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Die Schwarze Festung

Die Schwarze Festung

Titel: Die Schwarze Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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drehte sie sich zu French herum und sagte: »Okay. Sie als erster.« French starrte sie an. Sein bleiches Totenkopfgesicht wirkte unter dem durchsichtigen Plastikhelm klein und verloren. Er sagte etwas. Seine Lippen bewegten sich, aber Charity hörte nicht den mindesten Laut. Erst dann begriff sie, daß hier drinnen jetzt das Vakuum des Weltraums herrschte und sie gar nichts hören konnte. Sie knipste den Helmfunk ein und bedeutete French, es ihr nachzutun. »Gehen Sie voraus«, sagte sie noch einmal. »Sie kennen den Weg.« In Frenchs Augen flackerte Panik auf, und Charity fügte mit einem erzwungenen Optimismus in der Stimme, den sie selbst ganz und gar nicht verspürte, hinzu: »Keine Angst. Ihnen kann nichts passieren.« »Das ... das ist die Tote Welt«, stammelte French. »Wir ... wir werden alle zur Erde gehen. Wir werden erfrieren oder verbrennen.« »Ihnen wird nichts dergleichen geschehen«, versicherte ihm Charity. »Diese Anzüge sind sicher. Und wir passen auf Sie auf.« Sie lächelte aufmunternd. »Wir kommen von dort draußen, schon vergessen?« Charity war nicht sicher, ob French ihr wirklich glaubte oder ob es immer noch die Ehrfurcht vor den Fremden war, die er für eine Art Götter oder zumindest Übermenschen zu halten schien, aber es wirkte. French beruhigte sich. Er war noch immer nervös, aber in seinem Blick war jetzt keine Panik mehr, und er machte einen zögernden Schritt auf das Loch in der Außenwand zu und hob die Hände. Langsam schob er Kopf und Oberkörper durch die gewaltsam geschaffene Öffnung ins Freie, und Charity hielt ihn im letzten Moment zurück, als ihr der nächste Fehler klar wurde, den sie im Begriff war, zu begehen. »Warten Sie«, sagte sie. Sie signalisierte die gleiche Aufforderung mit Gesten, als French sie erschrocken ansah, trat rasch an den Schrank heran, aus dem sie die Anzüge geholt hatte, und nahm eine der Sicherheitsleinen heraus. Sie befestigte die Ösen an ihrem und Frenchs Anzug und bedeutete Skudder, das gleiche mit Gurk und Stone zu tun. Außer ihr selbst – und möglicherweise Gurk – hatte keiner von ihnen jemals einen Raumanzug getragen oder sich im leeren Raum aufgehalten. Ihre Vorsicht erwies sich als keineswegs übertrieben. Kaum war sie hinter French ins Freie geklettert, da spürte sie, wie eine unsichtbare Last von ihr genommen wurde. French schwebte vor ihr im Nichts wie ein bizarrer Riesenfisch an der im Vakuum silbern schimmernden Nylonschnur, und die Außenwand der Orbit-Stadt sackte lautlos unter ihr weg. Sie bewegte sich auf die Art, die sie gelernt hatte, glitt wieder in die entgegengesetzte Richtung und berührte sanft wie ein fallendes Blatt die gekrümmte Außenfläche der Raumstation. Mit einem leisen Klicken schalteten sich die Elektromagnete in den Sohlen ihres Anzuges ein. Sie überzeugte sich davon, sicheren Stand zu haben, dann griff sie nach der Leine und zog French zu sich zurück, was ihr nun vollends das Gefühl gab, einen zu groß geratenen Fisch an der Angel zu haben. Offensichtlich hatte er auch keine große Erfahrung im Umgang mit Magnetschuhen, denn er versuchte ganz instinktiv, die Füße wieder vom Boden loszureißen, bis Charity ihm zeigte, wie er leichter und mit nur einer sanften Drehung ging, ihm aber gleichzeitig andeutete, es im Moment noch nicht zu tun. Besorgt betrachtete sie sein Gesicht. Der Ausdruck, den sie darauf sah, ließ sich nur noch mit Todesangst bezeichnen. Charity schickte ein Stoßgebet zum Himmel, daß sein Respekt vor ihr und den anderen größer sein möge als seine Angst, dann stellte sie den Helmkontakt wieder her. Frenchs Atem ging schnell und stoßweise. Er zitterte. »Wir ... wir werden zur Erde gehen«, stammelte er. »Wir werden alle ...« »Wir werden nichts dergleichen tun«, unterbrach ihn Charity scharf. »Vielleicht nehmen wir Sie eines Tages mit dorthin, French, aber nicht auf diesem Weg. Das würde zu lange dauern und wäre auch nicht besonders bequem. Bitte reißen Sie sich zusammen. Ihnen wird nichts passieren.« Das Wunder wiederholte sich. French beruhigte sich auch jetzt wieder. Doch wenn auch nur noch die kleinste Kleinigkeit geschah, dachte Charity alarmiert, dann würde er einfach zusammenbrechen und wer weiß was tun. Sie mußte sehr gut auf ihn achtgeben. »Bitte, French«, fuhr sie eindringlich fort. »Wir haben nicht sehr viel Zeit. Der Sauerstoff reicht nur für zwei Stunden, und sie werden uns wahrscheinlich  verfolgen. Zeigen Sie uns den Weg zu

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