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Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Titel: Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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jüngsten Tag… verdammter Scheiß!
    Sie wollte auf der Hacke umdrehen, um diesen Beschluss in die Tat umzusetzen, als sie sah, wie drinnen hinter den geriffelten kleinen Fensterscheiben im oberen Teil der Tür das Licht anging.
    Sie konnte nicht mehr darüber nachdenken. Keine Entscheidung mehr treffen. Ein dünnhaariger Mann mittleren Alters in Trainingsanzug und Joggingschuhen kam heraus. Nickte ihr zu, lief auf den Hof und war innerhalb von drei Sekunden durch das Portal verschwunden.
    Sie fing die Tür auf, bevor sie ins Schloss fiel, fast ohne sich dessen bewusst zu sein, und dann war sie drinnen. Blieb einen kurzen Moment lang stehen und spürte, wie eine Art Wirbel in ihrem Körper aufstieg. Biss sich auf die Zunge und ballte die Fäuste. Schaute sich um.
    Jetzt, dachte sie. Gott gibt mir eine Chance.
    An der Wand gleich links, vor der halben Treppe zum Fahrstuhl, hing eine verglaste Tafel mit den Namen der Mieter, Etage für Etage, und als sie sie durchging, kam die Erinnerung zurück. Sie erkannte den Namen des Studenten wieder. Also fünfter Stock, genau wie sie gedacht hatte. Ganz oben.
    Vielleicht hätte sie unter anderen Umständen und mit einem etwas klareren Kopf darüber nachgedacht, warum auch hier sein Name nicht stand, sondern nur der des ausgezogenen Untermieters – hätte zumindest eine Sekunde lang überlegt, ob das nicht ein wenig sonderbar war, dass jemand an so selbstverständlichen Orten nicht seinen richtigen Namen angibt.
    Aber das tat sie nicht. Stellte nichts in Frage. Der Wirbel war zu stark. Nachdem sie so weit gekommen war, ließ sich Monica Kammerle nicht die Zeit, über irgendetwas nachzudenken. Vergaß auch, noch nachzusehen, wie es sich mit den Briefkästen verhielt, die in einer langen, blassgrünen Reihe an der Wand gegenüber der Namenstafel hingen.
    Stieg einfach in den Fahrstuhl, es war ein erleuchteter, einladender alter Holzlift mit einem Klappsitz aus rotem Samtbezug. Daran konnte sie sich noch erinnern. Zog das klapprige Gitter vor und drückte auf den Knopf.
    Der Fahrstuhlkorb, der seinen Dienst vermutlich schon seit… 1905, hatte er das gesagt?… tat, setzte sich in Bewegung und begann, sie langsam quietschend nach oben zu transportieren – und während sie zusah, wie eine Etage nach der anderen an ihr vorbeizog, fiel ihr ein, dass sie auf den Geruch achten musste.
    Auf den süßlichen Geruch von dem vermodernden Körper ihres Geliebten.
    Sie konnte nichts davon feststellen. Nicht einmal, als sie aus dem Fahrstuhl stieg und vor seiner Tür stand, hing irgendein verdächtiger Geruch in der Luft.
    Und es sickerte auch kein Licht unter der Tür hervor. Aber das wäre auch schwer möglich gewesen, musste sie sich eingestehen, da der Spalt unter der Tür nicht einmal einen Millimeter hoch war. Im Gegenteil, die Tür sah ebenso dunkel, fest und solide aus wie der Rest des Hauses, und das Schlüsselloch gehörte nicht zu der Sorte, durch die man hindurchgucken konnte.
    Monica Kammerle schluckte und blieb einfach stehen, die Arme seitlich herabhängend. Sie spürte, wie der Wirbel ins Stocken geriet, und wieder war sie kurz davor, in Tränen auszubrechen, gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass unten von der Treppe Schritte zu hören waren.
    Sie hatte nicht mitbekommen, dass irgendwo eine Tür geöffnet und wieder geschlossen worden war, aber vielleicht war ja jemand durch den Hof gekommen, während sie sich immer noch in dem rasselnden Fahrstuhl befunden hatte.
    Jemand, der jetzt also auf dem Weg hinauf war. Sie schaute sich um und überlegte, was sie tun sollte. Es gab noch eine weitere Tür auf der Etage, auf der sie sich befand, ein Stück weiter einen kurzen Flur entlang. Nach oben führten vier Treppenstufen zu einer massiven Tür aus Eisen oder Stahl. Wahrscheinlich zum Dachboden. Der sah aus, als wäre er ebenso sicher verschlossen wie ein Safe in der Schweiz.
    Sie horchte. Die Schritte waren immer noch zu hören.
    Näherten sich.
    Du stehst vor der Tür der Wohnung, in der du deinen Liebhaber ermordet hast, redete eine innere Stimme ihr ein. Jemand ist auf dem Weg hierher und wird dich innerhalb der nächsten zehn Sekunden entdecken…
    Es sei denn, dieser Jemand will nur in den vierten Stock.
    Sie presste sich an die Wand neben der Tür und hielt die Luft an.
    Die Schritte machten einen kurzen Halt auf dem Stockwerk unter ihr, ein männliches Husten war zu hören – und dann das leise Klirren eines Schlüsselbunds, das aus einer Jackentasche gezogen

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