Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schule der Spielleute

Die Schule der Spielleute

Titel: Die Schule der Spielleute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bonn
Vom Netzwerk:
aussehen.
    Herr Heinrich sang begeistert den Refrain mit und klatschte dazu. Lene drehte sich bei ihrer nächsten Runde besonders nah an ihn heran. Das nutzte Franz, um sich flink aus ihrem Arm zu winden und mitsamt dem Tamburin das Weite zu suchen. Während Lene noch dastand und nicht wusste, wohin sie sich wenden sollte, beendete ihr Mann das Lied mit einem lang gezogenen Kyrieleis.
     
    Als die Spielleute später in ihr Quartier zurückkehrten, legte sich Meister Wolfram einen langen, schwarzen Wollmantel um, der wie seine Cotte mit Pelz besetzt war. Doch die emaillierten Tasseln zeigten sich widerspenstig. Lange Zeit rang er mit ihnen und murmelte Flüche vor sich hin.
    ťWarteŤ, sagte Alheit, ťlass mich das machen.Ť Flink hakte sie die Tassel in das Lederband ein.
    ťFinger weg!Ť, rief der Meister und riss sich los. ťGlaubst du, ich bin ein kleines Kind?Ť
    ťDas nicht, aber solche Dinge können störrisch sein.Ť Mit diesen Worten wandte sich Alheit ab und ging hinaus. Sie hatte ihm nur helfen wollen. Was musste der Kerl sie so anfahren? Weil sie gesehen hatte, dass seine Cotte an manchen Stellen schon recht abgewetzt war? Dass am Mantel hier und da der Pelz fehlte? Bei einem Spielmann konnte man doch kaum anderes erwarten.
    Dafür hatte inzwischen Herr Heinrich den Hof verlassen. Ob Franz wohl die 70 Heller von ihm bekommen hatte? An solche Dinge dachte er nicht immer, wenn es nötig wäre.
    Während sie noch auf Franz wartete, beobachtete sie, wie der Meister nacheinander zwei offenbar schwere, längliche Kästen über den Hof in das Kaminzimmer trug. Obwohl ihm das sichtlich schwerfiel, kehrte er noch ein drittes Mal zurück und holte eine fast hüfthohe Truhe. Diese musste er auf dem kurzen Weg zweimal absetzen. Manchen war eben nicht zu helfen.
    Endlich kam auch Franz die Treppe herauf. Alheit fragte ihn sogleich nach dem Geld.
    ťOh ja, hier ist es.Ť Er wog den Beutel in der Hand. ťVorerst müssen wir uns keine Sorgen machen.Ť

MITTWOCH NACH INVOCAVIT
    Am nächsten Morgen erwachte Alheit von dem trüben Licht, das durch die Ritzen der Holzläden in ihr Zimmer fiel. Wie lange war es wohl draußen schon hell? Schneller als das Licht kroch die Kälte in den Raum, deshalb ließ sich Alheit Zeit damit, die Läden zu öffnen. Sie schlug ihren Mantel zurück, der auch als Schlafdecke diente, und weckte Franz.
    Auf der anderen Seite des Schlotes regten sich Tamas der Ungar und seine Frau Lene. Schlaftrunken tappte er zur Tür und die Treppe hinunter.
    ťEr muss nach dem Bären sehenŤ, murrte Lene. ťDer Bär ist sein Ein und Alles. Mich vergisst er darüber ganz.Ť Sie schob sich näher an Gottfrid heran, doch der Junge schlief noch fest. Er wich ihr nicht einmal aus.
    Alheit machte sich auf den Weg zum Abort und zum Brunnen.
    Als sie zurückkehrte, saß Lene auf dem Treppenabsatz vor der Tür, hielt sich einen Spiegel vors Gesicht und färbte sich die Wangen weiß. ťDa drin sieht man ja gar nichts.Ť
    Hier draußen dagegen konnte man die Männer, die den Hof überquerten, recht gut im Auge behalten. Franz zum Beispiel, der noch immer mit nacktem Oberkörper am Brunnen planschte. Alheit raffte ihren Rock und ging möglichst schnell an Lene vorüber, hinein in den düsteren Schlafraum.
    Noch immer lagen Elbelin und Gottfrid in ihre Mäntel gehüllt bei der Tür, einer von ihnen schnarchte. Alheit schüttelte den Kopf. Die beiden würden zu spät zum Unterricht bei Meister Wolfram kommen.
    ťHe, aufwachen!Ť, rief sie hinüber, doch keiner rührte sich.
    Sie rüttelte erst den einen, dann den anderen. Jetzt immerhin brummte Gottfrid. Elbelin hob sogar den Kopf und versuchte etwas zu sagen.
    ťEs wird ZeitŤ, mahnte Alheit, ťMeister Wolfram wartet auf seine Schüler.Ť
    Mit einem Ruck setzte sich Elbelin auf und schüttelte den Kopf. ťUnd das nach dem bisschen Wein von gestern AbendŤ, murmelte er. ťWenn der Wirt nicht noch Besseres im Keller hat
    Ť
    Kaum fühlte er sich in seiner aufrechten Haltung sicher, packte er seinen Gefährten rüde an der Schulter. ťHe, wach auf, du Faulpelz! Hast du wieder mehr getrunken, als du vertragen kannst?Ť
    Er stand auf, trat Gottfrid noch einmal in die Seite und lief flink die Treppe hinunter. Die Nachwirkungen des Weines schienen schnell verflogen.
     
    Die Spielleute versammelten sich in der Gaststube und begannen zu stimmen. Da trat der Jude ein, den Elbelin gestern so grob aus dem Quartier gewiesen hatte. Er trug zwei lederne Taschen, aus denen ein gekrümmter,

Weitere Kostenlose Bücher