Die Schule der Spielleute
immerhin als Beschützerin der Spielleute galt, ließ sie sich nieder.
Alheit schloss die Augen und überlegte, wie sie sich die Heilige gewogen machen konnte. In den Geschichten war immer davon die Rede, Spielleute hätten die Muttergottes oder andere Heilige für sich eingenommen, indem sie für sie musizierten. Aber dabei wurden sogleich die Priester und anderen Gläubigen erwähnt, die gegen die Musik protestierten.
Zudem hatte sie kein Instrument bei sich. Nur die Flöte, die sie Klaus versprochen hatte. Schuldbewusst griff sie an ihren Gürtel, tastete weiter zu dem Beutel, in dem noch der Kanten Brot aus der Küche des Herrn von Alzey steckte.
Als sie ihn herausholte, hing etwas Dunkles daran. Im Kerzenlicht kniff Alheit die Augen zusammen. Der Wollfaden, den sie am Morgen neben Elbelins Kopf aus dem Stroh gezupft hatte.
Wer einen Mantel trug, war kein Geist, sondern ein lebendiger Mensch.
Dankbar sah sie zu der Heiligen auf. Ein Mensch würde leichter zu finden sein als ein Geist. Sie musste nur noch ihre Gedanken neu ordnen.
Aber was hatte der Todesbote an Elbelins Lager gesucht? Alheit hatte keine Wunden an dem toten Körper entdeckt, auch keine gebrochenen Knochen. Er hatte dagelegen wie im Schlaf, nicht wie einer, der sich verzweifelt gewehrt hatte. Doch ein Gift? Dazu hätte der Mann im dunklen Mantel seinem Opfer nicht so nahe kommen müssen.
Baldwins Gang zum Spital war wohl vergeblich. Er würde dort nichts Neues erfahren. Aber wohin konnte Alheit sich wenden?
Zunächst musste sie das Fädchen sicher verstauen, bis sie es bei Tageslicht noch einmal betrachten konnte.
Eine Glocke läutete zur Non. Alheit blieb, wo sie war, und ließ sich für eine Weile von den Gesängen am Hochaltar ablenken. Doch es fiel ihr schwer, unter den Priestern und Chorknaben nicht Elbelin herauszuhören. War er nun wohl bei seinem Gevatter im Himmel, der das Geld des Erzbischofs für ihn verwahrt hatte?
Bis es gestohlen wurde aus dem Loch in einem angefaulten Balken. War etwa der Schwarze der Dieb gewesen? Hatte er in dem Versteck noch anderes wertvolles Gut gesucht?
Als ob sie dazugehörte, verließ Alheit mit den wenigen Gläubigen, die dem Stundengebet gefolgt waren, die Kirche und machte sich auf den Weg zu ihrer Herberge. Diesmal aufrecht und in der Mitte der Gasse. Sie musste niemanden auf sich aufmerksam machen, indem sie schlich wie eine Diebin.
Kaum hatte Alheit den Hof des Wilden Mannes betreten, schoss ihr Klaus entgegen. ťWo ist meine Flöte?Ť, schluchzte er. Sein Gesicht war rot und geschwollen, wohl nicht nur vom Weinen.
Sie löste das Instrument mit seinem Beutel vom Gürtel und gab es dem Jungen. ťHier, aber gib gut darauf acht.Ť
Misstrauisch lugte er in den Beutel. Was er dort sah, stellte ihn anscheinend zufrieden. Er stieß einen triumphierenden Laut aus und rannte davon.
Der Lärm im Hof hatte Burkhard angelockt. ťDa bist du ja wieder. Haben dich die Städtischen nicht gefunden?Ť
ťWaren sie noch einmal hier?Ť, fragte Alheit dagegen.
ťSie suchen dich. Ich habe eure Instrumente zu meiner Sammlung gestellt und gesagt, du wärst fort.Ť
ťDanke.Ť Alheit nickte abwesend. Was mochte das nun wieder bedeuten? ťWar sonst noch jemand hier?Ť
ťNein. Wartest du auf jemanden?Ť
Sie schüttelte den Kopf. ťIch muss noch einmal in den Schlafraum hinauf.Ť
ťGlaubst du, du findest noch etwas?Ť
ťVielleicht.Ť
Achselzuckend wandte Burkhard sich ab. Alheit ging die Treppe hinauf und ließ sich gleich am Eingang auf die Knie nieder. Das Licht, das durch Tür und Fenster fiel, genügte, um die hohle Stelle zu entdecken. Sie griff hinein und fand nichts.
Hatte es gar nichts gegeben? Oder war der Unbekannte ihr zuvorgekommen? Ihre Gedanken führten sie nicht weiter. Alheit lehnte sich an den kalten Schlot. Im Geist betrachtete sie noch einmal die Leute, die hier gewohnt hatten, ihre Mäntel und Decken.
Tamas und Lene hatten Schafspelze getragen. Trotz Lenes bösen Geredes und der möglichen Rache wegen des Bären waren die beiden wohl unschuldig an Elbelins Tod.
Elbelins eigene Decke bestand aus ungefärbter schwarzer Wolle, ebenso die Gottfrids. Der Faden, den sie in der Tasche trug, war dunkler und gleichmäßig blauschwarz, nicht verwalkt wie das Tuch, aus dem Franz und sie selbst neue Mäntel bekommen hatten.
Bei jedem, den sie ausschloss, schüttelte sie den Kopf. Die Mäntel von Roberts Familie und Meister Wolfram hatte sie sich nicht so genau angeschaut. Sie lagen ihr nicht
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