Die Schule der Spielleute
ťEin Jude, der sich auf Kräutergeister versteht
Ť Baldwin brach ab.
ťJaŤ, bestätigte Bruder Benedikt, ťer ist noch gar nicht lange aus Toledo hierher gezogen. Dort brennen sie schon länger Kräutergeist.Ť
Hieß es nicht, dieser Spielmann Israel sei aus Spanien gekommen? Dennoch fragte Baldwin: ťUnd der andere, den du genannt hast?Ť
ťDer Kettenapotheker?Ť Bruder Benedikt zuckte die Achseln. ťDer ist mit einigen Familien im Rat gut befreundet, sonst dürfte er gar nicht mehr verkaufen.Ť
ťWo kann ich ihn finden?Ť, erkundigte sich Baldwin.
ťOh, gleich am Dom, auf der Nordseite.Ť
Baldwin überlegte, ob er einen weiteren Besuch im Judenviertel wagen sollte. Doch die Stimmung war ihm am Vormittag sehr gespannt erschienen. Vielleicht war es besser, würde er mehr erfahren, wenn er einige Zeit verstreichen ließ. So beschloss er, den Apotheker am Dom zu besuchen.
Er bedankte sich bei Bruder Benedikt für die Auskunft und machte sich auf den Weg zurück in die Stadt. Die Torwächter schienen ihn nicht einmal zu bemerken. Er hatte den Dom und die achteckige Johanniskapelle schon halb umrundet, als er auf das Haus zur Kette stieß. Von außen erschien es recht geräumig und in gutem Zustand. Kein Wunder, wenn der Eigentümer auf so gutem Fuß mit dem Rat stand.
Der kleine, dicke Mann, der drinnen am Feuer saß, wirkte mit seinem schwarzen Käppchen, den dunklen Locken und der vorspringenden Nase fast so jüdisch, wie sein noch unbekannter Konkurrent aussehen musste. Er rührte in einem Kupferkessel, der am Rand der Glut stand. Baldwin fragte sich, was er darin zubereiten mochte, ob der leicht muffige Geruch nach Pfeffer und anderen von weither eingekauften Gewürzen zu diesem Gebräu gehörte.
ťEinen Augenblick, ich komme sofort,Ť murmelte der Mann und sah Baldwin mit zusammengekniffenen Augen an. Er rührte noch einige Male, dann schob er den Kessel ein wenig weiter an den Rand der Feuerstelle und erhob sich mühsam von seinem Schemel. Dabei wischte er sich die Hände an seinem Lederschurz ab. ťWas kann ich für dich tun?Ť Er starrte Baldwin angestrengt an, als könnte er ihn nicht richtig erkennen. ťPaterŤ, fügte er schließlich hinzu.
ťGott grüße dich, MeisterŤ, sagte Baldwin. ťIch habe nur eine Frage an dich. Hat in den vergangenen drei, vier Wochen ein Spielmann bei dir Kräutergeist zum Einreiben gekauft?Ť
ťEin Spielmann?Ť, fragte der Apotheker dagegen und schloss die Augen. Er zählte an seinen Fingern ab und murmelte Kräuternamen vor sich hin. ťGichtkraut. Ja, da war einer mit einer schönen Stimme. Ein Sänger des Erzbischofs von Trier.Ť
Baldwin zuckte zusammen. ťWie sah er aus?Ť, unterbrach er den Apotheker. ťBlonde Locken? Cotte und Beinlinge gelb und grün?Ť
Irritiert schüttelte der Kettenapotheker den Kopf. ťNein, ich glaube, das Gewand war eher rot, aber helles Haar hatte er. Eine tiefe, kräftige Stimme. Konnte nicht gleich bezahlen, dann kam er wieder und wollte noch viel mehr haben.Ť Der Apotheker schüttelte den Kopf. ťDas war doch derselbe, oder?Ť, fragte er sich. ťNein, halt, der Erste kam von irgendeinem Grafen. Aber die Stimme
es waren so viele Spielleute in der Stadt, auch bei mir. Lavendel wollten sie haben, gegen Ungeziefer, Liebestränke
Ť Er brach ab. ťAber warum willst du das wissen?Ť
Baldwin ging nicht darauf ein. ťWie groß war er? So wie du?Ť
ťMag sein, oder größer.Ť Der Apotheker hob hilflos die Schultern. ťAber jetzt sag, was geschehen ist.Ť
ťEr wollte das Zeug als Liebestrank verkaufen
Ť
ťOh nein, oh nein, nicht trinken!Ť
ťSiehst du wohl, ich habs doch gleich gesagt. Den Kerl werde ich mir vorknöpfen. Danke für die Auskunft!Ť
Alheit eilte mit gesenktem Kopf und dicht an den Hauswänden entlang dem Martinsstift und seiner Pfarrkirche zu. Es passte ihr nicht. Sie wollte zu Israel und seinen Glaubensgenossen, Fragen stellen und Antworten erhalten. Was hatte er gesagt, wohin er gehen wollte?
Wohl eher bleiben, als Handelsknecht und vielleicht auch Schwiegersohn bei Baruch ben Jakob. Diese Pläne konnten mit Elbelins Tod nichts zu tun haben. Wenn Israel der Mörder war, dann nur aus Rache. Die Guiterne neben dem Schinken, der Auftritt beim Leichenzug genügte das, um tödlichen Hass hervorzubringen? Wen hatte man da zu Grabe getragen?
An der Kirchentür schaute sich Alheit noch einmal um, ob ihr keiner gefolgt war. Zumindest bemerkte sie niemanden und trat ein. Vor dem Altar der heiligen Cäcilia, die
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