Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
hier erschien doch nun wirklich so ziemlich an den Haaren herbeigezogen.
Der Privatdetektiv seufzte und schaute auf die Uhr. Noch zwanzig Minuten bis zum Ende der Vorlesung. Er stellte fest, dass er dringend etwas zu trinken brauchte.
Um etwas zu tun zu haben, holte er
Strangler’s Honeymoon
aus der Aktentasche und begann, darin zu blättern. Seit Anfang Dezember war er auf der Suche gewesen, und Mitte Januar hatte er dann ein Exemplar bei Dillman’s in London gefunden. Hatte das Buch gelesen, aber nicht sehr viel davon behalten.
Nur dieser verfluchte Name spukte in seinem Kopf herum.
Kerran. Benjamin Kerran.
Er hatte Probleme, ihn mit diesem ansehnlichen Akademikerfuzzi da vorn am Pult zu verbinden. Große Probleme.
Da konnte Borkmann sagen, was er wollte.
Zwei Studentinnen – eine kurze, kräftige Dunkle und eine lange Blonde mit Pferdeschwanz – hatten mit deFraan noch einige Ansichten zu Trollope zu diskutieren, sodass Van Veeteren eine Weile warten musste, bis er mit dem Professor unter vier Augen einige Worte wechseln konnte. Aber schließlich waren die Mädchen doch fertig, es schien, als hätten sie das Gespräch nur zu gern noch in die Länge gezogen, allein, ihnen fehlte dazu die Fähigkeit.
Fähigkeiten –
sowohl die intellektuellen als auch augenscheinlich die rein weiblichen. Übertrieben und umständlich bedankten sie sich, stopften ihre Stifte und Notizen in die Schultertaschen, machten die Andeutung eines Knickses und schlenderten aus dem Saal.
DeFraan schob seine Brille zurecht und schaute Van Veeteren aufmerksam und fragend an.
»Entschuldigung. Hätten Sie vielleicht eine Minute Zeit?«
DeFraan verzog leicht den Mund und schob seine Vorlesungspapiere in einen gelben Plastikordner.
»Aber natürlich.«
»Danke. Mein Name ist Van Veeteren. Ich bin Teilhaber von Krantzes Antiquariat in der Kupinski-Gasse.«
»Ja?«
»Die Sache ist die, dass ich vor kurzem ein Buch bekommen habe, und da wollte ich gern wissen, ob Sie mir damit helfen könnten… oder mit dem Autor, genauer gesagt… Henry Moll. Er ist mir vollkommen unbekannt.«
Er überreichte den ziemlich zerfledderten, gehefteten Band.
DeFraan nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn eine Sekunde lang mit hochgezogener Augenbraue. Schob erneut die Brille zurecht, schlug das Vorsatzblatt auf und überprüfte die Copyrightangaben und das Erscheinungsjahr.
»Tut mir Leid«, sagte er. »Habe noch nie von ihm gehört. Aber in den Zwanziger- und Dreißigerjahren ist ja unendlich viel Literatur dieser Art erschienen. Warum sind Sie so interessiert daran?«
»Ich habe den Roman gelesen, und er hat mir gefallen.«
»Wirklich?«
DeFraan schaute zunächst auf das Buch, dann auf Van Veeteren, während etwas, das möglicherweise ein sanfter Zug von Lächeln oder Skepsis sein sollte, über seinen Mund huschte.
»Wir haben es hier natürlich nicht mit wirklich bemerkenswerter Literatur zu tun«, erklärte Van Veeteren und versuchte, peinlich berührt auszusehen (ohne dass ihm das wirklich gelungen wäre, zumindest soweit er das selbst beurteilen konnte), »aber der Ton hat schon was… die Hauptperson… der Mörder.«
DeFraan reagierte nicht. Begann, etwas unkonzentriert im Buch zu blättern.
»Benjamin Kerran. Der Name sagt Ihnen auch nichts?«
»Kerran?«
»Ja.«
DeFraan klappte das Buch wieder zu und schaute auf seine Armbanduhr.
»Nein. Tut mir Leid, aber ich fürchte, ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen, Herr… ?«
»Van Veeteren.«
»Van Veeteren. Außerdem habe ich in ein paar Minuten einen Termin, wenn Sie mich also entschuldigen wollen… ?«
Van Veeteren nahm das Buch entgegen und schob es in die Aktentasche.
»Na gut«, sagte er. »Ja, vielen Dank, dass ich überhaupt Ihre Zeit in Anspruch nehmen durfte. Und vielen Dank für die interessante Vorlesung.«
»Keine Ursache«, versicherte deFraan und verließ ohne Eile den Hörsaal.
Van Veeteren ging langsam hinter dem Professor hinaus. Am unteren Ende der imposanten Marmortreppe, die von mehr oder weniger schnellen Studentenfüßen während eineinhalb Jahrhunderten blank poliert und umrahmt von ungekrönten, gestohlenen Säulen war, fand er eine Cafeteria. Er erinnerte sich daran, schon früher dort gesessen zu haben – nicht vor eineinhalb Jahrhunderten, aber vielleicht vor gut vierzig Jahren –, ließ sich mit einer Tasse Kaffee und einer Zigarette an einem freien Tisch nieder und versuchte, die Lage zu analysieren.
Verdammte Scheiße, dachte er. Kann sein,
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