Die Schwarze Festung
hatte. Die Wand bestand aus zwei Zentimeter dickem Stahl. Selbst mit der schweren Laserwaffe würde sie eine Viertelstunde brauchen, um eine ausreichend große Öffnung hineinzubrennen. Und sie wußte nicht einmal, ob es Sinn hatte. Was geschah, wenn die Moroni die Orbit-Stadt in größerem Maße verändert hatten, als sie wußte? Was, wenn hinter dieser gekrümmten Wand nicht der leere Raum, sondern nur ein weiterer Saal voller waffenstarrender Ameisenkrieger lag, die bereits auf sie warteten, und ... Der Laserstrahl stieß plötzlich ins Leere. Ein helles Zischen und Pfeifen erklang, und etwas packte die Flammen und sog sie ins Freie. Charity ließ den Laserstrahl ein wenig nach links wandern und begann die gewaltsam geschaffene Öffnung zu erweitern. Aus dem Zischen wurde ein heulendes Fauchen, und der Raum füllte sich mit Bewegung, als der Luftstrom an alle zu reißen begann, was nicht ausgesprochen schwer oder irgendwie befestigt war. »Verdammt, was treibst du da?« rief Skudder von der Tür her. Charity nahm für einen Moment den Finger vom Feuerknopf und blickte zur Tür. Der Luftstrom begann Rauch und Flammen vom Gang hereinzusaugen, so daß Skudder kaum noch etwas sehen konnte. Und plötzlich flackerte neben der Tür eine rote Warnlampe, und das schwere Panzerschott begann sich automatisch zu schließen. Charity fuhr herum, war mit einem Satz neben Skudder und wuchtete eine der schweren Sauerstoffflaschen in die Türöffnung. Das Schott prallte mit einem Laut, als schlüge ein schwerer Schmiedehammer auf einen Amboß, dagegen, und zum Prasseln der Flammen und dem Zischen der immer schneller entweichenden Luft gesellte sich plötzlich das gequälte Wimmern eines überlasteten Elektromotors. Einen Augenblick später begann grauer Rauch aus einer Ventilationsöffnung neben der Tür zu quellen. Skudder blickte sie verständnislos an. »Was tust du da?« wunderte er sich. Charity gebot ihm mit einer Geste still zu sein und blickte konzentriert auf den Gang hinaus. Rauch und Flammen hatten sich zu einem Orkan ausgeweitet, der heulend und mit solcher Kraft durch die Tür hereinströmte, daß Charity Mühe hatte, ihm zu widerstehen. Sie wartete mit angehaltenem Atem, eine, zwei, drei Sekunden; und dann drang vom Gang her rasch hintereinander eine Folge dumpfer Schläge herein. Charity atmete hörbar auf. Offensichtlich funktionierte die Notfallautomatik noch genauso zuverlässig wie vor einem halben Jahrhundert. Der Computer hatte sämtliche Türen geschlossen und den Bereich rings um den undichten Raum luftdicht abgeschottet. Der Strom aus Flammen, wirbelndem Rauch und Ruß hielt nur noch einen Moment an und versiegte dann. Der flackernde Feuerschein draußen wurde dunkler und erlosch. Skudder zog anerkennend die Augenbrauen zusammen, als er begriff, was sie getan hatte. »Du hast mein Feuer ausgemacht«, sagte er übertrieben vorwurfsvoll. Dann richtete er sich auf und spähte vorsichtig auf den Gang hinaus. »Alles klar«, fügte er grinsend hinzu. »Die Ameisen hast du auch ausgeknipst.« Sein Lächeln erstarrte, als er den Blick auffing, den Charity ihm zuwarf. Charity war selbst ein wenig verwirrt – sie kannte Skudders sarkastische Art zur Genüge und wußte, daß sein Zynismus nur aufgesetzt und eigentlich nicht so gemeint war. Trotzdem spürte sie Verärgerung, fast Zorn. Vielleicht hatte sie den Tod zu intensiv berührt, um noch Scherze mit ihm treiben zu können. Rasch drehte sie sich herum und visierte wieder die Wand an. Ihr Lasergewehr fuhr fort, grünes Feuer gegen den Stahl zu schleudern und ihn damit zu zerschmelzen, und nur einen Augenblick später gesellte sich Skudder zu ihr und erweiterte die Öffnung in der entgegengesetzten Richtung. Trotzdem brauchten sie gute fünfzehn Minuten, um ein Loch in die Wand zu schneiden, das groß genug war, um bequem hindurchsteigen zu können. Immer wieder mußten sie ihre Arbeit unterbrechen, um ihre Waffen abkühlen zu lassen oder ihren gequälten Augen eine Pause zu gönnen. Der Lauf des Lasergewehres schien in Charitys Händen zu glühen, als sich die metergroße Stahlplatte endlich aus der Wand löste und lautlos nach draußen kippte. Ein Blick auf die Ladekontrolle zeigte ihr, daß die Batterien kaum noch zehn Prozent ihrer normalen Leistung hatten. Sehr lange würden sie mit diesen Gewehren nicht mehr schießen können. Sie gönnte sich selbst den Luxus, einige Sekunden lang die Augen zu schließen und an gar nichts zu denken, dann
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