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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Bräutigam aus Anglesey hatte es sie sowenig verlangt wie nach einer Klosterzelle unter fremden Menschen in England. Bevor sie für die Nacht geschlossen wurden, war Heledd durch eines der Tore von Aber geschlüpft und hatte sich auf die Suche nach einer Zukunft gemacht, die sie selbst bestimmen würde. Dabei hatte sie im Tausch für ihr eigenes Pferd ein ausgesuchtes Tier mitgenommen, samt Sattel und Zaumzeug.
    Sie war zum letztenmal gesehen worden, als sie die Halle mit einer leeren Karaffe verlassen hatte. Das Fest des Fürsten war kaum zur Hälfte vorüber gewesen, und alle vornehmen Männer hatten noch beschäftigt zu Tisch gesessen. Als sie den Vorhang hinter sich geschlossen hatte, hatte ihr Vater ihr mit düsterem Gesichtsausdruck nachgeschaut. Mag sein, daß sie tatsächlich vorgehabt hatte, die Kanne wieder zu füllen und zurückzukehren und die walisischen Trinkhörner von neuem zu füllen, wenn auch nur, um Kanonikus Meirion zuzusetzen. Doch seitdem hatte sie niemand mehr gesehen. Und als der Tag anbrach und die Streitkräfte des Fürsten sich auf mehreren Plätzen in der Burg zu versammeln begannen, und Betrieb und Lärm bald jeden in der Festung auf die Beine brachten, wer sollte da dem guten Kanonikus erzählen, daß seine Tochter in der Dunkelheit vor dem Kloster, vor der Ehe und vor der sehr unvollkommenen Liebe und Fürsorge ihres Vaters geflohen war?
    Owain entschied, diese unvermeidliche Aufgabe selbst zu übernehmen. Als das Licht aus dem Osten die äußere Burgmauer erreichte und sich der Hof mit Pferden und Knechten, mit Bewaffneten und Bogenschützen zu füllen begann, ließ er die beiden Kanoniker aus Sankt Asaph an das Torhaus bestellen, wo er mit klugem Blick die Aufstellung und das Aufsitzen seiner Männer verfolgte und ein wachsames Auge auf den Himmel und die Lichtverhältnisse hatte. Es versprach, ein guter Tag zum Reiten zu werden. Niemand war Owain mit den schlechten Nachrichten zuvorgekommen. Soviel war klar, als Meirion mit heiterer und selbstsicherer Miene den Hof überquerte, schon ein höfliches guten Morgen auf den Lippen und bereit, den Fürst angemessen zu segnen, sobald er aufsitzen und abreiten würde. Hinter ihm kam der Kanonikus Morgant, kurzbeiniger und rundlicher als Meirion und weniger unbefangen als dieser, aufgeblasen vor Würde und mit undurchdringlicher Miene.
    Es war nicht Owains Art, viele Worte zu machen. Die Zeit war knapp, und die Aufgaben drängten. Jetzt kam es ihm darauf an, soweit wie möglich einzurenken, was offenkundig schiefgegangen war, und die verlorene Tochter dieses starrsinnigen Stiftsherrn wieder aus der Gefahr zu befreien.
    »Heute nacht hat sich eine neue Lage ergeben«, sagte der Fürst schnell, sobald die beiden Geistlichen näherkamen, »die Euer Ehrwürden nicht gefallen wird und mir nicht gefällt.«
    Cadfael schaute vom Tor aus zu und konnte im Gesicht von Kanonikus Meirion bei dieser Eröffnung noch keine Unruhe erkennen. Ohne Zweifel dachte er, die Ankündigung beziehe sich nur auf die Bedrohung der Wikinger-Flotte und möglicherweise die Flucht von Bledri ap Rhys, denn die beiden Kleriker waren ins Bett gegangen, bevor aus der angeblichen Flucht ein Todesfall geworden war. Daß Bledri fort war, bot Meirion genaugenommen auch Erlösung und Befriedigung, denn Bledri hatte ihn im Verein mit Heledd um seine kirchliche Laufbahn zittern lassen. Mit strengen Blicken hatte Kanonikus Morgant auf jeden unziemlichen Blick und jedes eitel lüsterne Wort gelauert, um alles seinem Bischof zu berichten. Meirion machte den Eindruck, als ob er die schlechten Nachrichten noch nicht erfahren hätte. Ob Bledri nun geflohen oder gestorben war, würde ihn in seiner Zufriedenheit allerdings kaum beeinträchtigen.
    »Mein Lord«, fing er gütig an, »wir sind zugegen gewesen, als die Kunde von der Bedrohung Eurer Küste eingetroffen ist.
    Sicher wird sie sich abwenden lassen, ohne daß jemand ein Leid geschieht...«
    »Darum geht es nicht«, sagte Owain schroff. »Es geht um Euch. Sir, Eure Tochter ist in der Nacht geflohen. Ich bedaure, das sagen zu müssen und den Fall hier ungelöst zurückzulassen, doch es hilft nichts. Ich habe dem Hauptmann meiner Garnison Befehl gegeben, Euch bei der Suche nach ihr jede erdenkliche Hilfe zu leisten. Bleibt hier, so lange Ihr hier bleiben müßt, und verfügt über meine Männer und die Ställe so gut wie möglich. Ich und alle, die mit mir reiten, werden ein wachsames Auge haben und uns auf unserem Weg westwärts nach

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