Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
Reinhart. »Nach diesem Lärm hier ist sowieso noch keiner im Bett. Ich werde Verstärkung schicken, wenn ich jemanden auftreiben kann.«
»In Ordnung«, stimmte Rooth zu. »Aber wir gehen erst kurz in die Pizzeria. Die liegt ja gleich um die Ecke. Man sollte nicht mit leerem Magen arbeiten, sonst verliert man die Konzentration.«
Reinhart zwinkerte ihm zu und verschwand zusammen mit Traut. Jung verkündete, dass er unter den gegebenen Umständen nicht besonders hungrig war, und begab sich stattdessen in die Nachbarwohnung, um dort ein ausführlicheres Gespräch mit der kroatischen Einwandererfrau zu führen, mit der er zuvor bereits ein paar Worte gewechselt hatte.
Und die zumindest eine kleine Ahnung zu haben schien, um wen es sich bei dem Opfer eigentlich handelte.
Aber nur eine Ahnung, wie gesagt. Wenn diese Frau Kammerle einen Monat oder länger in ihrer Wohnung tot gelegen haben konnte, dann war es um die gutnachbarschaftlichen Beziehungen nicht sonderlich gut bestellt.
Dachte Inspektor Jung und holte Papier und Stift hervor.
»Was ist passiert?«, fragte Münster und ließ sich Reinhart gegenüber nieder.
Reinhart verzog das Gesicht und legte die Füße ins Bücherregal.
»Gut, dass du kommst«, sagte er. »Mord. Es geht um eine Frau, die wahrscheinlich Martina Kammerle heißt. In der Moerckstraat. Sie ist erwürgt worden und hat seit ungefähr einem Monat unter ihrem Bett gelegen.«
»Unter?«, fragte Münster.
»Unter«, bestätigte Reinhart. »Der Täter hat sie in zwei Müllbeutel gewickelt, damit sie nicht friert. Ein fürsorglicher Bursche. Es ist schrecklich. Wie immer.«
»Wie immer«, wiederholte Münster. »Wurde sie auch vergewaltigt?«
»Schon möglich«, sagte Reinhart. »Obwohl, sie hatte einiges an Kleidung an, also vielleicht ist ihr das erspart geblieben. Unterhose und ein Nachthemd… vielleicht sollte ich lieber sagen, die Reste davon. Es gibt da gewisse chemische Prozesse, die ein Körper durchmacht, der einen Monat lang bei Zimmertemperatur herumliegt, aber daran brauche ich dich nicht eigens zu erinnern, oder?«
»Nein«, bestätigte Münster seufzend. »Das brauchst du nicht. Wer ist sie?«
Reinhart richtete sich in seinem Stuhl auf und kratzte seine Pfeife aus.
»Keine Ahnung«, sagte er. »Aber wir haben hier jemanden, der es vielleicht weiß. Er heißt Traut, und er hat sie gefunden. In irgendeiner Form mit ihr verwandt. Selbstständiger Unternehmer… nicht gerade mein Typ, wenn ich ehrlich sein soll, aber was nützt es denn, ehrlich zu sein?«
»Hast du ihn schon vernommen?«
»Noch nicht. Ich dachte, es wäre besser zu zweit, deshalb habe ich dich angerufen.«
Münster nickte.
»Verstehe. Gibt’s sonst noch was, was du mir sagen willst, bevor wir loslegen?«
»Nicht, dass ich im Augenblick wüsste«, sagte Reinhart. »Dann wollen wir uns mal um ihn kümmern. Ich glaube, er hat lange genug gewartet.«
»Es ist schon elf«, sagte Münster. »Höchste Zeit, wenn wir heute Nacht noch unseren Schönheitsschlaf bekommen wollen.«
»Genau«, sagte Reinhart und stand auf. »Alles zu seiner Zeit.«
»Verdammt trübselige Gegend hier«, stellte Rooth eine Weile später fest. »Nur gut, dass man hier nicht wohnen muss.«
Jung, der seinerseits nicht einmal dreihundert Meter von der Moerckstraat entfernt aufgewachsen war, gab dazu keinen Kommentar ab. Stattdessen schlug er vor, es für diesen Abend genug sein zu lassen und die Eindrücke unten im Auto zusammenzufassen. Dagegen hatte Rooth nichts einzuwenden, sie verabschiedeten sich von Le Houde und seinen tapferen Männern und wünschten ihnen noch eine erfolgreiche Nacht.
Le Houde war so müde, dass er nicht einmal mehr in der Lage war zu fluchen, und als Rooth ihm eine halbe Tafel Schokolade anbot, drehte er ihm wortlos den Rücken zu.
»Ist doch schön, so wohlerzogene Kollegen zu haben«, sagte Rooth und stopfte sich die Schokolade selbst in den Mund. »Also, was hast du rausgekriegt? Hast du einen Würger gefunden?«
»Ich glaube nicht«, musste Jung zugeben. »Aber ich habe auch nur zwei Wohnungen geschafft.«
»Ich drei«, sagte Rooth. »In dieser Gegend scheinen sie sich nicht viel umeinander zu kümmern. Aber die Frau Paraskevi hatte doch wohl einiges zu sagen, oder?«
Jung zuckte mit den Schultern.
»Eigentlich nicht«, erklärte er. »Sie war ja dabei, als sie reingegangen sind, und sie behauptet, schon eine ganze Weile was gemerkt zu haben. Sie ist vorzeitig pensioniert und den ganzen Tag über allein
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