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Die Schule der Spielleute

Die Schule der Spielleute

Titel: Die Schule der Spielleute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bonn
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sein, eins, in dem die wichtigen Leute ein-und ausgingen. In Worms war sie lange nicht mehr gewesen, ihre Erinnerung war nur noch blass. So streifte sie ein wenig ziellos umher und versuchte herauszufinden, wo sie damals ihre Kunden getroffen hatte.
    Der Dom war ein guter Orientierungspunkt. Lene hielt auf die vier Türme zu. Oft wussten gerade die Herren im Domkapitel ihre Kunst zu schätzen, aber auch sonst lief dort viel Volk herum.
    Ein Waffenknecht sprach sie an: ťGanz allein unterwegs, Schöne?Ť
    Sie nickte. ťIch wollte meinen Bruder am Dom treffen.Ť
    ťDeinen BruderŤ, wiederholte der Mann. ťDa kann ich dich ein Stück geleiten. Ich muss zum Dom, ich habe die Turmwache.Ť
    Lene schlug die Hände zusammen. ťAuf dem Dom? Ist das nicht wunderbar, von dort auf alle herabzusehen? Dann bist du sogar höher als der Bischof.Ť
    Der Mann lächelte. ťJa, es ist schön dort oben. Ruhig. Selbst bei diesem Wetter sieht man recht weit
    Ť
    ťNimmst du mich mit hinauf? Bitte!Ť
    Er schaute sie noch einmal abschätzend an. ťDann müssen wir uns aber trennenŤ, tuschelte er dann. ťGeh du voran und warte am Südportal auf mich.Ť
    Lene nickte. Ein heimliches Treffen brachte oft mehr Gewinn. Mit ein paar schnellen Schritten entfernte sie sich von dem Wächter und ging dann zielstrebig die Kämmerergasse entlang. Für die Stände mit Instrumenten hatte sie ohnehin keinen Blick. Darum mochte Tamas sich kümmern, wenn er Geld hatte.
    Sie lächelte leise. Der eine oder andere Heller hatte schon den Weg in ihren Beutel gefunden, und neue Geschäfte bahnten sich an. Bis sie wieder hinauszogen über Land, würde sie gut versehen sein.
    Auf dem Marktplatz wurden Dinge feilgeboten, die ihr nutzen konnten. Stoffe, Bänder, Knöpfe, Schmuck. Doch sie durfte nicht verweilen.
    Zwischen den Ständen hatte Lene einen Bekannten entdeckt. Er hatte langes graues Haar und trug eine mit Pelz besetzte Samtcotte. Zwei Ratsknechte mit Hellebarden begleiteten ihn. Kein unbedeutender Mann. Bei ihrem letzten Aufenthalt in der Stadt war er einer ihrer Kunden gewesen. Wenn ihr nur noch einfiele, wer er war. Jedenfalls schien es ihr besser, ihm vorerst aus dem Weg zu gehen und sich ein anderes Mal mit ihm zu befassen.
    Sie umrundete die Johanniskapelle auf der Südseite des Doms und näherte sich dem Eingang. Kurz bevor sie in das Portal trat, ging ihr Wächter an ihr vorbei. Sie verlangsamte ihren Schritt und folgte ihm in sicherer Entfernung zum Turmeingang. Doch er gab ihr Zeichen, dass sie warten musste. Sicher war noch ein anderer oben, den er ablösen sollte. Sie zog sich an die Mauer des Bischofshofes zurück. Erst als er nach geraumer Zeit von oben winkte, huschte sie in den Turm hinein und die Treppen hinauf.
     
    Bei Nebel und Kälte, wie sie draußen in den Gassen herrschten, hielt sich Platzmeister Friedrich zum Rad lieber im Stadthaus auf als auf den Plätzen, wo er den Frieden wahren sollte. Darum ließ er seine beiden Waffenknechte allein weiterziehen und nahm sich in der Kirche reichlich Zeit, seine Sünden abzubeten. Danach beeilte er sich, wieder in die Nähe des Kamins zu kommen. Nun war er keineswegs glücklich, als sein Knecht ihm den Judenbischof meldete.
    Die 2.000 Gulden Zwangsabgabe, die sie im vergangenen Jahr von den Juden eingetrieben hatten, waren noch nicht vergessen. Mit der Erinnerung spürte er wieder die Macht seines Amtes, die er bei diesem Unternehmen so genossen hatte. Wenn es nur immer so sein könnte. Doch er unterdrückte das Gefühl wieder und wandte sich dem graubärtigen Besucher mit freundlicher Miene zu. ťWas führt Euch zu mir?Ť
    ťDie Spielleute, die in die Stadt gekommen sindŤ, antwortete Samuel ben Isaak.
    ťWas ist mit ihnen?Ť
    ťEs ist ein Jude unter ihnen, der bei einem Mitglied unserer Gemeinde Quartier genommen hat.Ť
    ťWer? Woher?Ť Bei einem Spielmann musste Friedrich nicht fürchten, dass er Bürger werden wollte. Dennoch war es besser zu wissen, wer er war. Vielleicht fand sich sogar ein Grund, Zahlungen von ihm zu verlangen.
    ťEr nennt sich Israel ben Abraham aus Oberwesel, aber die letzten Jahre hat er in Spanien verbracht. Jetzt spielt er unzüchtige Lieder mit den Christen.Ť
    Der Platzmeister zog scharf die Luft ein. Was meinte dieser Kerl mit
    Doch er hielt seine wütende Frage zurück. Der Name hatte in seinem Gedächtnis einen Widerhall ausgelöst. ťIsrael ben Abraham. Hat er hier Verwandte? Ist er euch bekannt?Ť
    ťMir selbst nicht.Ť Samuel überlegte. ťBaruch ben Jakob

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