Die Schule der Spielleute
als Schlafdecken vor Augen.
Was war mit Israel? Hatte er nicht einen schwarzen Mantel getragen? Doch. Aber er war schon längst gegangen, als Alheit in ihren wirren Träumen die dunkle Gestalt gesehen hatte. Das Tor musste um diese Zeit bereits verriegelt gewesen sein.
Irgendwo über ihr untersuchte Klaus sein neues Instrument und entlockte ihm schauerliche Töne. Nach einiger Zeit entdeckte er, wozu die Grifflöcher gut waren, und versuchte sich an einer wilden Mischung der Melodien, die er in den letzten Wochen gehört hatte.
Es fiel Alheit nicht schwer, dabei an ihre eigenen Mühen zu denken, als sie von Marjorie und Katherine lernen wollte. Nebenbei überlegte sie, wie die Decken der beiden ausgesehen hatten. Doch sie konnte sich nicht erinnern. Dabei wusste sie, dass Robert mindestens einmal etwas Unbekanntes in Elbelins Brei gegeben hatte. Wie oft das wirklich geschehen war und bei wem noch, konnte sie nicht sagen.
Meister Wolfram trug einen dunklen Mantel mit Pelzbesatz. Und in seinem Gepäck steckte ein Fläschchen mit scharf riechender Flüssigkeit, vermutlich zum Einreiben. Aber was hätte ihn dazu treiben können, den Jungen umzubringen? Elbelin hatte den Meister unverhohlen bewundert, vielleicht etwas übertrieben, was jener hätte als Spott auffassen können. Das mochte ein Grund für seine griesgrämigen Antworten gewesen sein, aber für einen heimtückischen Mord? Wieder schüttelte sie den Kopf.
In der Franziskanerkirche läutete es zur Vesper. Alheit beschloss, dorthin zu gehen. Danach würde sie sich zum Hof des Herrn von Alzey aufmachen. Oder gab es noch etwas in Erfahrung zu bringen?
Nichts, was ihr jetzt nützen könnte. Sie musste Baldwin wieder treffen, am Ende hatte er doch Wichtiges erfahren.
Baldwin hoffte, dass nun genug Zeit vergangen wäre, dass er sich in der Judengasse wieder sehen lassen konnte. Er suchte das Haus des Joseph nach der Beschreibung, die ihm der Kettenapotheker gegeben hatte, doch dieser Weg führte ihn zum Judenbad. Nach mehreren vergeblichen Versuchen fand er einen Jungen, der ihn für einen Heller vor die richtige Tür brachte.
In der Werkstatt des kräuterkundigen Joseph standen, genau wie in der Kettenapotheke, große und kleine Gefäße, Mörser, Kessel und andere Geräte, die er zur Ausübung seines Handwerks brauchte. Nur konnte Baldwin die Aufschriften nicht entziffern. Das war ihm schon lange nicht mehr widerfahren und bereitete ihm Unbehagen. Darum hatte er Mühe, das freundliche Lächeln des Juden zu erwidern. Seine Frage klang strenger, als er beabsichtigt hatte: ťDu brennst Kräutergeist?Ť
Doch seine Schärfe schien Joseph nicht zu stören ťJa. Womit kann ich dienen?Ť Er griff in ein Regal mit Flaschen hinter sich. ťBaldrian und Hopfen für einen ruhigen Schlaf? Lavendel gegen das Ungeziefer?Ť
ťNichts davonŤ, wehrte Baldwin ab. ťIch suche einen deiner Kunden.Ť
Joseph wandte sich von seinen Flaschen ab. ťWarum? Schuldet er dir Geld?Ť
ťVielleicht ein LebenŤ, knurrte Baldwin. Der Mut sank ihm, als er ausrechnete, wie viel Zeit vergangen war. ťHat in den vergangenen drei Wochen ein fahrender Spielmann bei dir gekauft? Vielleicht Gichtkraut für steife Finger?Ť
Sogleich schüttelte Joseph den Kopf. ťDas wäre Israel ben Abraham, oder? Der hat nichts von mir bekommen.Ť
ťEs könnte auch ein Christ gewesen sein.Ť
Das Kopfschütteln ging weiter. ťDa kommen nicht viele her, nur Leute aus dem Martinsviertel. Die kenne ich aber.Ť Dann sah er unvermittelt auf. ťDoch. Da war ein Kleiner, Rothaariger. Aber der hat kein Gichtkraut bekommen, sondern Mönchspfeffer, getrocknet.Ť
ťMönchspfeffer?Ť Baldwin trat erstaunt zurück.
ťJa, er hat mir noch etwas von seinem Orden der Goliarden erzählt
Ť
ťAh so. Aber das Kraut ist doch nicht giftig, oder?Ť
ťNein, neinŤ, beruhigte Joseph. ťSchlimmstenfalls gibt es einen Hautausschlag.Ť
Baldwin schüttelte den Kopf. ťDavon habe ich bei ihm nichts bemerkt. Dennoch, vielen Dank für deine Hilfe.Ť
Nachdenklich machte er sich auf den Rückweg. Sein Misstrauen hatte sich noch nicht gelegt, doch außer dass Joseph ein Jude war, gab es keinen Grund, ihm nicht zu glauben. Der heilkundige Wilhelmit im Heilig-Geist-Spital schien ihn zumindest als Apotheker zu schätzen.
Andererseits hatten sich Elbelin und sein Freund Gottfrid bei der jüdischen Gemeinde nicht eben beliebt gemacht, nach dem, was Alheit erzählt hatte. Möglicherweise hatte Israel ben Abraham seinen Glaubensgenossen zu
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