte Rohrblatt gab keinen Ton mehr von sich.
Meister Wolfram riss ihm das Instrument aus der Hand und ohrfeigte ihn. ťHinaus!Ť
ťLass ihn doch hierbleiben!Ť, rief Elbelin. ťEr kann den Juden vertreten.Ť Doch Klaus suchte heulend das Weite.
ťDieser Unverstand!Ť Meister Wolfram betrachtete das misshandelte Rohrblatt kopfschüttelnd. ťWisst ihr, wem das gehört?Ť, fragte er, als er sich wieder beruhigt hatte, und reichte die Schalmei herum.
ťMirŤ, sagte Franz, als die Reihe an ihn kam. ťIch frage mich, wo Klaus sie gefunden hat.Ť
ťHoffentlich ersetzt dir der Wirt den SchadenŤ, meinte Robert.
ťDas könnt ihr beim Essen fragenŤ, mahnte Meister Wolfram. ťLasst uns jetzt an die Arbeit gehen. Wir haben nur noch wenig Zeit und viel zu lernen.Ť
Er spielte ihnen eine höfische Tanzweise vor.
Bei der ersten Gelegenheit machte sich Franz auf die Suche nach Alheit. Er fand sie in ihrem Schlafraum. Die Flöte in der Hand, saß sie mit Burkhard am Schlot, und der Wirt versuchte, ihr auf seiner Schalmei den Refrain einer einfachen Estampie nachzuspielen. Er schien erfreut über die Unterbrechung.
Franz hielt Alheit die Schalmei hin: ťHier, schau mal.Ť
ťWo hast du sie her?Ť
ťKlaus hatte sie heute Morgen in der Hand und wollte mit uns spielen.Ť
Burkhard schnaubte. Für eine längere Antwort fehlte ihm die Luft.
Alheit betrachtete die Schalmei genauer. ťFehlt deshalb das Rohrblatt?Ť
Franz nickte. ťWir hätten doch bald ein neues gebraucht. Auf dem Markt
Ť
ťWie ist Klaus an die Schalmei gekommen?Ť, unterbrach ihn Alheit.
ťIch weiß es nicht.Ť
ťDer Bub will immer an meine InstrumenteŤ, mischte sich Burkhard wieder ein. ťIch habe sie schon weggesperrt
Ť
ťDann frage ich ihn eben.Ť Alheit war schon auf dem Weg zur Tür.
ťDas ist besser, als wenn ich frageŤ, meinte der Wirt. ťMir erzählt er doch nur Märchen.Ť
Alheit ging in die Küche.
Neben dem qualmenden Herd saß Klaus mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden und knackte Nüsse. Alheit wollte zu ihm, doch eine der beiden Küchenmägde, die am Tisch Teig kneteten, fing sie gleich an der Tür ab. ťWas willst du hier?Ť
ťMit dem Jungen reden.Ť
ťNichts da, der soll seine Arbeit machen.Ť Die Frau rieb ihre mit Teig umhüllten Finger und wich
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