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Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Titel: Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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Kater da oben unter der Decke. Der hatte von neuem seine Beute losgelassen. Saß da und betrachtete sie mit etwas, das fast aussah wie wissenschaftliches Interesse. Studierte sie ernsthaft, mit dem gleichen neutralen, nichts sagenden Ausdruck in seinem dreieckigen Katzengesicht wie immer. Van Veeteren konnte es nicht lassen, er musste darüber nachdenken, was wohl in dem Tierkopf da vor sich ging. In Strawinskys Kopf wohlgemerkt, denn in dem der Schwalbe rührte sich höchstwahrscheinlich nichts mehr.
    Er ließ seine Gedanken weiter fließen, während er den Teppichklopfergriff umklammert hielt und immer noch überlegte, was er machen sollte.
    Was war es eigentlich genau, was eine Katze dazu veranlasste, ihre sichere Beute auf diese Art und Weise herumzuschleppen?
    Man musste sich einfach darüber Gedanken machen und konnte sich nur wundern. Immer wieder das Opfer loslassen – in eine äußerst illusorische Freiheit natürlich –, nur um in bequemem Abstand dabeisitzen und ruhig und zufrieden den Todeskampf beobachten zu können? Welchem Sinn und Zweck diente ein derartiges Verhalten? Welche Kräfte lagen hinter diesem bösartigen Spiel? Ursprünglich. Das Raubtier und seine Beute.
    Biologische oder kulinarische? Vielleicht waren das die gleichen. Obwohl es, wenn er sich recht erinnerte, angeblich wichtig war, dass die Tiere, die man später essen wollte, so wenig gestresst wie möglich waren. Er hatte irgendwo gelesen, dass Fleisch und Schinken am wohlschmeckendsten waren, wenn es gelang, das Schwein noch bis zum Todesaugenblick in falscher Sicherheit zu wiegen. Vielleicht ein Genickschuss im Schlaf?
    Mochten Kater – und katzenartige Raubtiere überhaupt – lieber Fleisch, das voll von diesen scharfen Säften der Todesangst war? Konnte das der Grund sein?
    Ja, wahrscheinlich. Teuflisch banal. Und welch sinnlose Grausamkeit aus dem Sichtwinkel des Opfers: ein hinausgezögerter und verlängerter Todeskampf, nur um die Geschmacksknospen des Henkers zufrieden zu stellen!
    Gott im Himmel, dachte er. Du musst wirklich ein widerlicher Teufel sein.
    Er schüttelte über diese weitschweifigen Spekulationen den Kopf. Hob den Teppichklopfer und schlug gegen das Bücherregal. Strawinsky packte die Schwalbe wieder mit den Zähnen und sprang hinunter. Fegte in den Flur, Van Veeteren auf den Fersen. Vor dem Schuhregal blieb der Kater einen Augenblick zögernd stehen. Er schien zu überlegen, welches der nächste sichere Zufluchtsort sein könnte, an dem er nicht mehr von diesem Verrückten gehetzt werden würde – bei dem er seit einiger Zeit wohnte und der ihm bis jetzt eigentlich wie eine ausgeglichene und vernünftige Person vorgekommen war. So in etwa jedenfalls. Wenn es um Menschen ging, konnte man es nie so genau sagen.
    Van Veeteren nutzte die kurze Bedenkzeit, um die Tür zum Treppenhaus zu öffnen, und Strawinsky nutzte sofort die neu eröffnete Fluchtmöglichkeit. Wie der Blitz rannte er die Treppe hinunter, mit der inzwischen sicher mausetoten Schwalbe wie einem buschigen, aber gut gewachsenen Schnurrbart vor den Zähnen.
    Van Veeteren sah selbst ein, dass das Katzenvieh hinaus auf den Hof wollte. Er folgte ihm splitternackt, hoffte nur, dass kein Nachbar zu dieser unchristlich frühen Morgenstunde auf den Beinen wäre (insbesondere nicht die alte Frau Brambowska; eine nackte Konfrontation im Treppenhaus würde für alle Zeiten ihre gute Beziehung ruinieren, das war ihm klar, und schließlich hatte sie sich um Strawinsky und die Blumen während der Romwochen gekümmert), und es gelang ihm mit einiger Mühe, den Kater durch die Hintertür hinauszutreiben. Er hielt sie mit Hilfe des üblichen Besens einen Spalt offen, und als er wieder zurück in die Wohnung ging, fühlte er sich so wach, als hätte er einen Kopfsprung in acht Grad kaltes Meerwasser machen müssen und nur knapp überlebt.
    Er schaute in der Küche auf die Uhr. Es war siebzehn Minuten vor sechs Uhr morgens. Er kniff sich in den Arm. Das tat weh, also hatte er nicht geträumt.
    In der Erwartung, dass sich nach diesen surrealistischen Morgenaktivitäten eine Art Müdigkeit einstellen würde, ging er zunächst ins Schlafzimmer und überprüfte, ob es Ulrike tatsächlich gelungen war, während dieses ganzen Tumults weiter zu schlafen.
    Das war es ihr offensichtlich. Sie lag friedlich schnaubend auf der Seite, das obligatorische Kissen zwischen den Knien und ein leichtes, unerreichbares Lächeln auf den Lippen. Er blieb eine Weile neben ihr stehen und

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